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Dunkler Schlaf: Roman (German Edition)

Dunkler Schlaf: Roman (German Edition)

Titel: Dunkler Schlaf: Roman (German Edition)
Autoren: Karin Fossum
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wohl zu schaffen machte. Daß er ihm vielleicht die vielen Treppen ersparen sollte.
    »Auch du hältst nicht ewig«, murmelte er. Sie traten ins Licht hinaus, und er blieb stehen. »Du bist alt«, sagte er und hielt den schwarzen Hundeblick fest. »Ist dir das klar?«
    Kollberg wartete geduldig. Es konnte durchaus etwas Wichtiges auftauchen. Ein Stück Stockfisch zum Beispiel.
    »Nein«, murmelte Sejer. »War nicht so gemeint.«

 
    I ch hatte einen grauenhaften Traum. Ich erwachte unten im Keller. Lag der Länge nach auf dem Boden, eiskalt und zerschlagen. Mein Kopf tat weh; es war, als schlüge ein dumpfer Hammer immer wieder zu. Ich rappelte mich auf, taumelte zur Treppe und entdeckte etwas, das unter einer Plane auf dem Boden lag. Jemand hatte in meinem Keller Abfall deponiert! Was für eine Frechheit! Ich mußte darüber hinwegsteigen. Und dann sah ich durch die Plastikplane zwei tote Augen und einen klaffenden, zahnlosen Mund. Ich wollte laut schreien, brachte aber keinen Laut über die Lippen. Als ich endlich in meinem Bett zu mir kam, hatte ich noch immer schreckliche Kopfschmerzen. Die Türklingel hatte mich geweckt. Ich dachte: Das ist Runi, ich mache nicht auf! Aber dann schleppte ich mich doch auf kraftlosen Beinen zur Tür. Mein Kopf war so schwer, ich mußte ihn mit einer Hand festhalten. Durch den Spion sah ich einen Mann. Er war sehr groß und hatte graue Haare, und er sah wahrlich nicht aus wie ein Handelsreisender. Ich blieb stehen und horchte auf die Klingel, die einfach keine Ruhe gab. Dieses Gerenne an meiner Tür ging mir wirklich auf die Nerven. Sonst kam doch nie jemand her, was war bloß los?
    Es klingelte wieder, energisch und ausdauernd. Eine Stimme in meinem Kopf befahl mir zu öffnen. Vielleicht hatte er durch das Fenster geschaut und wußte, daß ich zu Hause war; so machten sie es ja alle. Ich hatte schon wieder einen Gartenstuhl an der Hauswand entdeckt, und wenn ich nicht aufmachte, würden sie die Tür aufbrechen, was ich nun wirklich nicht wollte. Alle hatten es auf mich abgesehen, verstehen Sie? Außerdem hielt mich dieser ekelhafte Traum noch gefangen. Wenn ich öffnete, würde er vielleicht verschwinden, dachte ich. Wenn eine echte Stimme ertönte. Ich machte die Tür einen Spaltbreit auf. Vermutlich hatte ich Fieber. Ich spürte, wie meine Wangen glühten.
    »Frau Funder?«
    Seine Stimme war sehr tief. Und diese volle, sanfte Stimme gab meinem Namen einen schönen Klang. Seine Augen waren dunkel und klar und wichen mir nicht aus. Hielten mich vielmehr fest. Ich bewegte mich nicht, sondern starrte ihn einfach an. Weit hinten in meinem schmerzenden Kopf summte etwas; es schien dringend zu sein. Ich mußte weg. Mußte mich fallen lassen, mich ergeben. Es summte und summte. Verzweifelt versuchte ich herauszufinden, was ich wollte. Ich wollte alles zugleich. Aus lauter Panik fliehen. In mich zusammensinken. Für immer schlafen.
    »Geht es Ihnen nicht gut?«
    Ich gab keine Antwort, starrte ihn nur an. Versuchte, mich aus meinem Traum freizukämpfen. Irgendwann nickte ich, machte die Tür aber nicht weiter auf, ich nickte und nickte nur. Ich habe immer schon zu allem genickt. Dachte ich und wurde plötzlich böse. Nicht auf diesen grauen Mann, sondern ausschließlich auf Irma.
    »Ich komme von der Polizei«, sagte der Mann und sah mich mit ernster Miene an. Ich dachte, er könne vielleicht helfen. Er werde verstehen. Ich faßte mir an den Kopf. Und dann lächelte er. Das Lächeln ließ sein zerfurchtes Gesicht aufleuchten. Ein schöner Mann, dachte ich. Und so groß, daß er fast den Kopf einziehen mußte, als er in die Küche ging. Es ist ein altes Haus. Heutzutage wird sicher anders gebaut, aber Henry war kein hochgewachsener Mann, und ich selbst bin klein. Ich schlich hinter ihm her in die Küche. Es gefiel mir, still hinter diesem großen Mann herzutrotten. Er schaute sich um. Zeigte auf einen Stuhl. Ich machte eine vage Handbewegung.
    »Was ist passiert?« fragte er ruhig. Er schien so viel zu begreifen. Aber das konnte doch eigentlich nicht sein. Ich spielte einen Moment lang mit dem Gedanken, ihm meinen Traum zu erzählen, überlegte es mir aber anders. Ihm wäre das sicher nur peinlich gewesen. Also schwieg ich. Hielt mir noch immer den Kopf. Die andere Hand drückte ich auf meinen Bauch. Ich hatte Angst, der Beutel könne sich lösen und unter meinem Kleid hervor auf den Boden fallen. Diesem gutaussehenden Mann mußte ein solches Erlebnis unbedingt erspart bleiben.
    »Was ist
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