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Der Anfang aller Dinge: Roman (German Edition)

Der Anfang aller Dinge: Roman (German Edition)

Titel: Der Anfang aller Dinge: Roman (German Edition)
Autoren: Nora Roberts
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1.
    »Der Pressesprecher des Weißen Hauses hat den bevorstehenden Rücktritt von Minister George Larkin bestätigt. Minister Larkin hatte sich vergangene Woche einer schweren Herzoperation unterziehen müssen, von der er sich derzeit im Bethesda Naval Hospital erholt. Als Grund für sein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Amt werden gesundheitliche Probleme angeführt. Stan Richardson berichtet für Sie vor Ort aus Bethesda Naval.«
    Liv wartete, bis die Kameras umgeschaltet hatten, dann wandte sie sich an ihren Co-Moderator. »Brian, das könnte die größte Story seit dem Mallory-Skandal im Oktober werden. Für Larkin stehen mindestens fünf potenzielle Nachfolger auf dem Plan. Das bedeutet, Start frei für das große Tauziehen.«
    Brian Jones ging seine Notizen und den Zeitablauf durch. Er war ein fünfunddreißigjähriger Schwarzer mit einem Faible für teure Anzüge und mit zehn Jahren Erfahrung als Fernseh-Nachrichtensprecher. Obgleich in Queens aufgewachsen, betrachtete er sich als Washingtoner. »Und nichts liebst du mehr als diese Art von Wettstreit.«
    »Nichts«, bestätigte Liv und drehte sich wieder zur Kamera, als das Zeichen von der Regie kam.
    »Der Präsident hat sich zu Fragen der Nachfolge von Minister Larkin noch nicht geäußert. Von offizieller Seite her werden Beaumont Dell, der frühere Botschafter in Frankreich, und General Robert J. Fitzhugh als die aussichtsreichsten Kandidaten für dieses Amt benannt. Doch bisher war noch keiner der beiden zu einer Stellungnahme bereit.«
    »In Northeast Washington wurde heute Nachmittag ein fünfundzwanzigjähriger Mann ermordet in seiner Wohnung aufgefunden«, begann Brian Jones seinen Part der gemeinsamen Moderation.
    Liv hörte nur mit halbem Ohr zu, während sie im Geiste die verschiedenen Möglichkeiten durchging. Sie setzte auf Beaumont Dell. Sein Büro hatte sie am Nachmittag mit den üblichen ausweichenden Kommentaren abgespeist, doch Liv war entschlossen, am nächsten Morgen bei ihm auf der Matte zu stehen. Als Reporterin war sie an die diversen Hinhaltetaktiken gewöhnt, an stundenlanges Warten und auch daran, dass man ihr die Tür vor der Nase zuschlug. Nichts, aber auch gar nichts, sagte sie sich, würde sie davon abhalten, Dell zu interviewen.
    Auf ihr nächstes Stichwort hin wandte sie sich zu Kamera drei und begann ihre Einführung. Zu Hause sahen die Zuschauer Kopf und Schultern einer eleganten Frau, die mit angenehm ruhiger Stimme und ohne Hast zu ihnen sprach. Sie würden nie auf die Idee kommen, dass jede der 85 Sekunden ihrer Sprechzeit vorher aufs Sorgfältigste getimt und redigiert worden war. Was sie sahen, waren Aufrichtigkeit und Schönheit. Im Nachrichtengeschäft war das eine oft genauso wichtig wie das andere. Livs hellbraunes Haar war kurz geschnitten und vorteilhaft um ihr fein gezeichnetes Gesicht frisiert. Die eisblauen Augen blickten ernsthaft und direkt in die Kamera und vermittelten dem Zuschauer zu Hause das Gefühl, persönlich angesprochen zu werden.
    Ihr Fernsehpublikum stufte sie als kultiviert, ein wenig zurückhaltend und akkurat ein. Liv war mit den Sympathien, die ihr als Co-Moderatorin entgegengebracht wurden, zufrieden. Als Reporterin jedoch wollte sie mehr erreichen, viel mehr.
    Ein Kollege hatte sie einmal als Frau mit diesem gewissen ›Tochter-aus-gutem-Hause-Flair‹ beschrieben. Liv stammte tatsächlich aus einer gut situierten, alteingesessenen New-England-Familie und hatte ihr Examen im Fach Journalismus in Harvard abgelegt. Trotzdem hatte sie sich mühsam bis zur Nachrichtensprecherin hocharbeiten müssen.
    Begonnen hatte sie ihre Karriere in der niedrigsten Gehaltsgruppe bei einem kleinen, unabhängigen Fernsehsender in New Jersey, wo sie den Wetterbericht las und ein paar Verbrauchersendungen moderierte. Anschließend hatte sie das übliche Hüpfspiel von Sender zu Sender und von einer Stadt
zur anderen absolviert – ein bisschen mehr Geld, ein bisschen mehr Sendezeit. Dabei landete sie bei einer CNN-Tochter in Austin, wo sie sich innerhalb von zwei Jahren zur Nachrichtenmoderatorin hochdiente. Als man ihr den Posten einer Co-Moderatorin bei WWBW, der CNN-Tochter in Washington, D.C., anbot, hatte Liv zugegriffen. In Austin hielt sie nichts, und das sollte die nächsten Jahre auch an anderen Orten so bleiben.
    Sie hatte sich zum Ziel gesetzt, sich im Fernsehjournalismus einen Namen zu machen. Und Washington, entschied sie, war dafür genau der richtige Ort. Sie scheute sich nicht vor schmutziger
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