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Ein kleines Stück vom Himmel nur

Ein kleines Stück vom Himmel nur

Titel: Ein kleines Stück vom Himmel nur
Autoren: Amelia Carr
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wir ein paar sehr enge Freundschaften geschlossen«, sagt Grandma Nancy endlich. »Komisch eigentlich – diese Menschen haben einem die ganze Welt bedeutet, und dann … sind sie plötzlich nicht mehr da. Die Mädels haben sich noch regelmäßig wiedergetroffen – das letzte Treffen, von dem ich gehört habe, war in Boston, und Anfang der Achtziger wollten sie auch, dass ich zur Eröffnung des ATA -Museums nach England komme, doch ich bin nicht hingefahren. Zu weit. Zu viele Erinnerungen. Und ich hatte viel zu viel zu tun. Aber jetzt … Es gibt da jemanden, mit dem ich gern wieder Kontakt aufnehmen würde. Ich möchte ihm etwas zurückgeben – vorausgesetzt, er lebt noch. Und falls nicht, sollte seine Familie es bekommen.«
    Ihm . Ich fahre mit dem Finger über den Rand aus Kondenswasser, der sich auf der Tischplatte unter meinem Glas gebildet hat. Das kommt doch ziemlich überraschend für mich. Bisher war ich immer davon ausgegangen, dass Grandma Nancy und Grandpa Joe schon seit Ewigkeiten zusammen waren. Ich weiß genau, dass sie schon vor dem Krieg für ihn gearbeitet hat, und nach dem Krieg waren sie beinahe sechzig Jahre verheiratet.
    Â»Wer ist es denn, Grandma?«
    Plötzlich hat sie einen ganz merkwürdigen Gesichtsausdruck; den Blick in die Ferne gerichtet, lächelt sie vor sich hin. Doch es ist ein wehmütiges Lächeln.
    Sie zieht das Fotoalbum zu sich heran, holt ein Foto heraus und gibt es mir. Es ist ein bisschen grobkörnig und verschwommen, ein wenig ausgeblichen. Doch ich kann darauf unschwer einen jungen, gutaussehenden Mann erkennen. Er ist hochgewachsen und trägt eine Fliegerjacke aus Leder.
    Â»Das ist er. Das ist Mac.«
    Ich betrachte das Foto, und alle möglichen Fragen sprudeln empor wie Kohlensäure in einem Glas Sekt. Doch obwohl ich ziemlich überrascht und neugierig bin, kommt mir nicht einen Augenblick lang in den Sinn, dass ich nicht nur das Foto eines jungen Piloten betrachte, der mal irgendeine Rolle in Grandma Nancys Vergangenheit gespielt hat, sondern dass ich gleichzeitig in das Gesicht eines Mannes blicke, der das Leben unserer ganzen Familie prägte und veränderte. Und der auch heute noch einen Schatten auf uns wirft und uns beeinflusst.

Ritchie
    Heute bin ich ausnahmsweise mal ganz optimistisch. Die Kleine – Jodie Polanski stand auf dem Anmeldeformular – hat bei dem Schnupperflug ihren Spaß gehabt. Dafür habe ich schon gesorgt. Während wir über die Everglades flogen, habe ich sie eine Zeit lang steuern lassen, und als ich selbst gesteuert habe, habe ich ihr ein paar Kunststückchen vorgemacht. Das hat schon gereicht, dass sie vor Vergnügen kreischte wie auf einer Achterbahn in Orlando. Auf dem Rückflug Richtung Varna betrachte ich sie unauffällig von der Seite. Sie ist ganz rosa vor lauter Aufregung, kaut voller Konzentration mit den kleinen perlweißen Zähnen auf der Unterlippe herum und hält das Steuerhorn umklammert, als gelte es ihr Leben. Ich glaube, mein Einsatz hat sich gelohnt; sie wird bestimmt einen ganzen Kurs buchen. Ich überschlage schon mal im Kopf, wie viel Geld uns das einbringen wird. Pi mal Daumen dreißig Flugstunden, bevor sie ihren Schein bekommt – vielleicht noch ein paar mehr, wenn ich die Stundenzahl ein wenig erhöhe, ehe ich sie allein fliegen lasse –, und dann natürlich noch die Miete für das Flugzeug.
    Â»Sie sind ein Naturtalent«, lobe ich sie. »Sie fliegen wie ein Vogel!«
    Sie kichert. »Es ist einfach super. Ganz toll.«
    Â»Und – wollen Sie’s mal probieren? Ein paar Stunden pro Woche, und Sie könnten den Schein noch vor Thanksgiving in der Tasche haben!«
    Sie seufzt tief. »Ich würde ja zu gern. Aber diese Schnupperstunde war ein Geburtstagsgeschenk von meinem Freund. Ich könnte mir das gar nicht leisten. Ich gehe ja noch zur Schule.«
    Ich greife nach dem Trimmrad, dabei streife ich ihren Arm ganz leicht mit meinem.
    Â»Dann überreden Sie ihn doch, dass er Ihnen die Flugstunden bezahlt. Sagen Sie ihm, wie toll es ist, wenn er später mal seine eigene Privatpilotin hat, wenn er ein reicher Businessman ist, der schnell von hier nach da kommen muss.«
    Sie lacht und schüttelt den Kopf. »Das wird er mir kaum abnehmen. Er ist genauso pleite wie ich. Diese halbe Stunde hat schon das ganze Geld aufgebraucht, das er sich zwei
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