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Greywalker

Greywalker

Titel: Greywalker
Autoren: Kat Richardson
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Eins
     
     
    Als der Kerl ausholte, war ich ziemlich überrascht. Die meisten Leute verloren nicht gleich die Nerven, wenn man sie bei so einem kleinen Betrug ertappte. Ich hatte etwas wie eine verlegene Entschuldigung erwartet, zusammen mit einem angemessenen Scheck, um meine Klientin -seine Stieftochter – zu besänftigen. Stattdessen beugte sich der Knabe über den Schreibtisch, holte aus und traf mich mit der Wucht eines Vorschlaghammers seitlich am Kopf.
    Ich flog vom Stuhl und in meinen Ohren begann es zu dröhnen. Verzweifelt versuchte ich, an meine Handtasche zu gelangen, aber ehe ich auch nur in die Nähe meiner Pistole kommen konnte, stand er schon vor mir. Ich zog mich hoch auf die Knie, um ihm mit der geballten Hand einen kräftigen Schlag unter die Gürtellinie zu verpassen.
    Er wich problemlos aus und traf mich erneut mit seiner fleischigen Faust am Kopf. Dann ein Tritt gegen meine Rippen. Ich schrie, ehe mir die Luft weg blieb und ich für einen Moment nur noch auf neugierige Nachbarn hinter den dünnen Wänden hoffen konnte. Wieder holte er mit dem Fuß aus.
    Mühsam robbte ich auf ihn zu, packte ihn am Schuh … und brachte ihn zu Fall. So schnell ich konnte, kroch ich in Richtung Tür. Das Innere meines Brustkorbs fühlte sich an, als hätten sich meine Organe losgerissen und befänden sich im freien Fall.
    Da wurde mein Kopf nach hinten gezerrt – der Typ hatte mich am Pferdeschwanz gepackt. Ich trat rückwärts aus und konnte etwas Weiches spüren, aber leider nicht das, worauf ich gehofft hatte.
    »Verdammt!« Er riss meinen Kopf zur Seite und schmetterte ihn gegen den Türrahmen. Mir war, als ob ich meinen Schädel brechen hörte.
    Alles schmerzte. Mühsam drehte ich mich um und zog mich am Körper des Mannes hoch. Haare wurden mir aus der Kopfhaut gerissen. Mit einer Hand schlug ich seinen Kopf gegen die Wand, während ich mein Knie in seine Weichteile rammte. Er schnappte nach Luft und ließ unwillkürlich meinen Pferdeschwanz los. Ich nutzte meine Chance, entwand mich seinem Griff und wankte durch die offene Tür auf den Korridor hinaus. Krampfhaft suchte ich in meiner Handtasche nach der Pistole, während ich zum Lift taumelte.
    Nichts wollte funktionieren: Meine Beine fühlten sich an, als wären sie aus Gummi. Jedes Mal, wenn ich meine Pistole in die Hand nehmen wollte, entglitt sie mir. Ich konnte kaum atmen. Und mein Brustkorb bereitete mir Höllenqualen. Mein Schädel dröhnte, und ich konnte hören, wie das Blut durch meine Adern rauschte.
    Mit letzter Kraft schob ich das Eisengitter beiseite und stolperte in den uralten Lift, als mich eine Hand erneut am Pferdeschwanz packte und nach hinten riss. Ich versuchte mich umzudrehen, um dem Mistkerl endlich eine Kugel zu verpassen, aber meine Beine gaben nach. Die Pistole glitt mir aus den Händen, fiel auf den Boden des Lifts und schlitterte in eine Ecke.
    Mich immer noch am Haar festhaltend, griff der Mann nach dem Eisengitter. Verzweifelt suchte ich in der Hosentasche nach meinem alten Schweizer Messer, als mich das Metall auch schon mit voller Wucht am Hals traf. Hatte er etwa vor, mir den Kopf abzutrennen? Ich versuchte, mich aus seinem Griff zu befreien. Da traf mich das Gitter an der Schläfe. Das Blut, das aus meinem Ohr lief, fühlte sich überraschend warm an. Mein Sehvermögen schwand und ich konnte nur noch einen dunklen, blutigen Tunnel ausmachen.
    Wieder knallte das Eisengitter gegen meinen Kopf. Der Lift fing an, Geräusche von sich zu geben. Die innere Eisentür, die noch offen gestanden hatte, bewegte sich plötzlich auf mich zu. Endlich fand ich mein Messer, klappte die Klinge auf und stieß sie in die Hand, die noch immer meine Haare umklammerte. Der Kerl schrie auf und ließ los.
    Ich rutschte nach unten und mein Kopf schlug auf den Boden des Lifts. Gerade noch schaffte ich es, ihn aus der sich schließenden Eisentür zu ziehen. Der Mann rüttelte heftig am Gitter und brüllte mir ein ganzes Lexikon an Schimpfwörtern hinterher, während sich der Lift in Bewegung setzte. Etwas zog noch an meinen Haaren, aber darum wollte ich mich jetzt nicht mehr kümmern. Ich wollte mich nur noch irgendwo hinlegen und ganz sanft das Bewusstsein verlieren. Da wurde plötzlich mein Kopf in die Höhe gerissen …
    Meine langen Haare hatten sich in der Gittertür verfangen und zogen mich nach oben, während der Lift langsam nach unten fuhr. Die Vorstellung, an meinen eigenen Haaren aufgehängt zu werden, reichte aus, um mich wieder zu
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