Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Ende des Wartens

Ein Ende des Wartens

Titel: Ein Ende des Wartens
Autoren: Christian Knieps
Vom Netzwerk:
bereue das, was sie in den Brief geschrieben habe. Jedoch nicht, was sie geschrieben habe, sondern, dass sie ihn auf die Reise schickte. Denn am Ende sei der Brief nichts anderes als eine Anklage, mit der sie die Schuld von sich weise, und auch wenn Marco am Ende der Auslöser der Krise war, so sei ihr inzwischen klar geworden, welchen großen Anteil sie auch an der Entwicklung gehabt habe. Nun denke sie, dass es falsch sei, Marco quasi die Pistole auf die Brust zu setzen und ihm zu sagen, dass er die Hauptschuld der Krise trage. Dabei könne nichts anderes herauskommen, als dass er sich zurechtlege, dass Annika nicht mehr mit ihm zusammen sein wolle, und sie es dann auch nicht mehr seien.
Würde es denn was bringen, wenn sie versuche, ihn vorher in Afrika zu kontaktieren, um sich für den Brief, der noch nicht da sei, zu entschuldigen. Dass sie den Brief in einem Affekt der großen Unsicherheit geschrieben habe, sozusagen als Selbstschutz gegen das eigentliche Problem, das eindeutig durch ihn verursacht wurde. Das müsse er wohl anerkennen, dass seine Flucht nach Afrika der letztendliche Auslöser für die Beziehungskrise war.
Ob er das tue, wisse wohl niemand. Man könne auch in die Flucht hineinlesen, dass er Angst vor einer Trennung hatte, und so hoffe, dass er aus der Beziehung herauskam, indem sie ihn verließ.
Während Tammy in ihren Gedanken die verschiedenen Optionen durchging, löste sie mechanisch einen Teil des Kuchens und schob die Gabel in ihren Mund. Auf dem Schokokuchen kauend, meinte sie, einen Geistesblitz zu haben, den sie aber gleich wieder fortschob, da sich die Lösung als undurchführbar erwies.
Wahrscheinlich sei es besser, wenn sich Annika ein wenig Zeit nehme, schlug Tammy vor, denn sie habe nicht das Gefühl, dass sie diese wichtigen Entscheidungen ad hoc für sich treffen könne.
Annika suchte den Blickkontakt mit ihrer Freundin und hatte auf den Lippen, dass es mitunter auch besser sein konnte, wenn sie die Dinge einfach laufen ließe – was bedeuten würde, dass sie es Marco überließ, ob er noch für die Beziehung kämpfen möchte oder ob er sie einfach aufgab. Doch dann wandte sie ihren Blick zurück zu ihrem Kaffee, nahm die erkaltete Tasse in ihre Hände, trank einen kleinen Schluck, ehe sie ihrer Freundin nickend zustimmte.
Da Annika das Thema rund um den Brief und dessen Inhalt nicht mehr forcierte, flaute die Unterhaltung darüber ab. Als sie mit dem Kaffee und Kuchen fertig waren, winkte Tammy der Bedienung und sie bezahlte für beide. Als sie aufstanden, warteten schon die nächsten Gäste lauernd auf ihren Tisch und zusammen verließen Annika und Tammy das Café.
Sie entschieden, dass es nach diesem ernsten Gespräch wieder leichter werden sollte, und so traten sie in den ersten Laden mit Klamotten ein. Zur Überraschung trug bei, dass dieser draußen eher schlicht daherkam, doch als sich die beiden Freundinnen an das diffuse Licht gewöhnt hatten, erkannten sie, dass sie in einem Lack- und Ledershop standen. Neben außergewöhnlichen Kleidungsstücken waren aber auch normale Jacken im Angebot, und dennoch konnte es sich Tammy nicht verkneifen, das Thema mit Annikas nächtlichem Abenteuer zu verknüpfen. Annika sagte zu Tammy, dass sie ein dummes Huhn sei, und trug ein neues Lächeln auf dem Gesicht, das ihr vorher verlorengegangen schien.
Tammy suchte in den Jacken nach einem Modell, das ihr passte, und als sie eins fand, das ihr zudem auch noch sehr gut gefiel, wurde sie blass, als sie auf dem Preisschild sah, dass die Jacke das Dreifache von dem kostete, das sie bereit war auszugeben. Sie wollte die Jacke schon weghängen und den Laden mit leeren Händen verlassen, als Annika nach der Jacke griff und zielstrebig auf die Kasse zuging, dort ablegte und zur Verkäuferin sagte, dass sie die Jacke mitnehmen würde, wenn sie diese um dreißig Prozent herabsetze. Tammy war so sprachlos, denn sie hatte noch nie erlebt, dass Annika in einem Klamottenladen das Handeln begann, und zu ihrer größten Überraschung schaffte es Annika tatsächlich die Jacke mit einem Rabatt von fünfundzwanzig Prozent zu bekommen. Da Tammy der Preis immer noch zu hoch schien, griff Annika in ihre Tasche, bezahlte die Jacke gegen den Protest ihrer Freundin von ihrem eigenen Geld und bedankte sich überschwänglich bei der Verkäuferin, als sie die Tasche mit der Jacke für Tammy entgegennahm.
Als die beiden Freundinnen zurück in die Sonne des Platzes traten, hielt Annika Tammy die Tasche mit
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher