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0114 - Mädchen, Gangster, blaue Küste

0114 - Mädchen, Gangster, blaue Küste

Titel: 0114 - Mädchen, Gangster, blaue Küste
Autoren: Delfried Kaufmann
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»Fahren Sie«, hatte Mr. High, unser Chef, gesagt, »und sehen Sie sich ein Stück vom alten Europa an.« Mit diesen Worten hatte er uns die offizielle Mitteilung der Zentrale in Washington überreicht, derzufolge einige FBI-Agents zur Teilnahme an der Tagung Interpol nach Frankreich zu reisen hatten.
    Es war natürlich pure Freundlichkeit vom Chef, uns auf die Liste der Abgeordneten der Vereinigten Staaten zu setzen. Wenn irgendwer zur Teilnahme an solchen Konferenzen nicht taugt, dann sind es Phil und ich. Ich habe noch nie in meinem Leben eine lange Rede gehalten, außer einer gelegentlichen Ansprache an gestellte Gangster, und auch dann war meine Rede selten sehr lang. Phil ist ja von Haus aus ein gebildeter Mensch, aber manchmal habe ich den Eindruck, er habe seine Bildung noch radikaler vergessen als ich, der ich nie etwas anderes als die Dorfschule in Connecticut besucht habe.
    Aber warum sollten wir Mr. Highs Angebot ablehnen? Lehnen Sie ab, wenn Ihr Chef Ihnen einen bezahlten Urlaub anbietet? Wir griffen mit beiden Händen zu, und wir brauchten uns keine Sorgen zu machen, dass das FBI durch uns unwürdig vertreten sei, denn wir waren nur zwei von einer Abordnung, zu der immerhin zehn Männer gehörten, und die anderen Distrikte, Detroit, San Francisco, Chicago und vor allen Dingen Washington, hatten ihre feinsten Burschen geschickt.
    Die Franzosen sind nette Leute. Ich habe mal für Interpol in Paris gearbeitet, und damals waren sie schon ungeheuer liebenswürdig, aber jetzt übertrafen sie sich als Gastgeber dieser Konferenz selbst. Sie kamen gar nicht auf den Gedanken, uns in diesem glühenden Europasommer im Asphalt einer ihrer Städte gar zu schmoren. Nein, sie luden uns an die Cöte d’Azur nach Nizza ein.
    Wir sammelten uns in New York und zischten mit einer Viermotorigen über den Atlantik. Es war eine Chartermaschine.
    ***
    Über Gibraltar sagte Phil: »Das ist ’ne Gegend, Jungens! Auf eine Meile Strand gibt es da mehr hübsche Mädchen als im ganzen Hollywood.«
    »Und was sie dort als Badeanzug tragen, zeigen Sie bei uns als Strip-tease-Show bei abgedunkelten Lichtern«, antwortete Larry Bern aus San Francisco grinsend.
    Vorn reckte Frederic Colleg seine majestätische Gestalt.
    »Ich möchte auf eines aufmerksam machen, Gentlemen«, sagte er. »Sie fahren nicht zum Vergnügen, sondern zu einem Erfahrungsaustausch. Sie sollen lernen.«
    »Erfahrungsaustausch ist ganz richtig«, brummelte Bern.
    »Außerdem vertreten Sie eine der erfolgreichsten Polizeiorganisationen der Welt. Es wird erwartet, daß Sie sie würdig vertreten.«
    Colleg gehörte zum Innendienst der Zentrale in Washington. Welche Organisation der Welt kommt ohne Federfuchser aus? Colleg war gut, wenn es darum ging, sich mit der Regierung um das Budget des FBI zu raufen, aber der Umgang mit Senatoren, Staatssekretären und Abgeordneten hatte ihn verdorben. Seine Seele trug auch alltags einen schwarzen Anzug.
    Zwei Stunden später setzte die Maschine auf dem Flughafen von Nizza auf. Draußen stand ein Musikkorps der französischen Polizei und spielte, den »Yankee Doodle«. Colleg stand auf dem Laufpier, hielt den Hut über dem Herzen und machte ein steinernes Gesicht. Hinter mir fluchte Tony Olden leise, weil er einen mörderischen Durst hatte, und der Stewardeß war schon über den Azoren der Whisky ausgegangen. Olden konnte es nicht erwarten, endlich zu einem Drink zu kommen.
    Er mußte aber noch warten wie wir alle. Irgendein Gentleman hielt eine Rede. Dann hielt Colleg eine Rede. Dann hielt noch ein Gentleman eine Rede, die besonders lange dauerte. Schließlich mußten wir alle eine Unmenge Hände schütteln. Dann blitzten uns ein paar Reporter ziemlich nachlässig und stellten ein paar schnoddrige Fragen.
    Mich fragte ein Bursche in leidlichem Englisch: »Hallo, G-man, wieviel Gangster haben Sie schon gekillt?«
    Ich war etwas überrascht, weil ich mir Frederic Collegs Rede zu Herzen genommen hatte, und antwortete ihm: »Es ist nicht unsere Aufgabe, Gangster zu killen, sondern sie dem Gericht und der Gerechtigkeit zu übergeben.«
    Er grinste. »Uninteressant! Mit solchen Sätzen locke ich keinen Leser hinter dem Ofen hervor.«
    »Sind sie so blutdürstig?« fragte ich. »Hören Sie, Freund«, lachte er. »Hier kommt jeden dritten Tag ’ne Filmschauspielerin an, die sich nicht für vollwertig hält, wenn sie nicht mindestens vier Männer gekillt hat.« Er fand seinen Witz großartig und ging lachend davon.
    »Die Leute sind
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