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Ein Herzschlag bis zur Ewigkeit

Ein Herzschlag bis zur Ewigkeit

Titel: Ein Herzschlag bis zur Ewigkeit
Autoren: Trevanian
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und er weiß, was es wert ist.
    Pater Martin sortiert seine Karten schon zum drittenmal. Die Karos haben eine Art, sich mit dem Herzen zu vermischen. Er pappt das schüttere Haar mit der flachen Hand fest und schaut bekümmert seine Karten an; ein solches Blatt fürchtet er am meisten. Es macht ihm nichts aus, wenn er unmögliche Karten hat, die niemand gut spielen kann, aber am liebsten spielt er ein so starkes Blatt, daß sogar er nichts falsch machen kann. Aber diese mittelprächtigen Karten …! Martin gibt zu, der schlechteste Kartenspieler von Nordamerika zu sein. Falls er das mal vergessen sollte, wird David ihn schon daran erinnern.
    Als er als idealistischer junger Priester auf die Main kam, hängte er sein Herz an seine Kirche, die eingebettet in eine enggedrängte Häuserreihe, wahrhaftig ein Teil der Straße, ein Teil der Menschen war. Heute aber tut ihm seine Kirche leid, und er schämt sich ihrer. Zu beiden Seiten hat der Kahlschlag gewütet. Man hat die Reihenhäuser abgerissen, um der gewerblichen Expansion Raum zu schaffen. Trümmerfelder jetzt zu beiden Seiten. Und die Pläne, die er sich erträumt hatte, sind nie Wirklichkeit geworden; immer wieder kamen andere Menschen, noch ehe er einen Plan vollenden konnte. Heute besteht Pater Martins Herde größtenteils aus alten Portugiesinnen, die zu allen Tageszeiten in die Kirche gehen, gebeugte Frauen in schwarzen Umhängetüchern, die Kerzen anzünden, um länger beten zu können, und die dann mit schmerzenden Beinen das Seitenschiff entlangkriechen und sich dabei mit knorrigen Fingern auf die Enden der Kirchenbänke stützen. Pater Martin versteht nur wenige Worte Portugiesisch. Er kann die Beichte abnehmen, aber Trost zusprechen kann er nicht.
    Als er noch auf dem Priesterseminar war, träumte er kühn von einer wissenschaftlichen Laufbahn, wollte er umwälzende Bücher schreiben, die die Grundsätze des Glaubens auf das Leben von heute anwenden. Mitunter erwachte er mitten in der Nacht, wenn er für ein kniffliges Problem eine einleuchtende Lösung gefunden hatte – eine Lösung, über die er sich am nächsten Morgen ergebnislos das Hirn zermarterte. Obwohl sein Kopf von Ideen nur so überquoll, fehlte ihm das Talent, seine Gedanken klar zu Papier zu bringen. Immer überschwemmten frühere Überlegungen und spätere gedankliche Verästelungen sein Denken und rissen ihn von seiner Hauptthese fort. Und so kam es, daß er auf dem Seminar nicht gerade glänzte und für die heißersehnte Stelle an einem kleinen College, wo er forschen, schreiben und lehren konnte, nicht in Frage kam.
    Doch noch immer machte er sich seine Gedanken über Fragen der Ethik, über die Natur der Sünde und darüber, wie man mit dem Geschenk des Lebens umgeht. Dabei findet er, während er sich durch sein stümperhaftes Spiel mit David gewissermaßen selbst kasteit, in den Gesprächen mit Moische reichlich Ausgleich.
    »Nun macht schon«, sagt David. »Sie sind am Bieten, Claude. Es sei denn, Sie und Moische, ihr laßt gleich die Hosen runter und schmeißt die Karten hin.«
    »Also gut«, sagt LaPointe. »Fuffzehn.«
    »Sechzehn.« Pater Martin sagt es leise, zieht dann die Luft geräuschvoll ein, womit er wohl andeuten will, daß er zwar ein gutes Blatt, aber keine nennenswerte Kombination zu melden habe.
    »A-ha!« stößt David hervor.
    Pater Martin hält den Atem an. David macht Miene, sich auf das Angebot einzulassen und den unentschlossenen Priester zu einem schmerzlich knappen Sieg oder einer vernichtenden Niederlage mitzureißen.
    Moische studiert seine Karten und schätzt mit seinen freundlichen Augen scheinbar gleichgültig den Wert seines Blattes. Er spitzt den Mund und summt einen weich ansteigenden Ton: »O-o-oh! Sagen wir: siebzehn.«
    »Achtzehn!« erwidert David schnell. Pater Martin windet sich.
    LaPointe tippt auf sein geschlossen vor ihm liegendes Blatt, »in Ordnung«, sagt er. »In dem Fall neunzehn.«
    »Passe«, sagt Pater Martin bekümmert.
    »Passe«, sagte Moische und schaut seinen Partner verstohlen an.
    »Gut«, sagt David. »Nun wolln wir mal Nägel mit Köpfen machen. Zweiundzwanzig!«
    LaPointe zuckt die Achseln und paßt.
    »Da seid ihr platt, was, ihr Blödiane«, sagt David. Er sagt Pik als Trumpf an, hat aber nur eine Neun und ein Pinochle zu melden. Vorsichtig und wie entschuldigend legt Pater Martin einen Herzkönig und eine Herzdame auf den Tisch.
    David starrt seinen Partner ungläubig an. »Das ist alles?« fragt er.
    »Weiter haben Sie
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