Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Hauch Von Sterblichkeit

Ein Hauch Von Sterblichkeit

Titel: Ein Hauch Von Sterblichkeit
Autoren: Granger Ann
Vom Netzwerk:
normalerweise, ohne die Decke aus Reif, wirken würde, und fragte sich, ob es bis zum Frühling wohl so bliebe. Sie läutete an der Tür.
    Im Innern des Cottages verschloss Sally Caswell eine Thermoskanne mit heißem Kaffee. Sie blickte aus dem Fenster und registrierte, dass der alte Bodicote eine von seinen Ziegen aus dem Stall gelassen hatte, den großen braun-weißen Bock mit den krummen Hörnern. Trotz wiederholter Bitten an den Alten, das Tier an die Leine zu legen, streunte es auf seiner Koppel frei umher. Sally hoffte, dass es sich nicht wieder durch die Hecke fraß und einen Weg in ihren Garten fand. Nicht noch einmal. Liam würde durchdrehen, wenn das noch einmal passieren würde. Er hatte bereits gedroht, die Angelegenheit dem Anwalt zu übergeben, und sie hielt ihn ohne weiteres für dazu im Stande.
    Erst vor zwei Tagen war der Ziegenbock durch die Hecke gekommen, indem er an einer der geflickten Stellen ein Wellblechpaneel gelockert hatte. Von dort aus war er geradewegs zu dem neuen Anbau gewandert, wo Liam sein Arbeitszimmer hatte, und hatte neugierig durch das Fenster gespäht. Liam hatte von seinem Bildschirm aufgeblickt und nur wenige Zentimeter entfernt ein bärtiges, gehörntes, böses Gesicht gesehen, das ihn aus geschlitzten, milchig blauen Augen beobachtete.

    »Jeder wäre zu Tode erschrocken, wirklich!«, hatte er hinterher bekräftigt. Schließlich hatte er, als er sich so unvermittelt dem Ziegenbock gegenübergesehen hatte, geschrien wie jemand, der von einem Dämonen besessen ist. Er war sogar zu dem Schutthaufen hinter der Garage gerannt, hatte einen großen Stein aufgehoben und ihn nach der vermeintlichen Bestie geschleudert.
    Unglücklicherweise hatte Mr. Bodicote das Geschehen beobachtet, und eine sehr hässliche Szene hatte sich angeschlossen. Am Ende des Wortwechsels hatte Liam seinem älteren Nachbarn schließlich mit dem Gesetz gedroht.
    Ohne das geringste Anzeichen von Einsicht und ungebeugt hatte Mr. Bodicote lediglich zur Antwort gegeben, dass Stadtleute wie Liam auf dem Land einfach nichts zu suchen hätten und dass er sich gefälligst nach London zurückscheren solle.
    Wie dankbar ich für eine Gelegenheit wäre! , dachte Sally ein wenig säuerlich. Nach London oder auch nur in die Nähe von London zurückzukehren, stand nicht länger zur Debatte, nicht mehr, seit sie ihr kleines Reihenhaus in Fulham verkauft hatten und erst recht nicht mehr, seit Tante Emilys verwinkelte Pseudo-TudorVilla in Englefield Green verkauft war. Sally hatte die Villa nach Tante Emilys Tod vor achtzehn Monaten geerbt, und inzwischen tat es ihr Leid, dass sie das Haus verkauft hatten. Doch Liam hatte es unbedingt loswerden wollen. Sie hatten ein faires Angebot erhalten, und nach Liams Worten wäre sie als die Erbin dumm gewesen, dieses Angebot abzulehnen. Die Villa war renovierungsbedürftig gewesen und hätte dringend modernisiert werden müssen. Der gegenwärtige Immobilienmarkt sah schlecht aus, so dass sie möglicherweise so bald kein Angebot mehr erhalten hätten. Sicher, es war schön gewesen, das Geld zu bekommen, doch Sally war in diesem Haus aufgewachsen. Es war ein Ort gewesen, an dem sie sich sicher gefühlt hatte, geliebt und glücklich. Heute war sie überzeugt davon, dass Liam sie zu sehr zum Verkauf gedrängt hatte. Doch es war vorbei und erledigt, und es hatte keinen Sinn, deswegen den Kopf hängen zu lassen. Sie nahm die Thermoskanne und machte sich auf den Weg zu Liams Arbeitszimmer, als die Türglocke ging.
    »Guten Morgen, Mrs. Caswell!«, grüßte Libby und reichte ihr die beiden Briefe und den gefütterten Umschlag.
    »Es sieht aus, als sei das hier überfrankiert. Irgendjemand scheint das Gewicht geschätzt zu haben, anstatt damit zum Postamt zu gehen und es wiegen zu lassen. Es ist immer besser, zur Post zu gehen und die Sachen wiegen zu lassen. Man kann eine Menge Geld damit sparen.« Sally nahm Umschlag und Briefe entgegen. Sie erkannte die Handschrift nicht. Auch sie hatte schon hin und wieder Sendungen in einen Briefkasten gestopft, auf denen zu viel Porto klebte, um auf der sicheren Seite zu sein, wenn sie keine Möglichkeit gehabt hatte, zum nächsten Postamt zu kommen; das war nämlich in Cherton.
    »Sie haben heute Morgen nicht zufällig Mr. Bodicote gesehen, oder?«, fragte sie Libby. Als diese nickte, fügte Sally nervös hinzu:
    »Wie war seine Stimmung denn so?«
    »Ganz gut!«, antwortete Libby.
    »Er war recht fröhlich. Nicht schlimmer als sonst jedenfalls.« Sally
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher