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Ein Hauch Von Sterblichkeit

Ein Hauch Von Sterblichkeit

Titel: Ein Hauch Von Sterblichkeit
Autoren: Granger Ann
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tappte er ins Haus davon, in den Blicken von außen verborgene Bereiche. Es dauerte ein paar Minuten, während derer Libby von einem Fuß auf den anderen trat und sich der Tatsache bewusst wurde, dass ihre von der Post gestellte Dienstjacke wohl doch nicht so warm war, wie sie immer geglaubt hatte. Sie konnte durch den engen Flur des Cottages bis in die Küche am Ende des Ganges sehen. Sie entdeckte einen antiken Ofen und darauf eine heiße Pfanne. Eine riesige Pfanne, viel zu groß für eine normale Mahlzeit. Die Hexe, die Hexe … Ein eigenartiger Geruch nach Kleie und Gemüse, der durch die Tür zur ihr hinausdrang, stieg ihr in die Nase.
    »Die Ziegen!«, murmelte sie.
    »Er kocht irgendeinen Brei für die Ziegen! Reiß dich zusammen, Lib! Du siehst überall Gespenster!«
    »So, da wären wir.« Mr. Bodicote kehrte zurück und setzte seine Brille auf. Das Schildpattgestell war mit hautfarbenem Heftpflaster repariert. Er studierte das Blatt auf dem Klemmbrett und unterschrieb dann sorgfältig. Seine Handschrift war überraschend deutlich. Er hatte Schreiben gelernt, als Kinder noch
    »Schlaufen« üben mussten. Das Alter hatte die Schrift ein wenig zittrig werden lassen, doch die Buchstaben besaßen noch heute einen wunderschönen Schwung.
    »Sie müssen entschuldigen, meine Liebe«, sagte er schließlich, »dass ich meine Tür im hellen Tageslicht derart verbarrikadiere. Ich hätte nie geglaubt, dass es eines Tages nötig werden würde, aber ich habe Feinde.« Mr. Bodicote gab derartige, höchst unwahrscheinliche Behauptungen von sich, seit Libby ihn kannte.
    »Ich habe die Ziegen gehört, als ich den Weg entlanggekommen bin«, sagte sie, ohne auf die exzentrische Bemerkung einzugehen. Sie tauschte das Päckchen gegen ihr Klemmbrett.
    »Ziemlich kalt für die Tiere heute Morgen und hier draußen.« Er war schockiert.
    »Aber sie sind nicht draußen! Nicht heute!« Er riss ihr das Päckchen fast aus der Hand.
    »Außer dem alten Jasper, heißt das. Er tritt doch tatsächlich gegen die Tür, wenn ich ihn nicht morgens als Allererstes nach draußen lasse. Ich musste die Tür seines Stalls mit einem Riegel sichern. Eine normale Türklinke kriegt er ohne Probleme auf, der alte Jasper. Ich hab die Ziegen noch nicht rausgelassen, wo denken Sie hin! Sie vertragen das kalte Wetter nicht. Man muss sich um sie kümmern, das muss man sich, wenn man Milch von ihnen haben will. Ich behalte die Tiere drinnen und sorge dafür, dass sie reichlich zu fressen kriegen. Nur der alte Bock schreit Zeter und Mordio, wenn ich ihn nicht raus auf die Koppel lasse, ganz gleich, ob es regnet oder schneit.« Er beugte sich vor.
    »Ich muss gut auf sie aufpassen. Man hat versucht, sie zu vergiften, verstehen Sie?«
    »Was denn, tatsächlich?«, rief Libby aus, obwohl sie wusste, dass sie sich lieber nicht in ein Gespräch verwickeln lassen sollte. Sie hatte noch ihre ganze Runde vor sich, mehrere Dörfer. Und wenn die Ziegen krank gewesen waren, lag es wohl eher daran, dass sie Lorbeer oder sonst irgendetwas Unverträgliches gefressen hatten. Glücklicherweise hatte Mr. Bodicote Ablenkung. Er schielte auf die Adresse des Absenders.
    »Es ist von Maureen«, wiederholte er.
    »Und sie schickt ihre Pakete immer mit Empfangsbestätigung, um sicherzugehen, dass ich sie auch bekomme!« Mit diesen Worten schlug er Libby die Tür vor der Nase zu. Sie hörte die Sicherheitskette rasseln. Libby kehrte zur Straße zurück und folgte automatisch den Spuren, die sie auf dem Hinweg im gefrorenen Boden hinterlassen hatte. Der arme alte Bursche wurde von Mal zu Mal eigenartiger. Es war wirklich schade um ihn. Wieder knirschte es bei jedem ihrer Schritte, während sie zum zweiten Cottage hinübermarschierte und, noch im Gehen und mit einem prüfenden Blick auf die Adressen der Umschläge, das elastische Band von dem Briefbündel zog. Es war nicht zu übersehen, dass hier ein anderer Lebensstil herrschte. Eine angrenzende Scheune war in eine Doppelgarage umgebaut worden. Außerdem hatte das Cottage selbst an der einen Seite einen Anbau erhalten: modern, einstöckig, mit Flachdach und die Symmetrie des alten Gebäudes störend. Die Arbeiter hatten einen Haufen Schutt, Holzbretter und anderen Abfall zurückgelassen, der hinter der Scheunengarage lagerte, in einer der von der Gartenhecke eingesäumten Ecken. Der Schutthaufen war von einer weißen Frostschicht überzogen, wie alles andere auch. Libby musterte ihn missbilligend. Sie dachte daran, wie ungepflegt das
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