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Durch die Hölle in den Himmel (German Edition)

Durch die Hölle in den Himmel (German Edition)

Titel: Durch die Hölle in den Himmel (German Edition)
Autoren: Klaus Plüg
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Henry schon ein echtes Problem daraus. Bei der kleinsten Belastung breitete sich langsam eine höllisch unangenehme Migräne über seinem Schädel aus, was jedes Mal zur Folge hatte, dass er zu absolut nichts mehr zu gebrauchen war.   
    Außerdem hatte er, als bockbeiniger, sturer Gerechtigkeitsfanatiker, im Gegensatz zu anderen Mitarbeitern, schon immer große Probleme damit, sich der allgemein üblichen Hackordnung in den Betrieben zu unterwerfen. 
    Recht muss, um jeden Preis, Recht bleiben, das war sein unumstößliches Gesetz; daran durfte niemand rütteln.
    Für Henry gab es keine Farbnuancen, keine feinen Zwischentöne. Für ihn war alles ausschließlich Schwarz oder Weiß, Gut oder Böse. Und genau deshalb wurde der Umgang mit ihm, für seine sonst so entspannten Mitarbeiter, zur unlösbaren Bewährungsprobe. Sie bezeichneten ihn einfach nur noch, als starrköpfigen, sturen Bock, mit dem man nicht reden kann.
    Besonders extrem reagierte Henry auf Lärm, oder genauer gesagt, was er als Lärm empfand. Wobei nicht unbedingt die Lautstärke entscheidend war, viel wichtiger war noch, dass jedes Geräusch in seiner näheren Umgebung, ein gewisses Mindestmaß an Harmonie mit seinem Innenleben eingehen musste. War das nicht der Fall, wurde für ihn jeder noch so harmlose Ton, zwangsläufig zu einer schier unerträglichen Marter, die früher oder später, seinen Schädel zu sprengen drohte.
    Im Laufe der Zeit steigerten sich seine Wutausbrüche und führten immer öfter zu geistigen und körperlichen Ausfällen, die dann und wann sogar mit Krankmeldungen quittiert wurden.
    Die Ersten waren die Kollegen, die von ihm die Nase gestrichen voll hatten. Bis schließlich die Vorgesetzten folgten und sich verpflichtet fühlten, die anderen Mitarbeiter vor Henry schützen. Das war gewissermaßen der Grund, warum sie ihn dazu drängten, sich vorzeitig in den Ruhestand versetzen zu lassen.
    Inzwischen, so heißt es, haben sich die ehemaligen Kollegen und auch die Vorgesetzten langsam wieder von ihm erholt. Und selbst Henry ging seither um einiges besser. Zum großen Teil lag es wohl daran, dass er jetzt jedem Ärger hätte aus dem Wege gehen können, wenn er denn nur gewollt hätte. Immerhin fühlte er sich bis vor wenigen Minuten, als eigener Herr seines Zornes.
    „Schuld an diesem Misst, ist natürlich wieder Andrea“, schimpfte Henry einmal mehr auf seine Frau, „schließlich war sie es, die unbedingt in diese Wohnung umziehen wollte. Und wer ist natürlich wieder nicht hier wenn es brenzlig wird?“
    Da sein Einkommen durch die Frührente um einiges geschmälert wurde, ließ er sich, nach langem Gezeter, dann doch von seiner Frau davon überzeugen, dass es besser wäre, sich eine preiswertere Wohnung zu suchen.
    An sich hätten sie gleich misstrauisch werden müssen, als ihnen mehrere Wohnungen gleichzeitig zur Auswahl angeboten wurden. In einer guten, oder wenigstens normalen Wohngegend, die einer solchen Bezeichnung gerecht wird, ist so etwas kaum zu erwarten.
    Die Wohnung gefiel ihnen ja auch recht gut, die Umgebung aber schon weniger. Es gab zwar sehr viel Grün in diesem Viertel, aber leider waren die Gebäude und Straßen, und deshalb vielleicht auch die Gesichter der Menschen, sehr düster.
    Wenn man nicht viel zahlen kann oder will, muss man eben einige Abstriche im Umfeld der Wohnung in Kauf nehmen.
    Für seine Frau schien schon nach den ersten Tagen festzustehen, dass er in dieser neuen Umgebung wohl nie seinen Frieden finden würde und Freunde schon gar nicht – denn die hatte er noch nirgends gefunden. Sollten die Nachbarn hier bisher in Frieden gelebt haben, so wird es, so wie sie ihren Henry kennt, damit wohl auch bald vorbei sein. 
    Den ersten Kontakt zu den Anwohnern hatte selbst er sich nicht so miserabel vorgestellt. Nun wohnten sie gerade seit ein paar Tagen hier und schon hatte er diese verdammten Weiber am Hals.
    „Erstmal muss ich hier verschwinden, damit die mich so schnell wie möglich wieder vergessen“. Schon hatte er den erlösenden Gedanken. „Ich benutze einfach die Haustür zur Straßenseite, dann bin ich, noch bevor die sich alle wieder beruhigt haben, längst über alle Berge.“
    Damit die streitbaren Krähen vor seinem Fenster den Fluchtplan nicht durchschauen konnten, kroch er vorsichtig über den Boden in Richtung Wohnungstür. Wenn er sie in dem Glauben ließ, er würde hier weiterhin verängstigt auf dem Fußboden hocken, würde das nur zu seiner eigenen Sicherheit beitragen.
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