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Ein Ganz Besonderer Fall

Ein Ganz Besonderer Fall

Titel: Ein Ganz Besonderer Fall
Autoren: Ellis Peters
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dem Essen in Cadfaels Hütte im Kräutergarten: Schwester Magdalena, Hugh Beringar und Cadfael selbst. Alles war vorbei, die Neugierigen waren heimgekehrt, die Ordensbrüder wußten nichts weiter, als daß sie zwei aus ihrer Mitte verloren hatten, die ohnehin nur kurze Zeit bei ihnen gewesen waren und sich sehr zurückgehalten hatten. Man würde sie bald vergessen und nur noch in Gebeten ihre Namen sprechen, während ihre Gesichter aus den Erinnerungen schwanden.
    »Wir müssen immer noch mit unbequemen Fragen rechnen«, räumte Cadfael ein, »falls jemand sich die Mühe macht, tiefer zu schürfen; aber das wird wohl niemand tun. Der Orden kann aufatmen. Es wird keinen Skandal geben, kein schlechtes Licht wird auf Hyde oder Shrewsbury fallen. Kein Kirchenfürst wird im Schlamm wühlen, kein Minnesänger wird schmutzige Reime über Mönche und ihre Frauen dichten und sie auf den Märkten vortragen, kein Bischof droht mit einem Kontrollbesuch, kein bissiger weißer Mönch wird sich über die Laxheit und Wollust der Benediktiner auslassen… und kein Makel hängt am Namen dieses armen Mädchens und nimmt ihr jede Zukunftsaussicht.
    Gott sei Dank!« schloß er inbrünstig.
    Er hatte einen seiner besten Weine gespendet, denn sie waren überzeugt, daß sie ihn brauchten und ihn sich verdient hatten.
    »Adam war die ganze Zeit eingeweiht«, sagte Hugh. »Er besorgte ihr die Kleider, damit sie sich in einen jungen Mann verwandeln konnte. Er schnitt ihr die Haare und verkaufte die paar Dinge, die sie ihr eigen nannte, um für ihre Unterkunft zu bezahlen, bis sie in Hyde eintraf. Als er sagte, daß sie tot sei, sprach er aus verbittertem Herzen, denn sie war aus eigener Entscheidung wirklich für die Welt gestorben. Und als ich ihn aus Brigge herbrachte, brannte er darauf, etwas von ihr zu hören, denn er hatte sie nach dem Feuer in Hyde verloren geglaubt. Doch als ich ihm erzählte, daß Godfrid in Begleitung eines zweiten Bruders aus Hyde gekommen sei, beruhigte er sich, denn er wußte, wer der zweite sein mußte. Er wäre lieber in den Tod gegangen, als sie zu verraten. Er wußte so gut wie wir, zu welch häßlichen Dingen die Menschen fähig sind.«
    »Und sie, so hoffe und glaube ich«, sagte Cadfael, »weiß nun um die Treue und Hingabe, zu der wenigstens ein Mann fähig war. Sie sollte dies als Spiegelbild ihrer selbst betrachten. Nein, es war keine andere Lösung möglich, als Bruder Fidelis sterben und spurlos verschwinden zu lassen, bevor Julian ins Leben zurückkehren konnte. Aber ich hätte nie geglaubt, daß sich die Gelegenheit auf diese Weise ergeben würde…«
    »Ihr habt sie sofort ergriffen«, warf Hugh ein.
    »Jetzt oder nie, sagte ich mir. Es hätte auch anders gehen können. Madog hätte geschwiegen, aber nach Humilis’ Tod war ihr alles einerlei.« Er hatte sie in den Armen gehalten, als sie selbst halb tot war, auf jenem Ritt zu Godric’s Ford, um sie Schwester Magdalenas Obhut zu übergeben. Die rostbraune Tonsur hatte naß und wirr an seiner Schulter geklebt, das bleiche, schmutzige Gesicht war zu Eis erstarrt, die grauen Augen weit geöffnet und dennoch blind. »Mehr konnten wir nicht tun, um ihn aus ihren Armen zu befreien. Ohne Aline wären wir gescheitert. Ich fürchtete schon, wir könnten das Mädchen verlieren wie den Mann. Aber Schwester Magdalena ist eine kundige Ärztin.«
    »Der Brief, den ich für sie schrieb«, sagte Schwester Magdalena im kritischen, aber zufriedenen Rückblick, »war der schwierigste, den ich je zu schreiben hatte. Und von Anfang bis zum Ende keine einzige Lüge! Alles war die Wahrheit. Eine kleine, verzeihliche Täuschung, aber keine Lügen. Das war mir wichtig. Wißt Ihr, warum sie sich entschloß, stumm zu sein?
    Nun, natürlich wegen ihrer Stimme, der Stimme einer Frau. Das Gesicht - es ist ein gutes Gesicht, klar und stark und fein, das ebenso einem Jungen wie einem Mädchen gehören konnte; aber nicht die Stimme. Und darüber hinaus«, fuhr Schwester Magdalena fort, »hatte sie noch zwei weitere Gründe, stumm zu sein. Zuerst hatte sie beschlossen, ihn niemals um etwas zu bitten, ihn nie wie eine Frau zu bitten, denn sie glaubte, daß er ihr nichts schuldig sei, kein Privileg, keine Gunst. Was sie von ihm bekommen wollte, mußte sie sich verdienen. Und zweitens war sie entschlossen, ihn nie anzulügen. Wer nicht sprechen kann, der kann auch nicht bitten oder schmeicheln und auch nicht lügen.«
    »So schenkte er ihr nichts und sie ihm alles«, sagte Hugh. Er
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