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Ein Ganz Besonderer Fall

Ein Ganz Besonderer Fall

Titel: Ein Ganz Besonderer Fall
Autoren: Ellis Peters
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er herrscht. Er wird Euch Erfrischung und Ruhe verschaffen und damit Eure dringendsten Bedürfnisse stillen. Zur Vesperandacht sollt Ihr uns dann Gesellschaft leisten.«
    Die Kunde von den Ankömmlingen aus dem Süden rief Hugh Beringar in Windeseile aus der Stadt herbei. Er beriet sich zuerst mit dem Abt und dann mit Bruder Humilis, der freimütig wiederholte, was er schon einmal berichtet hatte. Als Hugh alles erfahren hatte, was zu erfahren war, suchte er Cadfael auf, der im Kräutergarten seine Pflanzen wässerte. Bis zur Vesper, der Zeit, da das Tagewerk getan sein sollte, blieb noch eine Stunde Zeit, und so konnte sich selbst ein Gärtner entspannen und eine Weile im Schatten sitzen. Cadfael stellte seine Gießkanne fort und überließ die offenen, sonnenbeschienenen Beete bis zur Abendkühle sich selbst, um sich an der hohen Südmauer neben seinem Freund auf die Bank zu setzen.
    »Nun, Ihr habt wenigstens Raum zum Atmen«, begann er.
    »Solange sie sich im Süden an die Kehlen gehen, greifen sie nicht nach der Euren. Doch eine Schande ist es, daß Städter und Mönche und die armen Nonnen darunter leiden müssen.
    Aber so geht es in dieser Welt. Inzwischen müßte die Königin mit ihren Flamen in der Stadt sein, oder zumindest in der Nähe.
    Was wird nun werden? Mag sein, daß sich die Belagerer plötzlich selbst belagert sehen.«
    »Es wäre nicht das erste Mal«, entgegnete Hugh. »Und der Bischof war früh genug gewarnt, um beizeiten seine Vorratskammern zu füllen. Sie dagegen mag glauben, sie könne sich jederzeit Vorräte verschaffen. Wenn ich der General der Königin wäre, würde ich mir die Zeit nehmen, zuerst alle Straßen nach Winchester abzusperren und dafür zu sorgen, daß keine Nahrungsmittel mehr hineinkommen. Nun, wir werden sehen. Wie ich hörte, wart Ihr der erste, der mit den beiden Brüdern aus Hyde sprach.«
    »Sie haben mich in der Vorstadt eingeholt. Was haltet Ihr von ihnen, da Ihr nun mit ihnen gesprochen habt?«
    »Was soll ich auf den ersten Blick von ihnen halten? Ein Kranker und ein Stummer. Wichtiger ist doch, was Eure Brüder von ihnen halten.« Hugh hatte ein gutes Auge für die Mimik seines alten Freundes. Dessen Gesicht schien in der Spätnachmittagssonne schläfrig und leer und undurchdringlich, doch für Hugh war es nie völlig verschlossen. »Der Ältere ist sicher von adliger Abstammung. Außerdem ist er krank. Ich denke, er hat im Krieg gedient, denn ich sah alte Wunden. Habt Ihr bemerkt, daß er ein wenig schief geht und seine linke Seite schont? Eine Verletzung, die nicht ganz abgeheilt ist. Und der Junge… wie ich es sehe, ist er unter den Bann des anderen geraten, den er verehrt. Ein Glück für beide! Er hat einen mächtigen Beschützer, und der Herr hat einen hingebungsvollen Pfleger. Nun?« sagte Hugh und forderte mit einem zuversichtlichen Lächeln Cadfaels Urteil heraus.
    »Ihr habt noch nicht herausgefunden, wer unser neuer älterer Bruder ist? Dann haben sie Euch vielleicht doch nicht alles erzählt«, räumte Cadfael freundlich ein. »Auch wir erfuhren es eher durch Zufall. Er hat im Krieg gedient, jawohl, und er schwor dem Waffenhandwerk ab. Ihr hättet nicht besser raten können. Ich schätze, daß der Mann über fünfundvierzig ist, und er hat sichtbare Narben. Weiter hat er gesagt, daß er hier auf Salton geboren ist, das damals ein Gut seines Vaters war. Und er hat eine Narbe auf dem Kopf, die zum Teil durch die Tonsur entblößt wird. Die Narbe wurde schon vor einigen Jahren von einem Seldschukenschwert geschlagen. Ein Kratzer nur, der schnell geheilt ist, doch hinterließ er seine Spur. Salton gehörte früher dem Bischof von Chester, der es schon vor vielen Jahren an eine adlige Familie, an die Marescots übergab. Ein Pächter führt das Gut für sie.« Er schlug ein gleichmütiges braunes Auge auf und lugte unter den herbstbraunen Brauen hervor.
    »Bruder Humilis ist ein Marescot. Ich weiß nur von einem Marescot im Alter dieses Mannes, der auf den Kreuzzug ging.
    Es muß vor sechzehn oder siebzehn Jahren gewesen sein. Ich war damals noch nicht lange Mönch, ein Teil von mir sehnte sich noch nach den alten Zeiten, und ich hielt immer ein Auge auf all jene gerichtet, die das Kreuz auf sich nahmen. Sie waren unbehauen und begierig wie ich, und wie ich gingen sie einem schweren Fall entgegen, doch reinen Herzens gingen sie. Es gab damals einen gewissen Godfrid Marescot, der drei Dutzend Männer von seinem eigenen Land mitnahm. Er kam durch seinen Mut
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