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Ein Ende des Wartens

Ein Ende des Wartens

Titel: Ein Ende des Wartens
Autoren: Christian Knieps
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war.
    Annika fuhr derweil durch die Straßen zu ihrem Zuhause. Als sie die letzten Straßenzüge entlangfuhr, wurde sie ganz langsam und ließ die Erinnerungen an den Urlaub noch mal vor ihrem geistigen Auge Revue passieren.
    Vor der Wohnung parkte sie den Wagen mit großzügigem Abstand zu den anderen Autos, nahm ihre Taschen aus dem Mercedes und schloss ihn ab. In ihrer Straße gab es nur eine erleuchtete Wohnung, doch die schien irgendwie immer erleuchtet zu sein, ohne dass Annika wusste, warum oder wer dort lebte. Vielleicht waren es einfach Nachteulen oder Schichtarbeiter, die gerade von der Schicht kamen oder gleich auf sie fuhren.
    Sie versuchte alle Taschen und Decken mit einem Mal zu packen, denn sie hatte keine Lust, zweimal gehen zu müssen, und umso akrobatischer wurde der Akt des Türenaufschließens, der ihr aber dann doch gelang. Sie stapfte die Treppen hinauf und hatte das Gefühl, alle Nachbarn mit ihrer lauten Art aufzuwecken, doch je mehr sie aufpasste, desto lauter schien zu werden.
    An ihrer Wohnungstüre wiederholte sich das Schauspiel der Verrenkungen, um den Schlüssel ins Schloss zu stecken, doch dann fiel ihr auf, dass sie die Sachen einfach abstellen könnte anstatt sie krampfhaft festzuhalten. Befreit von der Last drehte sich der Schlüssel im Schloss und die sich öffnende Türe gab den Blick in ihre Wohnung frei. Sofort fiel ihr der Geruch auf, der Geruch ihrer Wohnung, der Geruch von Vertrautem, von Heimat. Sie stieg über die Taschen hinweg in die Wohnung, nahm die Taschen wieder auf und stellte sie auf den Boden im Flur ab. Ihr Blick wanderte über die Möbel, die Jacken, die dort hingen, den Schuhschrank, den Spiegel, der kleinen Kommode und den Bildern, die an den Wänden hingen. Ja, das war ihre Wohnung, ihre Heimstätte, und obwohl sie sich für einen Moment wie eine Fremde gefühlt hatte, die eine fremde Wohnung musterte, spürte sie gleich darauf, dass sie zu Hause war. In ihrer Wohnung, in ihrem kleinen Reich, das sie sich so eingerichtet hatte, wie sie es für richtig hielt. Kein Vergleich zum Haus im Norden, vor allem nicht, weil es zwar nett eingerichtet gewesen war, aber eben nicht nach ihren Vorlieben. Hier, in ihrer Wohnung, kannte sie die Handgriffe, sie kannte die Wege, sie wusste, wo sich alles befand, sie wohnte hier.
    Ohne ihre Sachen gleich auszupacken, ging sie ins Wohnzimmer und setzte sich auf die Couch. Ihr Blick wanderte über die Einrichtung und blieb bei den Bildern hängen, die an der Wand hingen. Dort waren die Erinnerungen an die glücklichen Tage ihrer Beziehung verewigt, und Annika fragte sich, was Marco wohl in diesem Moment tat, ehe ihr klar wurde, dass er höchstwahrscheinlich schlief. Schlief er allein? Ja, wahrscheinlich schon. Und außerdem musste sie sich selbst eingestehen, dass sie die Frage – an sich selbst gestellt – auch nicht so einfach beantworten konnte. Nein – sollte Marco für sich entscheiden, weiterhin mit ihr zusammen sein zu wollen, dann würde sie über die Nacht mit Sören schweigen. Denn obwohl sie sich schuldig für ihren Vertrauensbruch fühlte und ihre eigenen Prinzipien verraten zu haben, war sie mit sich im Klaren darüber, dass dieser Ausrutscher einmalig bleiben würde, getrieben von einer gewachsenen Unzufriedenheit, die sie in dieser Form niemals wieder zuließe.
    Kaum, dass sie diese Entscheidung für sich getroffen hatte, verspürte sie für einen Augenblick eine zufriedene Ruhe in ihrem Innern, ehe sie von einer großen Müdigkeit übermannt wurde. Gähnend reckte sie sich in alle Richtungen und legte sich der Länge nach auf die Couch, doch ehe sie auf ihr einschlief, zwang sie sich zum Aufstehen. Im Halbschlaf packte sie die nötigsten Sachen aus, wankte kurz ins Badezimmer, putzte sich die Zähne und stellte im Schlafzimmer den Wecker, um gleich darauf in einen kurzen Schlaf zu fallen.
     
     

Epilog
    Der Wecker klingelte nach nur wenigen Stunden, und trotzdem wachte Annika auf, als wäre sie entspannt und früh zu Bett gegangen. Nur wenige Schritte und sie hatte ihren allwöchentlichen Morgenrhythmus, trank ihren Kaffee, machte sich im Bad fertig, und fand ihre neue pragmatische Tagesvorbereitung mit der kurzen Verweildauer im Badezimmer auch weiterhin sehr angenehm. Der praktische Zopf schien ihre neue Arbeitsfrisur werden zu können, und kaum, dass sie am Küchentisch saß und aus dem Fenster blickte, rekapitulierte sie die Erfahrungen der letzten Tage.
    Sie dachte über ihre Situation nach, über ihre
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