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Greywalker

Greywalker

Titel: Greywalker
Autoren: Kat Richardson
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Büro kommen?«
    Ich zuckte mit den Schultern und folgte ihm aus dem Untersuchungszimmer in ein winzig kleines Büro, das gerade genug Platz für einen Schreibtisch und zwei Stühle hatte. Er erklärte mir, dass ich die Tür offen lassen könne, falls mir das lieber wäre. Ich machte sie jedoch entschlossen hinter mir zu und nahm Platz.
    Er lehnte sich zurück und fuhr sich einen Moment lang mit dem Fingerknöchel über die Unterlippe, ehe er mich ansah, tief Atem holte und sich nach vorne beugte. »Ich lehne mich jetzt in professioneller Hinsicht sehr weit aus dem Fenster, denn meiner Meinung nach steckt hinter Ihrer Situation mehr als nur ein medizinischer Aspekt.
    Ich habe Freunde, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben wie Sie. Und obwohl ich das jetzt nicht gerne tue, da es einen höchst unprofessionellen Eindruck macht, möchte ich Ihnen raten, das Gespräch mit ihnen zu suchen. Sie heißen Ben und Mara Danziger und sind, wie gesagt, Freunde und keine Patienten, obwohl ich mit Ben auch beruflich zu tun habe. Er ist ein netter Kerl, auch wenn einige seiner Ansichten eher nach der Twilight Zone klingen als nach Wissenschaft. Jedenfalls könnten Ihnen die Danzigers helfen, herauszufinden, ob es sich bei Ihren Erfahrungen um tatsächliche Phänomene handelt oder ob man doch einen Psychologen zu Rate ziehen sollte.« Er holte eine Visitenkarte aus der Schreibtischschublade und reichte sie mir.
    »Sie schicken mich aber nicht zu einem Seelenklempner, oder?«, fragte ich misstrauisch.
    »Nein«, erwiderte er lachend. »Nichts dergleichen. Ich glaube, dass Sie möglicherweise Dinge erleben, von denen die meisten Menschen noch nicht einmal träumen. Nichts Schlimmes, aber doch etwas, was sich an den geheimnisvollen Grenzen unseres Wissens bewegt. Da ich jedoch der Philosophie folge, je weniger Einmischung desto besser, will ich Ihnen nichts einreden. Sollten Sie sich dafür entscheiden, mit Ben und Mara zu sprechen und dann der Meinung sein, dass die beiden ins Irrenhaus gehören und ich gleich dazu, werde ich Ihnen gern einen geeigneten Psychologen oder Psychiater empfehlen. Ganz, wie Sie meinen.«
    Ich sah ihn nachdenklich an.
    Sein Lächeln konnte seine Erschöpfung nicht verdecken. »Ich bin der Überzeugung, dass Ihnen medizinisch nichts fehlt. An den Tabletten liegt es auch nicht. Um ehrlich zu sein, könnten Sie die genauso gut weglassen. Ich kann also nichts weiter für Sie tun, als Ihnen einige Ratschläge mit auf den Weg zu geben und sicherzustellen, dass Sie die nächste Untersuchung nicht versäumen. Was auch immer Ihre Wahrnehmung verändert, es liegt außerhalb meines Fachbereichs.«
    Skeptisch nahm ich die Visitenkarte entgegen und steckte sie in die Tasche. Er beobachtete mich aufmerksam, als ich die Tasche über die Schulter warf und aufstand.
    »Sie sollten sich einen Rucksack zulegen, wenn Sie immer so viel dabei haben«, riet er mir. »So viel Gewicht kann Ihrem Rücken schaden, wenn Sie es auf einer Seite tragen.«
    »Ich mag keine Rucksäcke. Sind mir zu sportlich. Und wenn man es eilig hat, findet man nichts darin.«
    Dr. Skelleher zuckte mit den Schultern. »Das ist natürlich Ihre Entscheidung. Aber gehen Sie gut mit sich selbst um. Versuchen Sie zu schlafen. Essen Sie rotes Fleisch, um Ihre Blutwerte und Ihren Proteinhaushalt wieder auf Vordermann zu bringen. Für die Augen empfehle ich Ihnen feuchte Teebeutel, sie helfen gegen die Blutergüsse. Recken und strecken Sie sich regelmäßig und treiben Sie ein bisschen Sport. Das hilft beim Heilungsprozess. Und rufen Sie mich jederzeit an, falls es Probleme geben sollte.«
    Ich dankte ihm und er warf mir noch ein schiefes Lächeln zu, als ich das Büro verließ.
    Tot. Von einigen Beerdigungen in meiner Familie, einem vorgeschriebenen Kurs in forensischer Medizin und zwei, drei Leichen in einem Fall, der außer Rand und Band geraten war, einmal abgesehen, wusste ich so gut wie nichts über den Tod. Unsere Körper blieben als menschliche Überreste zurück, hatten aber mit dem Tod an sich nichts zu tun. Ich hatte noch nie jemanden sterben sehen und mich auch noch nie näher mit dem Tod auseinander gesetzt – außer in jenem Augenblick im Lift, als ich mich so sehr nach einem kurzen Nickerchen gesehnt hatte. Ich wollte mich hinsetzen und mich näher damit beschäftigen und gleichzeitig schreckte mich diese Vorstellung ab.
    Also überließ ich die ganze Sache meinem Unterbewusstsein und schob das Thema irgendwo in die hinteren Regionen meines
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