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Der Ring des Todes - ein Wagner Krimi

Der Ring des Todes - ein Wagner Krimi

Titel: Der Ring des Todes - ein Wagner Krimi
Autoren: Waldkirch Verlag
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Weint nicht mehr, meine Töchter. Heute Nacht habe ich es auf den Weg gebracht
.
    Der Drache ist tot
.
    Der Mann wusch sich aufwendig Hände und Gesicht. Als er sich im Spiegel betrachtete, tropfte das Wasser von seinem Kinn. Die Natur hatte es gut mit ihm gemeint. Das blonde, wellige Haar hatte er mit den nassen Händen in den Nacken gestrichen. Die blaugrauen Augen verliehen seinem Gesicht eine kühle Note, ausgeprägte Wangen- und Kieferknochen unterstrichen seine männlichen Züge. Die Frauen flogen darauf. Als er sich zur Gänze aufrichtete, konnte er seinen athletischen Oberkörper im Spiegel betrachten. ‚Scheiß auf Brad Pitt’, dachte er zufrieden
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    Er drehte am Regler der Stereoanlage. Die Musik spielte zu leise, sie sollte ihn laut und eindringlich durchfließen. Die Boxen dröhnten, als der Mann begann die Eisen zu stemmen. Bizeps, Trizeps, Latissimus, Schultern, Brust und Bauch. Jeden Abend stählte er seinen Körper. Wer brauchte dazu ein Fitnessstudio? Disziplin - mehr war dazu nicht vonnöten. Der Mann trieb sich selbst unerbittlich durch sein Trainingsprogramm. Disziplin, Disziplin, Disziplin! Mit jedem kräftigen Zug an den Hanteln presste er dieses Wort unter Stöhnen heraus. Im großen Spiegel betrachtete er dabei zufrieden, wie der Schweiß seine glatte Haut hinabperlte. Disziplin! Sie hat dich hierher gebracht und sie wird dich an dein Ziel führen
.
    Letztendlich war alles nur eine Frage der Übung. Talent gehörte gewiss auch dazu, bedeutete aber nichts ohne harte Arbeit. Der Mann hatte viele Jahre trainiert, ehe er sich an sein Werk gemacht hatte. Er hatte seine Methodik verfeinert, bevor er es gewagt hatte, sich an des Meisters Stück zu versuchen
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    Der Mann hatte lange schon geahnt, dass er zu Höherem berufen war; allerdings nicht, welch außergewöhnliche Aufgabe auf ihn wartete. Ausgerechnet ein Penner hatte ihm damals vor zehn Jahren den Weg gewiesen. Erst in jener Nacht, als dieser Dreckskerl ihn auf offener Straße überfallen hatte, wurde ihm alles klar. Mit Schaudern erinnerte er sich an die Szene. Er wusste noch genau, wie er mit dem Rücken an die Hauswand gepresst dastand und der Ekel ihn überkam. Er spürte wieder dieses Würgen, als der faulige Atem des Penners sein Gesicht streifte und die dreckige Hand mit dem verschrammten Messer vor ihm rumfuchtelte. Dann stieg die Wut in ihm auf. Diese unbändige Wut darüber, dass solch ein unsauberes Subjekt es wagte, ihn zu bedrohen. Das war der Impuls, der die eruptive Reaktion hervorrief
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    Mit einem gezielten Tritt in die Körpermitte streckte er seinen Gegner nieder. Im nächsten Moment war er über ihm, und brach dem winselnden Kerl mit einem einzigen Griff das Genick, als hätte er nie etwas anderes getan
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    Für die heftigen Tritte, die er seinem Opfer danach noch versetzt hatte, schämte der Mann sich heute zutiefst. Er war außer Kontrolle geraten. Das durfte ihm niemals wieder passieren!
    Seither trainierte der Mann konsequent. Töten ohne Zorn und Emotion, einzig mit kühler Disziplin, wurde das Ziel. Wie viele Menschen hatte er während dieser Phase seiner Entwicklung spurlos verschwinden lassen? Er wusste es nicht. Es war auch ohne Belang. Dieser menschliche Abschaum war nur zum Training gut gewesen und konnte dankbar sein, einer so großen Sache dienen zu dürfen
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    Heute Nacht endlich hatte er den Grundstein für die Vollendung seiner Verwandlung gelegt. Er konnte sich blind auf seine Fähigkeiten und seine Disziplin verlassen
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    Schwer atmend legte der Mann die Langhantel zur Seite.
    Auf diesen Tag hatte er die vergangenen zehn Jahre seines Lebens hingearbeitet. Der Erfolg gehörte ihm. Doch er stand erst am Anfang
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Hauptkommissar Theobald Wagner lag mit leicht geöffnetem Mund auf dem Rücken und schnorchelte friedlich, als die ersten Takte von „Freude schöner Götterfunken“ an sein Ohr drangen. Zunächst tönten sie melodisch in seinem pelzigen Kopf, dann wurden sie zunehmend schrill und eindringlich. Er öffnete die Augen. Sein Handy vibrierte und musizierte unerbittlich auf dem Nachttisch neben ihm. Er musste diesen beschissenen Klingelton loswerden. Irgendeine Verflossene hatte ihm diese nervige Melodie eingestellt. Im Halbdunkel, in das die geschlitzten Rollläden den Raum tauchten, tastete er nach dem lästigen Gerät. Dabei verfing er sich mit dem Arm in seiner Decke, die wie eine Wurst zusammengerollt neben ihm lag. „Nur nicht den Kopf heben. Das tut nicht gut“, murmelte er. Das Handy würde
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