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Ackerbau und Unzucht

Ackerbau und Unzucht

Titel: Ackerbau und Unzucht
Autoren: Carter Brown
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1
     
    »Meinen Bruder hat er schon
umgebracht, und nun hat er vor, meine Schwester zu ermorden. Sie müssen das
verhindern, Mr. Boyd!« sagte sie dringlich.
    Ich glaubte, nicht recht zu
hören. Verwirrt blickte ich mich in der schummrigen Bar um; am Nebentisch
beklagte sich ein Geschäftsmann, daß die Mädchen immer kostspieliger wurden.
Ihn hatte ich deutlich verstanden, also hatte sie doch diesen merkwürdigen Satz
ausgesprochen.
    Die Verabredung hier in der
feudalen Bar war ihre Idee gewesen, sie wollte unter keinen Umständen mein Büro
aufsuchen. Doch wenn ich sie so betrachtete, hatte ich den Eindruck, daß sie
weder die Umgebung noch den Drink sonderlich genoß. Gespannt und furchtsam
irrte ihr Blick über die Gäste.
    »Was gibt es denn da hinter
meinem Rücken?« fragte ich, ohne mich umzudrehen.
    »Man ist mir hierher gefolgt«,
flüsterte sie. »Ich fühle es.«
    Sie hatte die hübschen Beine
übereinandergeschlagen, der Rock ließ ihre wohlgeformten Knie frei, doch auch
keinen Millimeter mehr. Schlank war sie und groß, mit dunklen Haaren und
braunen Augen. Das Gesicht war sehr schön, vornehm und arrogant. Bei diesem
Aussehen mußte ihr jeder Bursche nachlaufen, der seine fünf Sinne beisammen
hatte. Ich schloß mich da nicht aus.
    »Sie haben doch sicher ein
College besucht?« fragte ich unvermittelt.
    »Ein sehr gutes sogar«,
antwortete sie kühl. »Doch was hat das damit zu tun?«
    »Ich tippe auf Radcliffe«, fuhr
ich nach eingehender Musterung fort, mit einer Anspielung auf das exklusivste
Mädchen-College des Landes.
    »Stimmt. Aber...«
    »Und ich wette, Sie tragen
reinweiße Unterwäsche und sind überzeugt, daß alle Männer Bestien sind«, sagte
ich, ohne mich durch ihre Einwände beirren zu lassen. Ich mußte sie erst einmal
ein wenig aus ihrer selbstbewußten Reserve locken, ehe ich auf ihre
ungeheuerliche Behauptung eingehen konnte.
    Ihr Mund wurde so schmal, der
Ausdruck ihres Gesichtes noch arroganter. »Ich bin wohl kaum das geeignete
Objekt für Ihre sexuellen Verirrungen, Mr. Boyd. Wenn Sie nicht daran interessiert
sind, für mich zu arbeiten...«
    »Ich bin interessiert«, sagte
ich wahrheitsgemäß, »falls genug dabei herausspringt.«
    »So sagt man«, antwortete sie
mit verächtlichem Lächeln. »Hast du ein delikates Problem und genug Geld, dann
geh zu Danny Boyd.«
    »Ein Problem scheinen Sie
wahrhaftig zu haben, wenn das stimmt, was Sie mir über Ihre Geschwister
erzählten. Aber delikat? Das ist wohl kaum der rechte Ausdruck dafür.«
    »Also haben Sie Interesse?«
    »Vielleicht«, antwortete ich
vorsichtig. »Erzählen Sie mir mehr. Zum Beispiel, ob ich richtig tippe mit der
weißen Unterwäsche.«
    Sie maß mich mit einem so
angewiderten Blick, als sei ich eben unter einem Stein hervorgekrochen, den man
zehn Jahre nicht verrückt hatte.
    »Ich bin Martha Hazelton«,
sagte sie steif. »Meine Schwester heißt Clemmie und mein Bruder Philip. Er ist
seit drei Tagen verschwunden.«
    »Weiß die Polizei schon davon?«
    »Ich bin der einzige Mensch,
der einen Mord vermutet. Die Polizei würde mir nicht glauben.«
    Ich zündete mir eine Zigarette
an und überlegte, ob sie wohl verrückt war. Doch die Brillantbrosche sah echt
aus, und auch der Wildlederjacke und dem eleganten Wollrock sah man die Fifth Avenue an. Wenn sie wahnsinnig war, dann war sie auch
wahnsinnig reich, und letzteres schätze ich an meinen Klienten besonders.
    »Wer ist also der Kerl, der
Ihrer Meinung nach Ihren Bruder ermordet hat und nun Ihrer Schwester nach dem
Leben trachtet?«
    »Vater natürlich. Hab’ ich das
nicht gesagt?«
    Ich schluckte den Rest meines
Gin-Tonics und signalisierte dem Ober.
    »Nein«, antwortete ich. »Das
haben Sie noch nicht gesagt. Hat er denn ein Motiv, oder ist es nur sein
neuestes Hobby?«
    Ihr Whisky war noch immer
unberührt, so bestellte ich nur für mich neu.
    Martha Hazelton beugte sich
beschwörend vor. »Ich meine es durchaus ernst, Mr. Boyd. Er hat sogar ein
ausgezeichnetes Motiv — Geld.«
    »Das schönste Wort, das ich
kenne. Doch fahren Sie fort.«
    »Als meine Mutter starb,
hinterließ sie uns nach Abzug der Steuern etwa zwei Millionen Dollar. Das Geld
wurde meinem Vater für zehn Jahre in treuhänderische Verwahrung gegeben und
soll dann unter uns drei Kindern aufgeteilt werden. In zwei Monaten sind die
zehn Jahre um.«
    »Und nun glauben Sie, Ihr alter
Herr will das Geld für sich behalten?«
    »Es würde mich vor allem
interessieren, wieviel davon noch übrig
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