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Dunkles Geheimnis

Dunkles Geheimnis

Titel: Dunkles Geheimnis
Autoren: Ritta Jacobsson
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meinetwegen auch mal zu kriegerischen Auseinandersetzungen kommt? Wäre jedenfalls ausgesprochen schmeichelhaft, obwohl mich die Story damals eher an meinen Vater und meine Mutter erinnerte. Wie das alles laufen würde, konnte ich da noch nicht wissen.
    „Ich bin doch gar nicht allein. Ich hab doch Jasper“, versuchte ich es noch mal.
    „Jasper ist noch nicht mal in der Lage, auf sich selbst aufzupassen.“
    „Aber er hasst Sand. Und ich hasse es, ihm den dreimal täglich aus den Zehen und aus seinen Falten zu pulen. Er hat nämlich keine Gummistiefel.“
    „Das wäre mir neu“, sagte Martin, „dass Jasper Sand hasst. Gestern habe ich ihn auf der Wiese von Bauer Burmester gesehen, wo er wie ein Verrückter in einem Kaninchenloch gebuddelt hat. Aber für das Kaninchen war er natürlich zu blöd. Mit eingekniffenem Schwanz ist er wieder abgezogen.“
    „Jasper ist nicht blöd.“ In einem Anfall von Loyalität zu der vierbeinigen Hinterlassenschaft meiner Mutter war ich entschlossen, meinen alten Freund bis aufs Messer zu verteidigen. Jasper war eine Seele von Hund, ein Boxer und kein bisschen stylish, so wie diese geklonten blonden Labradors mitsamt ihren geklonten blond gesträhnten Frauchen, die im Dutzend am Elbstrand herumliefen. Britta hatte sich für ihn entschieden, weil keine andere Sorte Hund sich so freuen kann wie ein Boxer. Auch wenn er dabei guckt, als wolle er einen gleich auffressen. Jasper ist lammfromm, trotz Kampfhundvisage, und dabei kurzatmig wie ein alter Mann. Ein bisschen trottelig ist er ehrlich gesagt auch. „Und“, trat ich nach, „im Gegensatz zu dir ist er immer für mich da.“
    Martin schwieg. So lange, bis er fast anfing mir leidzutun. „Erstens“, sagte er schließlich, „ist das Wetter auf den Inseln immer besser als auf dem Festland. Ein kurzer Schauer und dann scheint meist wieder die Sonne. Zweitens findet Jasper Sand großartig. Und drittens“ – lange Pause – „drittens muss ich mir Tante Hedis Häuschen mal genauer auf Renovierungsbedarf hin ansehen.“ Er räusperte sich umständlich. „Vor sechs Wochen warst du ja mit auf ihrer Beerdigung. Gestern habe ich einen Brief von ihrem Nachlassverwalter bekommen. Sie hat mir das Haus vererbt. Mir und deiner Tante Christina.“
    Ein Haus auf Sylt??? Scheiße. Ich war nicht besser als die anderen.

2
    „... ist möglicherweise verwirrt und benötigt dringend Medikamente. Sachdienliche Hinweise nimmt jede Polizeidienststelle entgegen sowie die Kriminalpolizei Hamburg, Tel. 040/...“
    „Und nun der NDR2-Verkehrsservice für den ganzen Norden: Vorsicht auf der A7 Hamburg Richtung Flensburg. Zwischen Bad Bramstedt und Großenaspe befinden sich Kühe auf der Fahrbahn. Niebüll: Die Wartezeiten für die Fähren zu den Inseln sowie für den Autozug nach Sylt betragen derzeit ...“
    „Danke“, sagte Martin und schaltete das Radio aus, „das haben wir gerade hinter uns.“
    In der Tat. Seit zwanzig Minuten klemmte Papas Jeep Huckepack auf dem knallroten Autozug, der uns von Niebüll über den neun Kilometer langen Hindenburgdamm nach Sylt schütteln sollte. Wahrscheinlich heißt er deshalb „Shuttle“, weil man sich darin fühlt, als würden einem die kleinen grauen Zellen einzeln aus dem Hirn gesiebt. Jasper klemmte hinter mir auf dem Rücksitz zwischen Martins Allwetter-Ausrüstung, die neben einem polartauglichen Schlafsack auch noch ein Zweimannzelt enthielt, seinem Laptop und einem Jahresabo National Geographic von 2011, für das er bisher noch keine Zeit gehabt hatte. Ich hatte mich auf meine XXL-Sporttasche, Gummistiefel und mein Florett beschränkt, um im Training zu bleiben.
    „Wieso hast du eigentlich gepackt wie für eine dreiwöchige Expedition ins neuseeländische Outback?“, fragte ich und kurbelte das Seitenfenster herunter, um mich der Realität in Form der einheitlich matschigen Wattlandschaft zu meiner Rechten auszuliefern. „Andere Leute nehmen auf eine einsame Insel höchstens ein Fernrohr mit, ein Feuerzeug und vielleicht noch ihre Frau.“ Ich lehnte mich nach draußen, um das vordere Ende des Zugs zu sehen. „Dabei ist Sylt noch nicht mal einsam.“ Im Gegenteil. Der doppelstöckige Autozug war ausgebucht bis zum letzten Platz und es sah aus, als mache die halbe Republik dort Urlaub.
    „Kommt noch“, antwortete Martin. Um seine Mundwinkel zuckte es verdächtig. „Fürs Erste genügen ja vielleicht eine Tochter und ein Hund.“
    Zu diesem Zeitpunkt hatte ich keine Ahnung, dass er das
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