Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Konkurrent zum Kuessen

Ein Konkurrent zum Kuessen

Titel: Ein Konkurrent zum Kuessen
Autoren: Nicola Marsh
Vom Netzwerk:
machte es ebenso und wartete – auf einen Hinweis, dass seinem Vater andere Menschen möglicherweise doch etwas bedeuteten. Vielleicht auch auf eine Entschuldigung – und zumindest auf eine Erklärung.
    „So, so, der verlorene Sohn kehrt zurück“, spottete Denver.
    Fassungslos schüttelte Jax den Kopf. Mehr hatte sein Vater ihm nach all diesen Jahren nicht zu sagen?
    „Hat ja ganz schön lange gedauert, bis du mal vorbeikommst.“ Denver grinste. „Willst du dich mit deinem alten Herrn gutstellen, weil er bald aus dem Knast kommt?“
    Vor Wut und Verachtung zog sich Jax’ Magen zusammen.
    „Warum?“, fragte er dann. Ein Wort, das für unzählige Fragen stand.
    Warum hatte Denver das Geld gestohlen?
    Warum hatte er seine Frau so ausgenutzt?
    Warum hatte er seine Freunde ausgenommen?
    Warum hatte er seinen Sohn ignoriert, der auch während der Gerichtsverhandlung treu zu ihm gehalten hatte?
    Doch Jax rechnete nicht damit, eine Antwort zu bekommen.
    „Warum was?“, fragte Denver stirnrunzelnd.
    Jax’ Hand verkrampfte sich um den Hörer. Er beugte sich vor, bis er mit der Nase fast die Plexiglasscheibe berührte.
    „Warum hast du dich ausgerechnet von dem einzigen Menschen abgewandt, der die ganze Zeit zu dir gehalten hatte?“ Aus seiner Stimme klang die Bitterkeit, die sich im Laufe der Jahre aufgestaut hatte. „Ich war an deiner Seite, Dad. Aber seit du ins Gefängnis gekommen bist, scheine ich für dich nicht mehr zu existieren. Und ich will wissen, warum. Das zumindest bist du mir schuldig.“
    Er rechnete damit, dass sein Vater einfach aufstehen und gehen würde. Doch stattdessen trat ein resignierter, trauriger Ausdruck in Denvers Augen. Plötzlich fiel Jax auf, wie faltig der Hals seines Vaters geworden war, wie tief die Furchen zwischen Mund und Augen waren. Im Gefängnis schien er nicht viel gelächelt zu haben. Und jetzt sah er ihn mit einer merkwürdigen Mischung aus Zuneigung und Bedauern an – und schwieg.
    Warum war Jax überhaupt hergekommen? Sein Vater hatte sich die ganzen letzten zehn Jahre nicht bei ihm gemeldet und würde ihm sicher auch jetzt seine Fragen nicht beantworten. Doch als er gerade den Hörer hinlegen wollte, begann Denver plötzlich zu reden.
    „Du hattest noch viel vor, und ich wollte dich nicht in deinen Plänen und Möglichkeiten einschränken.“
    Jax, der den Atem angehalten hatte, atmete aus. „So ein Blödsinn. Wenn das wahr wäre und du wirklich so rücksichtsvoll gewesen wärst, warum hast du dann Mum genauso benutzt wie deine Freunde? Nein, ich war dir nicht wichtig. Du hast einfach getan, was du wolltest – ohne Rücksicht auf irgendjemanden.“
    Denver wich seinem Blick nicht aus, was Jax wider Willen beeindruckte.
    „Im Gefängnis hat man viel Zeit, über alles Mögliche nachzudenken.“ Sein Vater rieb sich das Kinn. „Und das habe ich auch getan. Leider kann ich nichts sagen oder tun, um die Vergangenheit rückgängig zu machen. Ich habe vielen Menschen Schlimmes angetan, auch denen, die ich geliebt habe. Das tut mir furchtbar leid, jeden Tag. Und natürlich wünsche ich mir ein anderes Leben.“
    Nach kurzem Schweigen fuhr er fort: „Ich habe in den vergangenen Jahren jeden Tag an dich gedacht und hätte mich gern bei dir gemeldet. Aber das wäre einfach nicht fair gewesen – nicht nach all dem, was du für mich getan hattest.“
    Jax’ Kehle war wie zugeschnürt. Er konnte weder Vorwürfe noch Unglauben ausdrücken.
    „Das erste halbe Jahr war ziemlich schlimm. Und ich bin nicht stolz darauf, dass ich meinem Leben ein Ende setzen wollte, weil es mir nicht mehr lebenswert erschien. Es misslang, so wie mir alles misslungen ist. Dann erzählte mir deine Mutter, dass du die Mine geerbt hast und meine Gefängnisstrafe deine Geschäftschancen in Melbourne erheblich beeinträchtigen würde. Da traf ich eine Entscheidung. Ich beschloss, jegliche Verbindung zu dir zu kappen, deinetwillen. Ich hatte dich schon genug mit hinuntergezogen. Du brauchtest mich nicht, und ich dich auch nicht.“ Denver presste die Lippen zusammen und schüttelte den Kopf.
    „Dad“, begann Jax, doch sein Vater sprach weiter.
    „Auch das war gelogen. Ich habe dich immer gebraucht, mein Sohn. Du bist das einzige Gute in meinem Leben.“
    Mit aller Kraft unterdrückte Jax die aufkeimende Hoffnung. Er wusste zu gut, was für ein Schmeichler sein Vater war. „Und was ist mit Mum?“, fragte er.
    „Ich habe sie gebeten, wegzuziehen und nicht zurückzublicken. Ich habe schon
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher