Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein kleines Stück vom Himmel nur

Ein kleines Stück vom Himmel nur

Titel: Ein kleines Stück vom Himmel nur
Autoren: Amelia Carr
Vom Netzwerk:
riesigen, mit Sträuchern und Büschen bewachsenen Grundstücken verbergen und von den Touristen in ihren Rundfahrtbussen neugierig beäugt werden. Ich glaube auch nicht, dass sie das gewollt hätten. Ich fahre mit meinem Mietwagen in die Auffahrt und gehe ins Haus.
    Â»Grandma – ich bin wieder da!«
    Â»Ich bin hier!« Grandma Nancys Stimme dringt aus dem Wohnzimmer. Sie klingt heiter und energisch, so dass man kaum glauben kann, dass die Frau, der diese Stimme gehört, schon weit in den Achtzigern ist.
    Grandma Nancy ist überhaupt ziemlich erstaunlich für ihr Alter. Sie ist immer noch rüstig, obwohl sie ein bisschen mit Arthritis in Händen und Knien zu kämpfen hat. Immer noch ist sie entschieden auf ihre Selbständigkeit bedacht: Sie hat darauf bestanden zu fliegen, bis sie vierundsiebzig Jahre alt war, und sich erst aus dem Pilotensitz drängen lassen, als sie eine ärztliche Tauglichkeitsuntersuchung nicht bestand, weil ihr Gehör nicht mehr so gut war. Und sie sieht immer noch gut aus – ihre hohen Wangenknochen machen mühelos die unvermeidlichen Falten und Fältchen wett. Ihr schneeweißes, gewelltes Haar erscheint mir so dicht wie eh und je, obwohl sie schwört, dass es ihr büschelweise ausfalle, und sie ist immer noch beneidenswert gut frisiert. Bei meiner Ankunft vor zweieinhalb Wochen hatte ich jedoch den Eindruck, dass sie ein wenig gebrechlicher ist als im letzten Jahr. Ich hätte nicht genau sagen können, wieso, doch es war nicht zu übersehen, und plötzlich hatte ich ein flaues Gefühl im Bauch. Grandma Nancy alterte allmählich. Ja – sie ist alt, nach gängigen Maßstäben jedenfalls. Und das finde ich schwer zu ertragen.
    Jetzt sitzt sie am Tisch. Vor ihr aufgeschlagen liegt ein Buch von der Größe eines Tischkalenders, neben ihrem Ellbogen befinden sich ein Fotoalbum und ein eckiges Lederkästchen. Sie klappt das Buch zu und lächelt mich an mit diesem wunderbaren Lächeln, das ihre Wangen hebt und ihre Augen so saphirblau glitzern lässt wie das Meer zur Mittagszeit.
    Â»Hattest du einen schönen Flug?«
    Â»Ja, ganz toll«, erwidere ich. »Du hättest mich begleiten sollen.«
    Sie legt das Fotoalbum und das lederne Kästchen auf das Buch. Jetzt sehe ich, dass das Buch ein vergilbtes Etikett trägt, das sich an einer Ecke emporwellt.
    Â»Vielleicht komme ich ja noch mal mit, bevor du nach Hause fährst«, sagt sie.
    Â»Hast du denn wirklich Vertrauen in meine Flugkünste?«
    Â»Ich bin schon mit weitaus schlechteren Piloten geflogen.« Sie begegnet meinem Blick mit einer Spur Schalk in den Augen. »Würdest du mich denn auch mal steuern lassen?«
    Ich tue so, als lasse ich mir ihren Vorschlag durch den Kopf gehen. »Ich denke schon. Solange du mir versprichst, einfach geradeaus zu fliegen – ohne eines deiner Flugkunststücke!«
    Â»Ich glaube, dafür bin ich inzwischen ein bisschen zu alt«, sagt Nancy trocken.
    Â»Das hoffe ich. Und du musst mir versprechen, Ritchie nichts davon zu erzählen. Ich glaube kaum, dass er das gutheißen würde.«
    Ein weiteres verschmitztes Zwinkern. »Als ob ich das tun würde. Okay, abgemacht!« Dann wird ihre Miene wieder weich. »Ich bin ja so froh, dass du mir nachschlägst, Sarah. Deine Mutter hatte nie auch nur das geringste Interesse am Fliegen. Du weißt ja, dass sie immer einen weiten Bogen darum gemacht hat. Ich schiebe es immer darauf, dass sie als kleines Kind mal einen furchtbaren Schock erlitten hat. Sie war mit uns am Flugplatz, als eine Cessna beim Start abstürzte – irgend so ein junger Kerl, der angeben wollte, wenn ich mich recht erinnere. Hat die Maschine viel zu stark hochgezogen, schmierte ab und schlug auf wie ein Pfannkuchen. Ellen war völlig hysterisch. Wir dachten, sie wäre viel zu klein, um zu verstehen, was da passiert war, und hätten auch nicht damit gerechnet, dass sie sich später noch daran erinnern würde. Doch leider hat sie das wohl für den Rest ihres Lebens vom Fliegen abgehalten.«
    Â»Sie kann sich nicht daran erinnern«, sage ich. Ich habe die Geschichte schon mal gehört und meine Mutter danach gefragt. »Ich glaube, wenn sie sich erinnern würde, hätte es gar nicht solche nachhaltigen Auswirkungen auf sie. Sie wäre in der Lage, das Ereignis als Erwachsene zu rationalisieren, statt es immer noch wie ein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher