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Du und Ich

Du und Ich

Titel: Du und Ich
Autoren: Niccolò Ammaniti
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…«
    »Wie viel hast du genommen?«
    »Zwei Tabletten.«
    »Geht es dir gut?«
    »Ja.« Sie schaffte es nicht, den Kopf gerade zu halten. »Viel besser … Die Contessa hatte eine Menge Medikamente. Gutes Zeug … Ich schlafe noch ein bisschen.«
    Mein Blick verschleierte sich mit Tränen. »In Ordnung.« Ich lächelte sie an. »Schlaf. Und träum schön.«
    Ich legte sie aufs Bett und breitete eine Decke über sie.

 
10
    Meine Schwester schlief zwei Tage lang, stand nur auf, um zu trinken und zu pinkeln. Ich räumte den Keller auf, brachte das Monster um und spielte Soul Reaver zu Ende. Ich nahm Brennen muss Salem in Angriff, las von Menschen, die zu Vampiren werden, von Spukhäusern, von mutigen Kindern, die es mit Untoten aufnehmen, und mein Blick wandte sich meiner Schwester zu, die in die Decke eingehüllt schlief. Ich hatte das Gefühl, dass sie in meinem Schlupfwinkel geschützt war, versteckt, dass niemand ihr etwas Böses tun konnte.
    Meine Mutter rief an. »Hallo, wie geht’s dir?«
    »Alles okay.«
    »Du rufst nie an. Wenn ich dich nicht anrufe … Hast du Spaß?«
    »Viel.«
    »Bist du traurig, dass du morgen zurückfahren musst?«
    »Ja. Ein bisschen …«
    »Wann fahrt ihr los?«
    »Früh. Gleich nach dem Aufstehen.«
    »Und was macht ihr heute?«
    »Ski fahren. Weißt du, wen ich in der Tofana getroffen habe?«
    »Nein.«
    Ich schaute meine Schwester an. »Olivia.«
    Einen Moment lang war es still. »Olivia. Welche Olivia? Deine Stiefschwester?«
    »Ja.«
    »Ja sag mal … Sie ist vor ein paar Tagen hier gewesen und hat wohl nach irgendwelchen Sachen gesucht. Jetzt verstehe ich, vielleicht brauchte sie was zum Anziehen für die Berge … Wie geht es ihr denn?«
    »Gut.«
    »Wirklich? Das hätte ich nicht gedacht. Papa hat gesagt, dass sie eine schwierige Zeit durchmacht. Die Arme hat eine Menge Probleme, ich hoffe sehr, dass sie ihren Weg findet …«
    »Magst du sie denn gern, Mama?«
    »Ich?«
    »Ja.«
    »Ja, ich mag sie gern, doch es ist nicht leicht, mit ihr auszukommen. Aber du, benimmst du dich auch ordentlich? Bist du freundlich zu Alessias Mutter? Hilfst du im Haus? Machst du dein Bett?«
    »Ja.«
    »Sie scheint mir sehr nett, Alessias Mutter. Grüß sie von mir und sag ihr noch einmal vielen Dank.«
    »Ja … Hör mal, ich muss jetzt Schluss machen …«
    »Ich hab dich lieb, mein Kleiner.«
    »Ich dich auch … Ach, Alessias Mutter hat gesagt, dass sie mich nach Hause bringt, wenn wir ankommen.«
    »Sehr gut. Ruf mich an, sobald du in der Nähe von Rom bist.«
    »In Ordnung. Ciao.«
    »Ciao, mein Schatz.«
    Olivia saß mit nassen, nach hinten gekämmten Haaren in einem geblümten Kleid der Contessa auf dem Sofa und rieb sich die Hände: »Na, wie wollen wir unseren letzten Abend feiern?«
    Nach diesem langen Schlaf ging es ihr viel besser. Ihr Gesicht sah entspannter aus, und sie sagte, die Beine und Arme täten ihr nicht mehr so weh.
    »Ein kleines Abendessen?«, fragte ich.
    »Ein kleines Abendessen. Und was kannst du mir Gutes anbieten?«
    »Also …« Ich sah nach, welche Vorräte wir noch hatten. »Wir haben fast alles aufgegessen. Thunfisch und Artischockenherzen in Öl? Und als süßen Nachtisch Waffeln?«
    »Perfekt.«
    Ich stand auf und öffnete den Schrank. »Ich habe eine Überraschung …« Ich zeigte ihr das Bier.
    Olivia riss die Augen auf. »Du bist ein Held. Wo hast du das denn her?«
    Ich lächelte. »Vom Cercopithecus. Ich habe es ihm geklaut, als ich vom Krankenhaus zurückgekommen bin. Es ist warm …«
    »Das macht nichts. Du bist grandios«, sagte sie und nahm das Schweizer Messer, machte zwei Flaschen auf und gab mir eine.
    »Ich mag kein Bier …«
    »Ach komm. Wir wollen doch feiern.« Sie setzte die Flasche an und trank sie in einem Zug zur Hälfte aus. »Himmel, Bier ist vielleicht gut.«
    Ich setzte auch die Flasche an und tat so, als fände ich es gar nicht so eklig.
    Wir deckten den kleinen Tisch mit einer Tischdecke, die wir unter den Sachen der Contessa gefunden hatten. Wir zündeten eine Kerze an und aßen alle Artischockenherzen und zwei Dosen Thunfisch. Zum Nachtisch die Waffeln.
    Nachher warfen wir uns im dunklen Keller mit vollem Bauch aufs Sofa und legten die Füße auf den kleinen Tisch. Das Kerzenlicht beleuchtete sie. Sie waren gleich. Weiß, lang und mit mageren Zehen.
    Olivia steckte sich eine Muratti an und stieß eine Rauchwolke aus. »Erinnerst du dich denn, wie wir im Sommer auf Capri waren?«
    Das Bier hatte meine Zunge gelöst. »Nicht so
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