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Ein Ende des Wartens

Ein Ende des Wartens

Titel: Ein Ende des Wartens
Autoren: Christian Knieps
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waren am Strand zu sehen, sondern auch Sportliche, die durch den tiefen Sand joggten und Hundebesitzer, die ihren vierbeinigen Gefährten Bälle und Stöcke ins Meer schmissen.
Nach einer Weile des Umhergehens zeigte Tammy plötzlich auf eine Stelle, die durch eine leichte Düne anstieg und Annika stimmte der Wahl ihrer Freundin zu. Sie breiteten ihre Badehandtücher auf dem Boden aus, entledigten sich wieder der Schuhe und setzen sich zunächst auf die Tücher, ehe sie sich hinlegten und aufgrund der leichten Schräge trotzdem das Meer sehen konnten.
Die Sonne, die bereits hinterm Horizont verschwunden war und den Himmel in ein rosarotes Licht tauchte, zog dieses rosa Band über ihre Köpfe hinweg Richtung Meer. Nur eine sehr leichte Brise wehte vom Meer aufs Land hinein, und Annika schloss die Augen, um zu entspannen. Tammy beobachtete derweil ein Flugzeug, das einsam und scheinbar verlassen seine Bahnen am Himmel zog. Doch kaum, dass es fort war, entdeckte sie zwei Möwen, die sich verfolgten und zu necken schienen. Diese Möwen beobachtete Tammy eine Weile, ehe sie sich zu Annika umdrehte, sah, dass ihre Freundin die Augen geschlossen hatte, und daraufhin selbst die Augen schloss.
Mit geschlossenen Augen hörten sie das Rauschen des Meeres, spürten den leichten Wind, der ihre Haut berührte, und genossen die sanfte Wärme des Abends. Keine der beiden Freundinnen wollte in diesem Moment, dass die Zeit weiter voranschritt. Am liebsten hätten sie den Augenblick eingefroren, um in diesem auf immer und ewig sein zu können, doch mit der ersten stärker auffrischenden Brise wurde klar, dass es nicht bei diesem paradiesischem Zustand würde bleiben können.
    Annika öffnete als erste ihre Augen und musste sich an das weiterhin grelle Licht gewöhnen, dann aber setzte sie sich auf und ließ ihren Blick über den Strand und das Meer wandern. Ihre Haare, die sie offen trug, flatterten derart stark im Wind, dass sie sie zurück zu einem Zopf band, um ihren Blick frei zu haben.
Nun setzte sich auch Tammy auf und schaute über die Szenerie. Sie zeigte Annika einen jungen Mann, der seinem entlaufenen Hund hinterherjagte und beide mussten herzhaft über diese komische Szene lachen.
Annika konnte sich nicht mehr daran erinnern, das letzte Mal diese Form der Freiheit gefühlt zu haben, jenes Gefühl, das man nur dann hat, wenn man die Zeit sorgenfrei genießen kann, in einem Moment des Einhaltens, des Zurücklehnens, des Lebens.
Diese Zeitspanne endete für Annika, als ihr die Frage durch den Kopf schoss, was Marco wohl in diesem Moment in Afrika machte. Saß er womöglich auch auf einer Düne und schaute in die Weite? Nein, Marco würde so etwas niemals machen, das passte einfach nicht zu ihm. Aber der Gedanke war dennoch spannend: dachte Marco an sie, wenn er für einige Stunden Freizeit hatte oder lag er schon in den Armen einer anderen? Nein, auch dazu war Marco nicht der Typ Mann. Vielmehr war er der abwartende Schüchterne, der in diesem Jahr in Afrika sehr wahrscheinlich keine andere Beziehung beginnen würde – weil er die gesamte Zeit über mit Leib und Seele arbeitete.
Annikas Stimmung war nun plötzlich eine andere. Sie war nicht mehr völlig entspannt, aber auch beiweitem nicht so aufgekratzt wie die letzten Male, in denen sie an Marco gedacht hatte. Auch war sie meilenweit von einem weiteren Heulkrampf entfernt, sondern spürte in ihrem Innern, dass sie einige Schritte weiter war. Weiter mit ihrem Lebensplan, mit sich selbst.
Als sie ihren Gedanken loslassen konnte, drehte sie ihren Kopf zu Tammy und sah, wie ihre Freundin auf das Meer rausstarrte.
Wie schön es hier sei, flüsterte Tammy voller Wehmut.
Trotzdem oder gerade deswegen müssten sie sich jetzt für die Heimreise fertig machen, erklärte Annika leise und sah, wie Tammy anstatt zu antworten, wortlos aufstand, ihr Badehandtuch aufnahm und den Sand ausschüttelte. Danach faltete sie es behelfsmäßig zusammen und zog die Schuhe an. Annika machte es ihr nach, und langsam, Schritt für Schritt wateten die beiden durch den Sand zurück zum Parkplatz. Als sie den Eingang des Parkplatzes erreichten, drehten sie sich das letzte Mal zum Meer um und verharrten für einige Augenblicke in dieser Position.
Wer weiß, ob sie jemals wieder zu diesem Meer zurückkehren würde, meinte Tammy.
Ganz sicher, sagte Annika mit vollem Ernst. Sie habe für sich entschieden, dass der nächste Urlaub in dieser Gegend stattfinden würde, ganz egal, wer an ihrer Seite
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