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Dunkler Schlaf: Roman (German Edition)

Dunkler Schlaf: Roman (German Edition)

Titel: Dunkler Schlaf: Roman (German Edition)
Autoren: Karin Fossum
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mit Ihrem Kopf passiert?«
    Einen Moment lang sah ich ihn verwirrt an und fragte mich, woher er das wissen konnte. Ich schaute meine Hand an und sah, daß sie blutverschmiert war. Das Blut klebte zwischen meinen Fingern. Da wußte ich, daß ich immer noch träumte, daß der Mann an meinem Tisch nicht wirklich war, sondern nur ein Traum. Ich mußte mitspielen. Jeder Traum hat irgendwann ein Ende, ich sagte wahrheitsgemäß, daß ein Einbrecher auf mich eingeschlagen habe, unten im Keller. Dann sei er weggerannt. Und ich hätte mich hingelegt. Nein, ich hätte es noch nicht über mich gebracht nachzusehen, ob etwas gestohlen worden sei. Und ich hätte sein Gesicht nicht gesehen, es sei doch dunkel dort unten. Er hörte mir geduldig zu. Fragte, ob ich Anzeige erstatten wolle.
    Anzeige? Ich war noch gar nicht auf diesen Gedanken gekommen. Außerdem würde die Polizei ja doch nichts unternehmen. Er stand auf und lief umher. Ging zum Fenster und schaute hinaus.
    »Sie haben es wirklich schön hier«, sagte er höflich. »Mit diesem herrlichen Garten. Und dem Pavillon. Ich habe mir die Freiheit genommen, eine Runde um Ihr Haus zu machen.«
    In meiner Brust war ein leises Dröhnen zu hören, so als werde ein Ofen heftig geheizt. Jetzt würde der Alptraum bald ein Ende nehmen; der Mann war schon nur noch undeutlich zu sehen, als er mir den Rücken kehrte. Doch dann drehte er sich um, und von seiner Freundlichkeit war nicht mehr viel übrig. Seine Stimme hatte einen deutlichen Befehlston angenommen.
    »Sie müssen das anzeigen«, sagte er. »Ihr Kellerfenster ist eingeschlagen worden. Daneben liegt ein großer Stein. Der Einbrecher hat sich durch das Fenster gezwängt. Ich gehe jetzt in den Keller und schaue mich dort um. Vielleicht hat er Spuren hinterlassen.«
    Ich stützte mich schwer auf den Tisch. Und merkte, daß der Traum zu Ende war, denn Träume enden immer unmittelbar vor der Katastrophe. Ich versuchte, mich zu erinnern, um welche Katastrophe es sich handelte, und dann fiel mir die Leiche im Keller ein. Dieser Abfall oder was auch immer. Den würde er natürlich entdecken. Er würde wieder heraufkommen und sagen: In deinem Keller liegt ein Toter, Irma. Weißt du, wer das ist?
    Ich gab mir alle Mühe, klar zu denken. Wußte ich das? Andreas Winther. Runis Sohn. Es gab zweifellos viele Alpträume. Und auch eine Wirklichkeit, an die ich mich zu erinnern versuchte, aber sie war weit weg. Würde er mir glauben, wenn ich die Wahrheit sagte? Aber was war eigentlich die Wahrheit? Nein, er würde mir nicht glauben. Sondern mich für gestört halten, was ich doch nicht war. Was ich nicht bin. Ich bin einfach nur müde.
    »Nein«, sagte ich und staunte, wie fest meine Stimme war, »lassen Sie. Es ist mir zu anstrengend, etwas zu unternehmen. Mein Sohn kann das Fenster reparieren. Ingemar. Er kommt, wenn ich ihn anrufe.«
    »Sie sind überfallen worden«, sagte der Mann. »Wir nehmen das sehr ernst. Ich bitte Sie wirklich, Anzeige zu erstatten.«
    »Das entscheide ich«, sagte ich rasch. »Das ist mein Haus.«
    Er musterte mich, und in seinem Gesicht malte sich eine wachsende Neugier. Ich alte Frau und dieser fesche Mann in meiner Küche, das hätte Runi sehen sollen.
    »Wo ist die Kellertreppe?« fragte er.
    Ich gab keine Antwort. Er stand ja darauf, er stand mit beiden Füßen auf der Luke. In eleganten schwarzen Schuhen. Er schaute in den Flur, vielleicht vermutete er dort eine Treppe.
    »Ich habe Kopfschmerzen«, sagte ich. »Ich muß mich ein wenig hinlegen. Ich fühle mich einfach nicht wohl.«
    »Ich bringe Sie zu einem Arzt«, sagte der Mann. »Jemand muß sich Ihre Wunde ansehen.«
    Bei dieser Vorstellung zuckte ich zusammen. »Mir fehlt nichts. Ich habe eine Gesundheit wie ein Pferd. Das sagt mein Arzt.«
    »Bestimmt«, sagte der Mann. »Aber Sie sind am Kopf verletzt.«
    »Ich nehme eine Valium und lege mich hin. Das wirft mich nicht um. So einen Stoß kann ich vertragen.«
    Das verkündete ich voller Stolz.
    »Das glaube ich gern«, sagte er. »Und ich kann Sie ja nicht zwingen.«
    Dann schwiegen wir. Er ließ seinen Blick durch den Raum wandern, zum Fenster und zu den Bäumen draußen; die Blätter wurden gelb. Es würde nicht mehr lange dauern.
    »Ich suche Andreas«, sagte der Mann leise.
    Für einen Moment kam ich zu mir und nickte.
    »Andreas Winther. Runis Sohn. Sie kennen ihn. Was glauben Sie, was passiert ist?«
    Ich suchte nach einer guten Antwort. Das unter der Plane, sicher meinte er das. Alle sprachen
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