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Ein Drama am Ufer des Meeres (German Edition)

Ein Drama am Ufer des Meeres (German Edition)

Titel: Ein Drama am Ufer des Meeres (German Edition)
Autoren: Honoré de Balzac
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fortzugehen. Diese Gerüchte haben etwas Vernünftiges an sich. – Sehen Sie«, sagte er, während er sich umwandte, um uns etwas zu zeigen, was wir nicht bemerkt hatten, »er hat dort links ein Holzkreuz errichtet, um anzukündigen, daß er sich unter den Schutz Gottes, der heiligen Jungfrau und der Heiligen begeben hat. Er hat noch kein Wort gesprochen, seitdem er sich unter freiem Himmel eingeschlossen hat; er lebt von Brot und Wasser, welches ihm jeden Morgen die Tochter seines Bruders bringt, ein kleiner Knirps von zwölf Jahren, der er sein Hab und Gut vermacht hat und die ein reizendes Geschöpf ist, zart wie ein Lamm, ein allerliebstes, sehr drolliges Mädel. Sie hat Ihnen«, sagte er, indem er seinen Daumen zeigte, »blaue Augen so groß und darüber einen Engelschopf. Wenn man sie fragt: ›Sag doch, Pérotte (das will bei uns soviel heißen wie Pierrette; Sankt Peter ist ihr Schutzheiliger, Cambremer heißt Peter, er ist ihr Pate gewesen) – sag doch, Pérotte, was sagt dir denn dein Onkel?‹ – ›Er sagt mir nix,‹ antwortet sie, ›gar nix, nix.‹– ›Scho gut! Was macht er dir?‹ – ›Er küßt mir am Sonntag die Stirn.‹ – ›Du hast keine Furcht?‹ – ›A wa,‹ sagt sie, ›er ist mein Pate.‹ Er hat niemand anders haben wollen, der ihm zu essen bringen soll. Pérotte behauptet, daß er lächelt, wenn sie kommt; sie ist der Sonnenstrahl in seiner Düsternis.‹
    »Aber Sie reizen«, sage ich, »unsere Neugierde, ohne sie zu befriedigen. Wissen Sie, was ihn dorthin geführt hat? Ist es der Kummer, ist es die Reue, ist es eine Manie, ist es ein Verbrechen, ist es ...«
    »Ach, mein Herr, es gibt niemand außer meinem Vater und mir, die die Wahrheit dieser Sache wissen. Meine verstorbene Mutter war im Dienst bei einem Gerichtsbeamten, dem Cambremer auf Geheiß des Priesters alles gesagt hat, welcher ihm nur unter dieser Bedingung Absolution erteilen wollte, nach dem, was die Leute im Hafen sagen. Meine arme Mutter hat Cambremer belauscht, ohne es zu wollen; weil die Küche des Gerichtsherrn neben dem Saal lag, hat sie mitgehört! Sie ist tot; der Richter, der ihn verhört hat, ist ebenfalls verstorben. Meine Mutter hat uns das Versprechen abgenommen, meinem Vater und mir, den Leuten hier im Lande nichts zu verraten, aber das kann ich Ihnen sagen, daß an dem Abend, wo unsere Mutter uns das erzählt hat, mir die Haare zu Berge standen.
    »Nun gut! Erzähl' uns das, mein Freund wir werden darüber mit niemandem sprechen.«
    Der Fischer sah uns an und fuhr also fort: »Peter Cambremer, den Sie da gesehen haben, ist der Älteste der Cambremers, die, Väter und Söhne, alle Seeleute sind; ihr Name sagt es, das Meer hat immer unter ihnen geduckt. dieser, den Sie gesehen haben, war Bootsfischer geworden. Er hatte also Barken, ging auf Sardellenfang, er betrieb auch die Hochseefischerei für die Händler. Er würde ein Schiff ausgerüstet und den Kabeljaufang betrieben haben, wenn er nicht seine Frau so sehr geliebt hätte, die eine schöne Frau war, eine Brouin aus Guérande, ein prächtiges Mädchen, die auch ein gutes Herz hatte. Sie liebte Cambremer so, daß sie niemals wollte, daß ihr Mann sie länger verließ, als es für den Sardellenfang nötig war. Sie wohnten dort unten, sehen Sie!« sagte der Fischer, indem er auf eine Anhöhe stieg, um uns ein Inselchen in dem kleinen Binnenmeer zu zeigen, das sich zwischen den Dünen, über die wir gingen, und den Salzteichen von Guérande befindet, »sehen Sie dieses Haus? Es gehörte ihm. Jaquette Brouin und Cambremer hatten nur ein Kind, einen Jungen, den sie geliebt haben ... wie soll ich sagen? Ja, wie man eben das einzige Kind liebt; sie waren ganz vernarrt in ihn. Ihr kleiner Jacques hätte, mit Verlaub, in den Kochtopf machen können, und sie hätten es für Zucker gehalten. Wieviel Male haben wir sie doch gesehen, auf dem Markt, wenn sie das schönste Spielzeug für ihn kauften. Das war Unvernunft, alle Welt sagte es ihnen. Als der kleine Cambremer sah, daß ihm alles erlaubt war, wurde er ein sehr böses Kind. Wenn man zum Vater Cambremer sagte: ›Ihr Sohn hätte beinahe den kleinen Soundso getötet!‹ dann lachte er und sprach: ›Bah, das wird ein mutiger Seemann! Er wird die Flotten des Königs befehligen.‹ Oder: ›Peter Cambremer, wissen Sie, daß Ihr Junge der kleinen Pougaud ein Auge ausgestochen hat?‹ ›Er wird die Mädchen lieben‹, antwortete Peter dann. Er fand alles gut. Nun, als der Bengel zehn Jahr alt war,
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