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Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan

Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan

Titel: Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan
Autoren: Robert Ludlum
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    Maskat, Oman, Vorderasien
Dienstag, 10. August, 18 Uhr 30
     
    Die wilden Wasser im Golf von Oman waren nur die Vorläufer des Sturms, der durch die Straße von Hormus ins Arabische Meer raste. Begleitet von den durchdringend schrillen, näselnd intonierten Gebeten bärtiger Muezzins auf den Minaretten der Moscheen, ging über der Hafenstadt die Sonne unter.
    Gewitterwolken, die wie fliegende Ungetüme hoch über den Dächern dahinwirbelten, verdunkelten den Abendhimmel. Von Zeit zu Zeit schienen im zweihundert Seemeilen entfernten Pakistan grelle Blitze den östlichen Horizont über den Bergen von Mekran in Flammen zu setzen. Im Norden, jenseits der Grenze von Afghanistan, tobte noch immer der sinnlose, brutale Krieg. Westlich davon gab es einen noch sinnloseren Krieg, von Halbwüchsigen geführt, die von dem an Leib und Seele kranken Wahnsinnigen im Iran in den Tod getrieben wurden, und im Libanon töteten Männer bedenkenlos und nannte jede Partei alle anderen Terroristen, obwohl alle – ohne Ausnahme – barbarischen Terror ausübten.
    Der Nahe Osten, ganz Vorderasien, brannte, und hatte man früher die Feuer gelöscht, ließ man sie jetzt brennen. Während die Wasser des Golfs von Oman an diesem Abend wütend kochten und der Himmel mit Verheerung drohte, braute sich in Maskat, der Hauptstadt des Sultanats Oman, ein ähnlich vernichtender Sturm zusammen. Die Gebete waren zu Ende, und die Menschenmassen strömten wieder zusammen. Lodernde Fackeln in der Hand, drängten sie aus den Seitenstraßen und Gassen, eine Woge hysterischen Protests, ihr Ziel das von Flutlicht angestrahlte schmiedeeiserne Tor der US-Botschaft. Vor der rosafarbenen Stuckfassade dahinter patrouillierten verwahrloste Jugendliche, die linkisch Pistolen und Gewehre umklammerten. Todbringende Waffen – doch in ihrem wildäugigen Fanatismus konnten sie zwischen Waffe und der Endgültigkeit des Todes keinen Bezug herstellen, denn man predigte ihnen, es
gebe keinen Tod, gleichgültig, was ihre Augen zu sehen glaubten. Nur der Lohn für Märtyrertum zählte, er war alles, und je schmerzlicher das Opfer, um so herrlicher der Ruhm des Märtyrers – die Qualen ihrer Feinde bedeuteten nichts. Blindheit! Wahnsinn!
    Es war der zweiundzwanzigste Tag dieses Wahnsinns, einundzwanzig Tage waren vergangen, seit die zivilisierte Welt wieder einmal gezwungen gewesen war, die trostlose Tatsache unkontrollierter Wut hinzunehmen. Der fanatische Volkszorn war aus dem Nichts wie eine Springflut über Maskat hereingebrochen, hatte sich ausgebreitet, und niemand wußte, warum. Niemand außer jenen Männern und Frauen, die ihre Tage und Nächte damit verbrachten, die schwarze Kunst plötzlich ausbrechender, kurzlebiger Revolten zu analysieren, den Aufständen auf den Grund zu gehen und sie endlich zu durchschauen. Denn es handelte sich um inszenierte Revolten. Von wem inszeniert? Warum? Was wollen sie erreichen, und wie kann man sie verhüten oder unterdrücken?
    Fakten: Zweihundertsiebenundvierzig Amerikaner waren mit Waffengewalt als Geiseln genommen worden. Elf hatte man getötet und ihre Leichen aus den Fenstern der Botschaft geworfen, jede Leiche in einem Regen von Glassplittern und jede durch ein anderes Fenster. Jemand hatte den Halbwüchsigen beigebracht, wie jede Hinrichtung noch aufregender wurde, wenn sie mit einem Nervenkitzel verbunden war. Jenseits des schmiedeeisernen Tores wurden im Blutrausch kreischend Wetten abgeschlossen. Welches Fenster war jetzt an der Reihe? Würde es die Leiche eines Mannes oder einer Frau sein? Wieviel ist die Wette wert? Wieviel?
    Auf dem Dachgarten befand sich der luxuriöse Swimmingpool der Botschaft hinter zierlichen arabischem Gitterwerk, das nicht dazu bestimmt war, vor Kugeln zu schützen. Um den Pool herum knieten die Geiseln in mehreren Reihen, während umherwandernde Killerkommandos mit Maschinenpistolen auf ihre Köpfe zielten. Zweihundertsechsunddreißig verängstigte und erschöpfte Amerikaner warteten darauf, hingerichtet zu werden.
    Wahnsinn!
    Folgerungen: Lehnt die in bester Absicht gemachten israelischen Angebote ab. Hier war nicht Entebbe, und alle bisherigen
Erfahrungen zählten nicht. Das Blut, das Israel im Libanon vergossen hatte, machte in arabischen Augen jeden Rettungsversuch zu einer Greueltat: Die Vereinigten Staaten hatten Terroristen finanziert, damit sie Terroristen bekämpften. Das konnte man nicht hinnehmen. Was sollte eine Sondereinheit mit einem Überraschungsangriff? Wer konnte vier
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