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Ein Ganz Besonderer Fall

Ein Ganz Besonderer Fall

Titel: Ein Ganz Besonderer Fall
Autoren: Ellis Peters
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bei den Bedürftigen praktisch anzuwenden. Oswin war ein stämmiger, gutgewachsener Bursche, der vor Begeisterung glühte. Früher hatte er mit zerbrochenen Gläsern, unrettbar verbrannten Töpfen und peinlichen Verwechslungen beim Kräutersammeln beträchtlichen Schaden angerichtet. Diese Zeiten waren vorbei.
    Er konnte ein Segen für das Hospiz werden, wenn er einen Vorgesetzten mit kühlem Kopf bekam, der ab und zu seinen Übereifer dämpfte. Die Abtei hatte das Recht, den Leiter des Hospizes zu ernennen, und der Laienbruder, der dort eingesetzt war, würde einen gesunden Ausgleich für Bruder Oswins überschäumende Energie schaffen.
    »Euer Jahrmarkt ist ganz gut verlaufen«, sagte Hugh.
    »Besser, als ich erwartet hatte, nachdem der halbe Süden des Landes durch die Kämpfe in Winchester abgeschnitten ist.
    Sie sind sogar aus Flandern hergekommen«, sagte Cadfael zufrieden. Der Osten Englands war alles andere als friedlich, doch die Wollhändler waren ein furchtloser Menschenschlag, der sich durch etwas Blutvergießen und Gefahr nicht um einen guten Profit bringen ließ.
    »Die Schafschur war recht ergiebig.« Hugh, der auf seinem Gut in Maesbury im Norden einige Herden hatte, kannte die Qualität der diesjährigen Wolle. Im ganzen Grenzland waren auch Käufer aus Wales gekommen. Viele Menschen in Shrewsbury waren durch Verwandtschaft, Sympathie und ein Interesse am beiderseitigen Gewinn mit den Walisern in Powys und Gwynedd verbunden, auch wenn gelegentliche Ausbrüche von Feindseligkeit den behüteten Frieden störten. In diesem Sommer hatte der Frieden mit Gwynedd unter der starken Hand Owain Gwynedds gehalten, denn beide Seiten hatten großes Interesse daran, den ehrgeizigen Grafen Ranulf von Chester im Zaum zu halten. Powys war weniger berechenbar, doch hatte es in der letzten Zeit die Hörner eingezogen, nachdem diese mehrmals schmerzhaft mit Hughs Vorsichtsmaßnahmen in Berührung gekommen waren.
    »Und die beste Kornernte seit Jahren. Und das Obst… es sieht gut aus«, sagte Cadfael vorsichtig, »doch brauchen wir noch etwas Regen, damit es prall wird, und keine Gewitter, bevor es geerntet ist. Nun, das Getreide ist eingeholt und das Stroh gestapelt, und die Heuernte ist die beste, soweit die Erinnerung zurückreicht. Von mir werdet Ihr keine Klagen hören.«
    Dennoch, dachte er, während er in leichter Verwunderung zurückblickte, war es ein unruhiges Jahr gewesen. Das Geschick von König und Kaiserin hatte sich nicht nur einmal, sondern zweimal gewendet, während hier in den Midlands die Vorsehung über den Festlichkeiten der Kirche und der Plackerei der einfachen Menschen wohlwollend gelächelt hatte.
    Im Februar war König Stephen bei der schrecklichen Niederlage von Lincoln gefangengenommen worden. Kaiserin Maud, seine Cousine, Rivalin um den Thron und Erzfeindin, hatte ihn unter strenger Bewachung in der Burg von Bristol eingesperrt. Nach diesem Umschwung hatten sich auch viele Fähnchen hastig gewendet, nicht zuletzt das von Stephens Bruder und Mauds Cousin, dem Bischof von Winchester und päpstlichen Legaten Henry von Blois, der aalglatt das Lager gewechselt und sich auf die Seite der Siegerin geschlagen hatte, nur um festzustellen, daß er besser ein wenig gezögert hätte. Denn die Frau war dumm. In Winchester war die Tafel für sie gedeckt gewesen, die Krone hatte schon fast ihr Haar berührt. Doch hatte sie sich gegenüber den Bürgern Londons so arrogant und überheblich aufgeführt, daß diese sich im Zorn gegen sie erhoben und sie in unwürdiger Flucht davongejagt hatten, worauf König Stephens tapfere Königin in die Stadt einziehen konnte.
    Allerdings war König Stephen durch diese letzte Drehung des Schicksalsrades nicht freigekommen. Ganz im Gegenteil - den Gerüchten nach hatte man ihn zusätzlich angekettet und bewachte ihn streng, da er nun das einzige Faustpfand der Kaiserin war. Auf jeden Fall aber war die Krone von Mauds Kopf genommen, höchstwahrscheinlich sogar für immer, und sie hatte sich um die nicht zu unterschätzende Hilfe des Bischofs Henry gebracht, der nicht der Mann war, zweimal im gleichen Jahr allzu hastig die Seiten zu wechseln. Man munkelte, daß die Dame ihren Halbbruder und ihren besten Ritter, den Grafen Robert von Gloucester, nach Winchester gesandt habe, um sich mit dem Bischof zu versöhnen und ihn wieder auf ihre Seite zu locken, doch habe sie keine klare Antwort bekommen. Die Gerüchte besagten weiterhin - und es schien wahr zu sein -, daß Stephens
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