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Ebbe und Glut

Ebbe und Glut

Titel: Ebbe und Glut
Autoren: Katharina Burkhardt
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Krankenhausbett lag und darauf wartete, dass die ganzen Giftstoffe seinen Körper verließen.
    Wieder mal war alles ganz anders, als sie gedacht hatte.
    »Und dann?«, fragte sie behutsam.
    »Dann habe ich mich entschieden, doch noch ein bisschen weiterzuleben.« Arthur lachte leise. »In so einer Klinik hat man ziemlich viel Zeit. Da kann man über eine Menge nachdenken.«
    Mia richtete sich ein wenig auf. »Aber warum?«, fragte sie. »Warum bist du von einer Minute auf die nächste abgehauen?«
    Arthur sah sie nicht an. »Ich dachte, das mit uns … ich dachte, ich hätte nie eine Chance. Weder bei dir noch sonst jemals wieder. Mein ganzes Leben erschien mir so wertlos, so verloren.« Er schloss erschöpft die Augen. »Damals, auf der Autobahn, und später in dem Hotel … das muss doch grauenvoll für dich gewesen sein. Ich hatte später das Gefühl, dir nie mehr in die Augen sehen zu können.«
    »Weil du ein bisschen neben der Spur warst?«
    » Ein bisschen neben der Spur ist gut. Ein bisschen sehr, würde ich sagen.«
    »Ich fand es viel schlimmer, dass du so kommentarlos abgehauen bist.« Nur widerwillig erinnerte Mia sich an ihren hilflosen Zorn und ihre Verzweiflung darüber, wie schlecht Arthur sie behandelt hatte.
    »Was hätte ich denn noch sagen sollen? Du warst weg, das war deutlich genug.«
    »Wieso war ich weg?«, fragte Mia verwundert. »Ich lag im Zimmer nebenan und ging davon aus, dass wir am nächsten Morgen gemeinsam nach Hause fahren würden.«
    »Ja, und dann? Dann hättest du mich sitzen lassen. Zu recht. Wer will schon etwas mit einem behinderten Feigling zu tun haben?«
    Bestürzt erkannte Mia, dass es genau so gewesen wäre. Und doch war alles ganz anders. Sie hätte sich von Arthur zurückgezogen. Aber nicht, weil sie ihn nicht mochte, sondern weil sie ihn zu sehr mochte. Aus demselben Grund hatte auch Arthur die Flucht ergriffen. Er musste entsetzliche Angst vor ihrer Zurückweisung gehabt haben.
    Verwundert sah Mia den Mann an, der neben ihr im Bett saß. Er sah immer noch umwerfend gut aus. Sehr männlich. Sehr sexy. Vor allem aber sah er wahnsinnig nett aus. Und sehr verloren und hilflos.
    Mia griff nach Arthurs Hand, die sich warm und fest um ihre schloss. Er hielt die Augen geschlossen, sein Atem ging schneller, er wirkte noch bleicher als zuvor.
    »Ist alles in Ordnung mit dir?«, fragte Mia behutsam.
    Arthur nickte wortlos.
    Sie drückte seine Hand. »Es war ein langer Tag. Vielleicht sollte ich mal nach Hause fahren, damit du schlafen kannst.«
    Als Arthur wieder nickte, sagte sie: »Ich hoffe nur, du denkst nicht, dass ich wieder abhauen will.«
    »Nein«, murmelte Arthur. »Sonst wärst du wohl kaum hergekommen.«
    Mia zögerte. »Ich kann auch in deinem Gästezimmer übernachten, wenn dir das lieber ist, dann bin ich nicht ganz weg.«
    Statt einer Antwort rutschte Arthur im Bett so weit nach unten, bis er zum Liegen kam. »Ich bin total fertig«, stöhnte er. Dann streckte er eine Hand aus. »Kannst du bitte noch ein bisschen hierbleiben?«
    »Natürlich.«
    Mia legte sich neben ihn. Arthur nahm sie erneut in die Arme, und eine zärtliche Wärme erfüllte sie. Das war es, was sie bei Stefan die ganze Zeit vermisst hatte, stellte sie fest.
    Ewig lagen sie so beieinander, erfüllt von dem überwältigenden Gefühl, nicht mehr weglaufen zu müssen, endlich die Nähe des anderen aushalten zu können.
     
    Irgendwann zog Arthur sein Hemd und Mia ihre Jeans aus.
    »Hübsche Wäsche.« Arthur fuhr spielerisch mit einem Finger unter den Bund ihres Höschens.
    »Zum Glück habe ich mich noch umgezogen.« Grinsend dachte Mia an ihre alte, verwaschene Baumwollunterhose mit dem ausgeleierten Gummi.
    »Stimmt«, erwiderte Arthur ernsthaft, »vorhin hast du so was Hässliches getragen.«
    »Und dabei hattest du Glück, dass du nur gesehen hast, was ich darüber getragen habe.«
    »Du liebe Zeit, hier tun sich ja ungeahnte Abgründe auf. Und ich hatte dich immer für eine Frau mit Stil gehalten.«
    »Zweifelst du etwa daran?«
    »Nicht, solange du in meinem Bett so hübsche Wäsche trägst.«
    Arthur beugte sich lachend über sie, und dimmte das Licht der Nachttischlampe so weit herunter, bis es fast dunkel war.
    »Davor hatte ich übrigens ständig Angst«, bekannte Mia.
    »Wovor?«
    »Vor deinem Perfektionismus. Bei dir wirkt immer alles so groß, so toll, so perfekt.«
    Arthur rieb sich demonstrativ eine Narbe an seinem Arm. »Sehr perfekt, ja. Tut mir leid, dass ich dir nicht mehr bieten
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