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Dürre Beweise

Dürre Beweise

Titel: Dürre Beweise
Autoren: Manfred Rebhandl
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leisten konnte, war Kubelka, den er Gott sei Dank als Großabnehmer hatte gewinnen können. In den langen Tagen des Winters und insbesondere vor Weihnachten war Ku ein gefragter Mann bei den ganzen einsamen und frigiden Frauchens, die entweder noch keinen gefunden hatten, mit dem sie unterm Christbaum liegen konnten, oder die gerade verlassen worden waren, weil ihr Alter es satt hatte, mit ihnen unterm Christbaum zu liegen, und die dann mit Ku „darüber reden“ wollten. Weiß der Teufel warum, aber den Christbaum vor Augen, drehten sie irgendwie alle durch. Ku hatte also durchgehend Betrieb, und am Ende der Stunde bot er den Gestörten wahlweise eine fundierte Analyse ihrer Seele an oder eben ein Säckchen mit Gras von Lemmy, und mittlerweile entschied sich der bei Weitem größere Teil für das Säckchen von Lemmy. Darum konnte Ku jetzt einen schönen Packen Geld auf den Tisch legen und er sagte: „Geld spielt wirklich keine Rolle.“
    Wer sich eine verdammte Psychotherapie leisten kann, der kann sich nämlich auch Dope leisten! Beim Anblick des Geldes fing Lemmy plötzlich an zu rechnen und fragte schließlich: „Wie viel schlägst du eigentlich drauf, wenn du meine Ware weiterverkaufst?“
    Ku sagte: „Buy high, sell higher, das ist mein Motto. Aber bevor du daran denkst, es meinen Klienten selbst zu verkaufen und dadurch deine Spanne zu erhöhen, sage ich dir gleich: Du stehst zwar immer mit einem Fuß in der Psychiatrie, aber du hast keinen Fuß in der Therapeutenszene, und den wirst du da auch nicht reinkriegen, denn dieser Markt ist für dich geschlossen, Fort Knox doppelt gesichert, verstehst du, keine Chance, null.“
    Das sah Lemmy ein, denn auf die Couch, die er unten im Keller stehen hatte, würde sich so schnell keine legen. Er nahm also das Geld und wollte hinübergehen ins Lager, doch als er aufstand, stieß er mit seinem Mörderständer, der ihm nun doch noch still und heimlich gewachsen war, fast den Tisch um, und mit der gewissen Verzögerung der sedierten Drogenfreaks spürte er sogar noch den Schmerz, der ihn wie ein Schwein schreien ließ. Da fragte Ku: „Herrgott im Himmel, was ist denn mit seinem Schwanz passiert?“
    Und ich sagte: „Willst du zuerst die kurze Version hören?“
    „Ja.“
    „Schwierige Kindheit.“
    „Und die lange?“
    Ich erklärte ihm den Sachverhalt in groben Zügen und Kubelka griff den Ball gerne auf: „Erektionsstörungen nehmen in der gesamten westlichen Welt rapide zu, Lemmy, das liegt einesteils am Internet, aber auch am schlechten Essen und natürlich am zunehmenden Druck, dem der Mann als Ernährer ausgesetzt ist. Du bist jedenfalls nicht der Einzige, der keinen mehr hochkriegt, also mach dir nichts draus!“
    Das konnte in gewissen Momenten tröstend klingen, musste es aber nicht. In diesem speziellen Fall erreichte es den Angesprochenen aber gar nicht mehr, denn der war schon wieder irgendwo hinter seiner Wand aus Downers verschwunden, ich fragte Ku: „Kann man, soll man etwas mit ihm tun?“
    Aber der winkte ab und meinte, dass Lemmy eigentlich alles richtig machte: „Mehr als verdrängen, vergessen und Deckel drauf kann man für seine gesunde Seele eigentlich nicht tun.“
    Also schickte ich die zwei voraus, damit sie drüben im Quattro Stazzione ihren Deal checken konnten. Wie ein alter Bauer, dem ein Hodenbruch zu schaffen macht, ging Lemmy an Kubelkas Arm hinaus in den Schnee, während ich mir noch ein Großes und ein Kleines bestellte, um mit Jolanda die Sache wegen Weihnachten zu besprechen.
    Bisher war Weihnachten einfach gewesen. Ich hatte für meine Jungs immer ein akzeptables Programm zusammengestellt, und eine unumstößliche Regel dabei lautete seit Jahren: Alle, die nichts Besseres zu tun hatten, trafen sich nachmittags bei Jolanda im Hard & Heavy, sie tischte Köstlichkeiten auf, und wir aßen und tranken sie, bis wir voll waren und die Stimmung 1A.
    Wer wollte, konnte anschließend drüben bei dem verrückten Polen auf der Neulerchenfelder Straße in die Mette gehen, aber er musste damit rechnen, dass er ausgelacht wurde, also tat es auch niemand, außer Jolanda selbst, die da irgendwie noch eine Rechnung offen hatte mit ihrem Herrn Jesus Christus.
    Also war der Spaß bei ihr leider immer um Punkt 22 Uhr zu Ende, und dann musste bei Willi oben im Swedish Pornhouse weitergefeiert werden, wo er Santa Cums tonight oder Assholy Nights im Programm hatte, und wenn die letzten Spinner raus waren, dann gingen wir alle hinauf in den
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