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Ein Ende des Wartens

Ein Ende des Wartens

Titel: Ein Ende des Wartens
Autoren: Christian Knieps
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telefonische Verbindung existierte. Das bedeutete, dass Annika nur immer darauf warten konnte, dass er anrief, aber nicht selbst anrufen konnte, wenn es ihr wichtig war. Diese Einschränkung kam noch zu der räumlichen Distanz dazu und verschärfte ihr Unwohlsein noch weiter.
Sie entkleidete und betrachtete sich im Spiegel hinter der Türe. Klar, sie war nicht mehr die Zwanzigjährige mit überall straffer Haut am Körper, aber für ihre achtundzwanzig war sie immer noch attraktiv. Sie besah ihre vermeintlichen Problemzonen und brauchte einige Momente der Besinnung, ehe sie für sich entschied, dass es wohl nicht an ihrem Aussehen liegen konnte, dass Marco sich mindestens ein Jahr von ihr trennen wollte.
Langsam stieg sie in die Badewanne, tastete mit dem einen Fuß vor, fühlte, dass das Wasser noch zu heiß war und wartete, bis das kalte Wasser die Temperatur soweit abgesenkt hatte, dass sie sich ohne Verbrennungen ins Wasser legen konnte. Zentimeter für Zentimeter tauchte sie ein, bis sie nur noch mit dem Kopf über der Wasserlinie war. Die Dämpfe des Entspannungsbades, das sie dem Wasser beim Einlaufen zugesetzt hatte, sog sie tief mit dem Atem ein und spürte sogleich, wie sich ihre verkrampften Muskeln nach und nach entspannten. Annika hatte gar nicht bemerkt, wie angespannt sie die ganze Zeit über gewesen sein musste, denn ihre ungelösten Gedanken hatten sie von ihrer körperlichen Angespanntheit abgelenkt. Leicht wegdösend genoss sie das wärmende Wasser und mit jedem weiteren Augenblick flog Marco von ihr weiter fort – wohl auch, weil sie wusste, dass er jetzt im Flugzeug Richtung Afrika saß. Was er wohl dachte?
Sie wachte auf, als das Wasser fast schon ausgekühlt war. Schreckhaft spürte sie die Kälte in ihrem Körper und fasste sich an den Kopf, wie es ihr passieren konnte, im Wasser einzuschlafen. Wie lange musste sie wohl eingenickt sein, wenn das Wasser so kalt war? Ihre Haut war besonders an den Händen völlig verschrumpelt und auch der Rest von ihr fühlte sich nicht gerade gesäubert an. Schnell stand sie auf, öffnete den Abfluss und duschte noch einmal hinterher, wusch sich die Haare und trat aus der Badewanne hinaus. Mit einem Blick auf die Uhr am Spiegel über dem Waschbecken sah sie mit Erschrecken, dass sie fast zwei Stunden im Wasser verbracht hatte und es mit strengem Takt auf den Abend zuging. Wie hatte ihr das nur passieren können?
Indem sie sich wärmende Wohlfühlklamotten anzog und einen heißen Tee machte, zog sie sich auf das Sofa zurück und hing ihren Gedanken nach. Erst, als sie den Tee ausgetrunken hatte und aufstand, um sich einen neuen zu machen, nahm sie auf dem Weg in die Küche das Telefon und auf dem Rückweg die Fernbedienung des Fernsehers mit, setzte sich aufrecht auf die Couch und versuchte Tammy zu erreichen. Doch da meldete sich nur der Anrufbeantworter, und so schaltete Annika den Fernseher an und ließ sich berieseln. Ohne ein besonderes Programm schauen zu wollen, zappte sie durch die Sender, merkte ab und an auf, wenn es um eine Reportage oder eine Meldung aus Afrika handelte, und hoffte, dass Tammy bald nach Hause kam. Denn sie fühlte sich einsam. So einsam, wie lange nicht mehr.
Als Tammy endlich anrief, war der Abend beinahe schon vorbei, und Annika fuhr der Klingelton des Telefons tief ins Mark, ehe sie abhob. Tammy erzählte ihr von ihrem Besuch bei einer Freundin, den Annika vollkommen vergessen hatte. Sie merkte ihrer Freundin an, dass sie versuchte, um den heißen Brei herumzureden, denn auch Tammy ahnte, dass es für Annika eine sehr schwere Zeit werden würde. Als das Thema nach einer Weile dann doch auf Marcos Abreise nach Afrika kam, erzählte Annika ohne jedwede Emotion vom Abschied auf dem Bahngleis und wie sie durch die Stadt geschlendert war, auf der Suche nach neuen Klamotten. Tammy hörte ihr zu, doch auch ihr war klar, dass sie in diesem Moment nur zuhören konnte, denn dafür waren Annikas Gefühle noch viel zu frisch. Irgendwann begann Annika zu weinen an und Tammy tröstete sie, indem sie ihr alle mögliche Unterstützung für das Trennungsjahr zusagte. Beinahe wäre es auch wieder gut gewesen, doch das Wort Trennungsjahr öffnete wieder alle Tränenschleusen, da Annika dies mit einer Scheidung, also einer endgültigen Trennung verband. Tammy entschuldigte sich für das missverständliche Wort und verabredete mit Annika, dass sie sich morgen, nach der Arbeit, treffen würden, um gemeinsam etwas essen zu gehen. Sie müsse
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