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Greywalker

Greywalker

Titel: Greywalker
Autoren: Kat Richardson
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keuchend wie ein Fisch auf dem Trockenen. Dann bewegte sich das Bett auf einmal und ich fiel hindurch.
    Während des Falls wurde das Licht wieder heller, sodass ich die Gegenstände im Zimmer jetzt klar erkennen konnte. Eine Krankenschwester kam just in dem Augenblick, als ich auf dem Boden aufschlug. Sie schimpfte natürlich mit mir und rief einen Pfleger, der mich hoch hob und ins Bett verfrachtete, das ungefähr eineinhalb Meter von mir entfernt stand.
    Ich hatte gedacht, es gäbe insgesamt drei Betten in meinem Zimmer, aber die Schwester erklärte mir, dass dies seit der Renovierung in den 60er Jahren nicht mehr der Fall gewesen sei.
    Dann geschah jener Vorfall, der das Fass zum Überlaufen brachte.
    Mein Gesicht im Badezimmerspiegel sah noch immer beängstigend aus. Das linke Auge war von einem regenbogenfarbenen Bluterguss umrahmt, der bis zum Nasenrücken reichte, nach oben über meine Augenbraue wanderte, sich über meine Wange und meinen Kieferknochen ausdehnte und schließlich wie ein violettgrünes Hundehalsband um meine Kehle legte. Auch meine Unterlippe und eines meiner Ohren wirkten weiterhin ziemlich mitgenommen und aufgedunsen. Die restlichen Schwellungen und blauen Flecken, die mein Gesicht im Krankenhaus zu einer erschreckenden Fratze hatten werden lassen, gingen allmählich zurück, sodass meine Haut inzwischen an ein Batikmuster aus den sechziger Jahren erinnerte. Was ich im Spiegel von meinen Haaren erkennen konnte, war auch nicht sehr erfreulich: ausgefranste Spitzen, die eher einem alten Strohbesen ähnelten als meiner früheren Pracht. Zumindest reichten die meisten Strähnen noch über meine Schultern.
    Aber es blieb mir nichts anderes übrig – ich musste zurück an die Arbeit. Schließlich warteten die Krankenhaus-Rechnungen schon auf mich, und außerdem hatte ich einen Termin, der nicht verschoben werden konnte. Ich entschloss mich also, einen Tag lang ein Wellnessstudio aufzusuchen – eine Kombination aus Schönheitssalon und Folterkammer – in der Hoffnung, dass man es dort schaffen würde, mich wieder halbwegs menschlich und nicht mehr wie Frankensteins Monster nach einer wild durchzechten Nacht aussehen zu lassen.
    Den Kopf in ein Handtuch gehüllt und mit einem Bademantel und weichen Schlappen ausgestattet, wurde ich in ein winziges Dampfbad gesetzt, wo ich mich eine Viertel Stunde lang ausruhen konnte und sich meine Poren öffnen sollten. Ich versuchte also, ganz still zu sitzen und mich zu entspannen, aber in meinem Kopf surrte und brummte es wie in einem geschäftigen Bienenstock.
    Verzweifelt rieb ich meine Schläfen und zwang mich dazu, die Augen zu schließen und langsam tief durchzuatmen. Nach einer Weile stieg mir ein seltsamer Geruch in die Nase, sodass ich die Augen öffnete. Der Dampf um mich herum fing plötzlich an, sich zu krümmen und zu winden, bis er die Gestalt eines chinesischen Drachen annahm, der ein von Nebel umranktes Tor zu bewachen schien.
    Ich sah mich um. Ich war allein; es gab niemanden, der mich beruhigen konnte und mir versicherte, dass meine Phantasie mit mir durchgegangen war. Der Dampf direkt um mich herum wirkte sehr dünn und seine Wärme umschmeichelte meine Haut. Aber der in der Nähe der Tür schien dicht wie Rauch zu sein und dunkel, gleichzeitig aber so kalt wie Angstschweiß.
    Ein blasser Schein ging von der Mitte des Tores aus, er pulsierte sanft und verwandelte sich in eine schmale, pochende Säule aus wässrigem Licht. Mein Magen krampfte sich zusammen, und eine Woge der Übelkeit schlug über mir zusammen. Der rauchige Geruch hatte sich verändert und erinnerte jetzt an verwesende Leichen und abgestandenes Brackwasser. Ich streckte die Hand aus, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, riss sie dann aber entsetzt zurück. Auf keinen Fall wollte ich diese sich windende Rauchwolke berühren, was auch immer sie hervorgerufen haben mochte. Stattdessen rutschte ich nun in die hinterste Ecke und schlug mit dem Kopf immer wieder gegen die Wand. Ein namenloses Grauen hatte mich plötzlich erfasst.
    In mir schnürte sich alles zusammen. Ich konnte auf einmal nur noch hechelnd atmen und hatte einen scheußlichen metallischen Geschmack im Mund. Irgendwann muss ich wohl »Nein!« geschrien haben.
    Licht fiel durch den Dampf und durchbrach das von Rauchschwaden umwirbelte Tor. Ich wandte meinen Blick der Lichtquelle zu und erkannte eine der munteren Studio-Angestellten, die in dem realen Türrahmen stand und mich ansah.
    Sie fragte, ob bei mir alles
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