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Durch die Hölle in den Himmel (German Edition)

Durch die Hölle in den Himmel (German Edition)

Titel: Durch die Hölle in den Himmel (German Edition)
Autoren: Klaus Plüg
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Kapitel 1
    Die Natur hatte der noch recht jungen Katze einen kuriosen Streich gespielt. Man konnte sicher sein, dass er bei nahezu jedem Betrachter ein vergnügliches Schmunzeln hervorrief. Sie sollte wohl ursprünglich ein Fell bekommen, so rein und weiß, wie frisch gefallener Schnee. Doch die kleinen, orangefarbenen Flecken hinter den Ohren, hinterließen eher den Eindruck, als hätte ein Hund in den Schnee gepinkelt.
    Hier, bei Hassan im Keller, hatte ohnehin äußerst selten jemand die Gelegenheit, sich an der Kleinen zu erfreuen. Das lag einerseits daran, dass es die Individuen, die Hassan hier unten aufsuchten, sehr eilig hatten wieder zu verschwinden, und andererseits daran, dass sich die Katze, wenn sie Hassan kommen hörte, sofort unter dem wuchtigen alten Sofa verkroch.
    So wagte sie sich auch jetzt, nachdem sich das Handgemenge gelegt hatte, nur zögerlich aus ihrem sicheren Versteck hervor.
    Einen Moment lang blieb sie noch misstrauisch in sicherer Entfernung sitzen, um den Mann zu beobachten, der so oft nach ihr getreten hatte. Als sie erkannte, dass von dem Übeltäter keine Gefahr mehr drohte, näherte sie sich immer noch zaghaft und vorsichtig seinem Körper. Dem Körper, aus dem die verlockende Flüssigkeit scheinbar endlos hervorquoll.
    Je näher sie ihm kam, umso weniger konnte sie dem delikaten Geruch widerstehen. Als sie nahe genug war, um die ersten Tropfen gierig aufschlecken zu können, war jede Vorsicht endgültig dahin.
    Das erste Mal in seinem Leben wurde Hassan von einem eiskalten Schauer erfasst. Er war dieser nichtsnutzigen Kreatur vollkommen ausgeliefert und musste hilflos mit ansehen, wie sie sich genüsslich über sein Blut hermachte.
    Ebenso unaufhaltsam wie sein Blut floss, breitete sich die entsetzliche Angst in ihm aus.
    Auf einen Schlag musste er begreifen, dass Angst etwas nahezu unerträgliches ist. Bisher hatte er die meiste Zeit seines Lebens damit verbracht, durch Verbreitung von Angst und Schrecken, auch noch das Letzte aus anderen Menschen herauszupressen. Nun musste er schmerzlich am eigenen Leib erfahren, was Angst und Schrecken in einem Menschen anrichten.
    Es war für ihn nicht nur relativ leicht, mithilfe von Angst und Schmerz seine vielseitigen Forderungen durchzusetzen – gelegentlich war es geradezu ergötzlich. Und letztendlich konnte er dadurch die zahlreichen Begierden befriedigen, die sein Leben so lebenswert machten.
    Schon als Kind hatte er frühzeitig lernen müssen, wie man sich mit Gewalt durchsetzt, Schwächere unterdrückt und sich dadurch die nötigen Vorteile verschafft, die sein Leben so überaus angenehm gestalteten.
    Da er seine Methoden ausgezeichnet beherrschte und einzusetzen wusste, hatte er selbst nie das Geringste zu fürchten gehabt. Angst war für Hassan immer nur ein Instrument um sich vor Hunger und Armut zu schützen, so wie ihn Schuhe vor Glasscherben und warme Kleidung vor Kälte schützten. Bis zu diesem Augenblick.
    Denn jetzt schien sich das Bedrohliche erstmals gegen ihn zu wenden. Die Geschehnisse waren ihm endgültig aus den Händen geglitten, stießen ihn brutal in eine völlig neue, unbekannte Richtung.
    Noch vor wenigen Augenblicken raste sein Körper wütend vor Leidenschaft und Gier. Sein Herz tobte vor Verlangen nach jenem Weib, welches sich gerade total verängstigt, mit dem Rücken fest gegen die Kellerwand gepresst, an ihm vorbeistehlen wollte. Es sah ganz danach aus, als wollte sie ihn einfach hier liegen und sterben lassen.
    „Nimm die Katze weg von mir – siehst du nicht dass dieses Mistviech mein Blut trinkt – das ist mein Blut – eine Katze kann doch nicht mein Blut trinken,“ panische Gedanken schossen ihm durch den Kopf.
    „Nein, dieses Weib kann doch nicht einfach verschwinden, sie muss mir helfen“, er klammerte sich an jedes noch so kleine Fünkchen Hoffnung. „Siehst du denn nicht, was du angerichtet hast? Du musst doch sehen, dass ich verblute.“
    Er wollte sie anflehen, um Hilfe betteln, war aber nicht einmal mehr in der Lage, seine Lippen zu ihrem Namen zu formen.
    Verzweifelt, doch lautlos, schrie sein Hirn immer wieder ihren Namen, „Nadine – Nadine - Nadine - bitte - hilf mir!“
    Nadine, die von den verzweifelten, panischen Vorgängen in seinem Hirn nichts ahnte, weil sie ihn nicht hören konnte, versuchte sogar seinen Anblick zu vermeiden, was ihr natürlich nicht gelingen konnte, solange sie ihn wie hypnotisiert anstarrte.
    Ein neuer Schreck durchfuhr Hassan: Mit einem Mal war Nadine
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