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Ein Herzschlag bis zur Ewigkeit

Ein Herzschlag bis zur Ewigkeit

Titel: Ein Herzschlag bis zur Ewigkeit
Autoren: Trevanian
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und ich mache hier die Witze. Jedem nach seinen Bedürfnissen; von jedem nach seinen Fähigkeiten.«
    »Da sehen Sie, wer hier der Kommunist ist«, sagte Moische, um Martin aus der Schußlinie zu holen.
    »Wer sagt denn hier was von Kommunist?« will David wissen.
    »Vergiß es. Hast du die Gläser gefunden?«
    »Was für Gläser? Ach so, die Gläser.«
    Moische stellt einen Teller Sandwiches auf den Tisch, während David drei Wassergläser mit dickem Boden und einen Kaffeebecher ohne Henkel anbringt, den er Pater Martin gibt. Der Wein wird eingeschenkt, und sie trinken auf das Leben.
    David trinkt sein Glas ex und gießt sich noch eins ein. »Sagen Sie mal, Pater, wissen Sie was aroisgeworfene Werter heißt?«
    Pater Martin schüttelt den Kopf.
    »Das ist Jiddisch und heißt, ›wie man einen Priester Pinochle beibringt.‹ Ist schon gut. Ich vergebe Ihnen. Ich weiß schon, warum Sie zu hoch reizen.«
    »Ich glaube nicht, daß ich zu hoch reize …«
    »Warum Sie überreizt haben, war: Sie hatten eine Mariage mit Herzen. Und wer erwartet schon von einem Prieser, daß er weiß, was eine Mariage wert ist! Was?«
    Pater Martin seufzt. David stichelt immer gern ein bißchen gegen das Zölibat.
    »Aber ich!« David fuchtelt großspurig mit seinem Sandwich herum. »Ich weiß, was eine Mariage wert ist. Hannah, meine Frau, war aus der Ukraine. Meck-meck-meck! Als sie geboren war, hat sie sich schon über die Hebamme beschwert, weil die sie auf den Hintern geklatscht hatte. Und sie hat sich das nie mehr abgewöhnt. Es gibt ein altes Sprichwort über die Ukrainerinnen. Es sagt, daß sie niemals sterben. Sie werden immer kleiner und kleiner, vom Wind, der weht ihnen alles weg, bis nur noch eine nörgelnde Stimme am Kamin von ihnen übrigbleibt. Wenn Sie mich fragen, ich weiß, was eine Mariage wert ist. Ich hätte überhaupt nicht gereizt!«
    LaPointe muß lachen. »Das Blatt möcht' ich sehen, das Sie nicht reizen würden.«
    Jetzt lacht auch David. »Kann sein. Kann sein. He, sagen Sie mal, Claude, wie kommt's, daß Sie nie verheiratet waren?«
    Pater Martin wirft voller Unbehagen einen Blick auf LaPointe.
    Als Martin junger Priester auf der Main war, hatte er LaPointes Frau gekannt. Er war ihr Beichtvater, er war bei ihr, als sie starb. Später, nach der Beisetzung, sah er LaPointe auf einmal in der leeren Kirche stehen. Es war bereits nach Mitternacht. Und der massige Mann in der Polizeiuniform stand allein im Mittelschiff. Er schluchzte. Nicht aus Trauer – aus Wut. Gott hatte ihm das einzige, was er liebte, genommen, und das schon nach einem Ehejahr. Gebildetere Männer hätten vielleicht ihren Glauben an Gott verloren, nicht aber LaPointe. Er kam frisch von downriver, und sein Dreistrom-Glaube war dafür zu fest gegründet, zu naturhaft. Gott war für ihn ein greifbares Wesen, der Mann aus Fleisch und Blut am Kreuz. Er glaubte noch immer an Gott. Und er haßte I HN zutiefst! In seiner Qual schrie er in der Kirche: »Du Hundesohn, verdammter Hundesohn!«
    Pater Martin wagte nicht, sich dem jungen Polizisten zu nähern. Ihm schauderte bei dem Gedanken, LaPointe wolle Gott leibhaftig herbeizwingen, um I HM mit den Fäusten ins Gesicht zu schlagen.
    Danach ist LaPointe nie wieder in die Kirche gegangen. Und all die Jahre, die vergingen, hatte ihn der Priester nur im Vorübergehen auf der Main gesehen, bis sie dann zufällig beim Kartenspiel mit David und Moische zusammentrafen. Weil LaPointe seine Frau nie erwähnt hatte, getraute sich das auch der Priester nicht.
    So also war LaPointe damit fertig geworden. Ein einziges gotteslästerliches Wutgeheul, dann Schmerz und Schweigen. Er trauerte nicht um Lucille, weil Trauern hieße, ihren Tod als gegeben hinzunehmen. Dem Begräbnis folgten ein paar wirre und benommene Monate, dann nahm die Arbeit seine Energie und die Main den Mann wieder voll in Anspruch. Gefühlsschorf bildete sich über der Wunde und hinderte sie am Wehtun. Und hinderte sie auch am Heilen.
    »Wie kommt's, daß Sie nie verheiratet waren, Claude?« fragt David. »Haben vielleicht bei all den vielen Naffken auf den Straßen nie 'ne eigene Frau gebraucht. Stimmt's?«
    LaPointe zuckt die Achseln und trinkt seinen Wein aus.
    »Sicher sind bei diesem Sauwetter nicht viele unterwegs«, fährt David fort. »Haben Sie schon mal erlebt, daß der Schnee so lange ausbleibt? Haben Sie je so mieses Wetter erlebt? Jesus Christus! Vergeben Sie mir, Pater, aber ich fluche immer auf katholisch, damit Gott, falls er
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