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Dunkles Geheimnis

Dunkles Geheimnis

Titel: Dunkles Geheimnis
Autoren: Ritta Jacobsson
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rief Mama von der Treppe aus. „Alex auch!“
    Warum musste sie so brüllen? Da musste Jo ja alles mitkriegen!
    „ Alex ist also da?“
    Ihre Stimme klang eisig.
    „Mhm.“
    „Obwohl du mit mir verabredet warst?“
    „Ja, schon, aber er ist einfach nach der Schule mitgekommen …“
    „Verstehe. Tschüs.“
    Heute hatte ich keine Chance, meine Sätze zu beenden.
    Ich schleuderte das Handy aufs Bett.
    Alexander sah mich besorgt an.
    „Was ist denn?“
    „Nichts.“
    „Was war mit Jo los?“
    „Weiß nicht.“
    Mehr wollte ich nicht sagen. Jetzt musste ich mir vor allem überlegen, wie ich Jo klarmachen könnte, dass Alexander im Moment wichtiger war als sie. Ich war auf seine Unterstützung angewiesen, sonst würde ich dem Druck in der Mannschaft nicht standhalten können.
    „Woran denkst du?“, fragte Alexander.
    „An eine Tasse heiße Schokolade mit Schlagsahne.“
    „Schmeckt dir das nicht?“
    „Doch.“
    „Du siehst aber aus, als hättest du eine Zitrone verschluckt“, sagte er.
    „Wahrscheinlich war die Sahne sauer.“
    „Hä?“
    „Nichts.“
    Er stand auf.
    „Checken wir mal, ob ihr Schlagsahne dahabt? Hab plötzlich Lust auf heiße Schokolade.“
    „Aber Mama hat doch was von Saft und Kuchen gebrüllt.“
    „Das eine schließt das andere doch nicht aus, oder?“
    Damit zog er mich vom Bett hoch. Widerwillig trottete ich hinter ihm und Wuff die Treppe hinunter. Zwar hatte ich weder auf Schokolade noch auf Saft große Lust, aber es genügte, dass ich eine Person, die mir wichtig war, enttäuscht hatte.
    Eine zweite zu enttäuschen – das hätte ich heute nicht mehr gepackt.
    *
    Genau wie ich geahnt hatte, würde Alexander am Abend mit der Mannschaft feiern gehen. Er fragte nicht, ob ich mitkommen wollte, und ich fragte auch nicht, ob ich mitkommen durfte.
    Etwas anderes war mir im Moment wichtiger.
    Jo war sauer auf mich.
    Das wäre ich an ihrer Stelle auch gewesen.
    Wir sind uns so ähnlich.
    Allerdings nicht von außen. Jo hat einen goldbraunen Teint, lebhafte braune Augen und eine Wolke aus schwarzem Engelshaar. Im Vergleich mit meiner superhübschen Freundin bin ich blond und blass.
    An und für sich gibt es Leute, die behaupten, ich wäre auch hübsch.
    Alexander, zum Beispiel.
    Und meine Eltern.
    Aber die zählen nicht.
    Es war so schön gewesen, als Jo aus Louisiana zurückkam. Ich hatte einen heftigen Sommer hinter mir, einen echt OBERHEFTIGEN.
    Jo bekam alle meine schrecklichen Erlebnisse natürlich brühwarm zu hören. Sie sah mir in die Augen, nahm meine Hand, hielt sie fest und murmelte trostreiche Worte.
    Ich verstehe.
    Oh Gott, das ist ja furchtbar!
    Bestimmt hätte sie auch gern von ihrem Sommer erzählt, fand es aber unwichtig, über Klamotten und Jungs zu reden, nachdem ich froh sein konnte, überhaupt überlebt zu haben.
    Wahrscheinlich dachte sie, bald wäre sie mit Erzählen an der Reihe.
    Aber als die Tage vergingen und ich meine Geschichte unentwegt von vorn wiederkäute, wirkte Jo nicht mehr ganz so engagiert, sondern schielte immer öfter zu den anderen Mädchen rüber, die sich über Filme unterhielten oder über irgendwelche Typen lästerten.
    Natürlich sprach sie es nicht offen aus, dass ich sie anödete – dafür ist sie viel zu nett. Aber in den Pausen und beim Essen zog es sie immer öfter zu Hannamaria, Nilla und Faduma hin – das sind die coolsten Mädels der Klasse. Nach einem ganzen Sommer in den USA war Jo fast genauso cool geworden. Wenn sie mit ihnen zusammen war, lachte sie. Mit mir lachte sie nicht mehr. Sie zwang mir damit eine unangenehme Opferrolle auf, die ich nicht spielen wollte.
    Höchste Zeit, dafür zu sorgen, dass alles wieder wie früher wurde.
    Ich tippte ihre Nummer.
    „Hallo“, sagte Jos atemlose Stimme. „Ich …“
    Ich unterbrach sie.
    „Jo, es tut mir leid, dass ich …“
    Jetzt unterbrach sie mich.
    „Ich kann jetzt nicht reden.“
    Und legte auf.
    Ich spürte einen unangenehmen Kloß im Bauch. Jo klang genervt. Bestimmt war sie mit dem Pferd unterwegs. Natürlich konnte sie da nicht reden.
    Aber ein nagender Verdacht bohrte sich mir ins Gehirn.
    Sie wollte nicht mit mir reden.
    Ich hatte meine beste Freundin verloren, und daran war nur ich selbst schuld.

DIENSTAG
    Ich saß in der Küche, kaute an einem Knäckebrot mit Käse und hörte dem Knacken zwischen meinen Zähnen zu.
    Im Haus war es still. Papa war schon zur Arbeit gefahren, und Mama war in der Stadt bei einer Besprechung, in der es um ihr nächstes Bild
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