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Dreizehn bei Tisch

Dreizehn bei Tisch

Titel: Dreizehn bei Tisch
Autoren: Agatha Christie
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mit ihr ins Esszimmer, wo sie ihn mit irgendeiner Geschichte überfällt. Vielleicht sinkt sie vor dem Sitzenden auf die Knie und schlingt ihre Arme um seinen Nacken. Und dann, schnell und sicher, sticht sie zu. Vielleicht reicht seine Kraft noch aus, einen erstickten Schrei herauszuwürgen, mehr aber bestimmt nicht. Auch er ist zum ewigen Schweigen gebracht…«
    Stumm saßen wir im Kreis.
    Der erste, der Worte fand, war Inspektor Japp.
    »Aber warum morden, nachdem Lord Edgware ihr seine Zustimmung zur Scheidung gegeben hatte?«
    »Weil der Herzog von Merton eine Säule der Anglokatholischen Kirche ist«, erläuterte Poirot. »Nie würde er eine geschiedene Frau geheiratet haben, deren Gatte noch lebt; er ist trotz seiner Jugend ein Mann von starren Grundsätzen. Als Witwe jedoch – oh, da würde es der schönen Jane gewiss gelingen, ihn zur Heirat zu bewegen. Fraglos hat sie es anfänglich mit der Scheidung probiert, bis sie einsah, dass all ihre bezaubernde Schönheit diese Grundsätze nicht ins Wanken zu bringen vermochte.«
    »Zugegeben, das hat Hand und Fuß. Warum aber wurden Sie dann noch zu Lord Edgware geschickt?«
    »Ah, parbleu! Um mir Sand in die Augen zu streuen, mon ami. Um in mir einen Zeugen für die Tatsache zu haben, dass kein Grund für ein Verbrechen vorlag! Ja, sie erdreistete sich, mich, Hercule Poirot, zu ihrem Werkzeug zu machen. Ma foi, es gelang ihr sogar! Oh, dies merkwürdige Hirn – kindlich und gerissen zugleich. Parbleu, sie kann schauspielern! Wie gut sie die Überraschung zur Schau zu tragen wusste, als man ihr von dem Brief erzählte, den ihr Gatte geschrieben und den sie angeblich nie erhalten hatte! Fühlte sie auch nur die leisesten Gewissensbisse wegen eines ihrer drei Opfer? Nein – das will ich beschwören.«
    »Ich habe Sie gewarnt!«, rief Martin Bryan. »Ich wusste, dass sie ihn töten würde, das heißt, ich fühlte es. Und ich fürchtete, dass sie straflos ausgehen würde. Sie ist ungeachtet ihrer sonstigen Naivität verteufelt raffiniert. Und ich wollte, dass sie kennen lernte, was leiden heißt. Ich wollte, dass sie für ihre Tat büßte, dass sie gehenkt würde.«
    Sein Gesicht hatte sich dunkelrot gefärbt, die Sätze kamen stoßweise aus seinem Mund.
    »Na, na«, sagte Jenny Driver, wie zu einem aufgeregten Kind.
    »Und die goldene Dose mit dem Buchstaben D und Paris, November im Deckel?«, fragte Japp.
    »Lady Edgware hat sie brieflich bestellt und dann ihre Ellis nach Paris gesandt, um sie abzuholen. Natürlich forderte Ellis lediglich das Paket, für das sie, ohne den Inhalt zu kennen, den geforderten Preis bezahlte. Von Ellis entlieh Lady Edgware auch den Kneifer, den die so genannte Mrs van Düsen trug; hinterher aber vergaß sie ihn, und er blieb in Carlotta Adams’ Handtäschchen – ein folgenschweres Versehen. Oh, das alles enthüllte sich mir, als ich dort inmitten des hektischen Verkehrs auf der Fahrbahn stand! Ellis! Ellis’ Kneifer! Ellis, die die Dose bei dem Pariser Juwelier abholt. Ellis – und daher Jane Wilkinson. Höchstwahrscheinlich lieh sie außer dem Kneifer auch noch etwas anderes von Ellis.«
    »Was?«
    »Ein Hühneraugenmesser…«
    Ich fröstelte.
    Wieder saßen wir stumm da, und wieder ergriff Inspektor Japp zuerst das Wort. Er stellte eine Frage, aber man merkte, wie er die Antwort in gläubigem Vertrauen erwartete.
    »Monsieur Poirot, ist das wahr?«
    »Es ist wahr, mon ami.«
    Dann sprach Martin Bryan, und was er sagte, war kennzeichnend für ihn.
    »Was habe ich denn damit zu tun?«, nörgelte er. »Warum haben Sie mich hierherbestellt? Und warum haben Sie mich beinahe zu Tode geängstigt?«
    Poirot musterte ihn kühl. »Um Sie zu strafen, Monsieur, weil Sie sich eine Unverschämtheit erlaubten. Wie können Sie sich erkühnen, Hercule Poirot an der Nase herumzuführen?«
    Jenny Driver lachte hell. »Geschieht dir ganz recht, Martin«, sagte sie kichernd. Die nächsten Worte galten meinem Freund: »Ich kann Ihnen nicht beschreiben, wie froh ich bin, dass Ronnie Marsh, den ich immer gern leiden mochte, unschuldig ist. Und froh – froh, froh, unendlich froh – bin ich auch, dass Carlottas Tod gerächt wird. Was aber diesen Übeltäter hier betrifft, Monsieur Poirot, so werde ich ihn heiraten. Und wenn er sich etwa einbildet, dass er sich nach bekanntem Hollywoodmuster im Hui scheiden lassen kann, um alle zwei Jahre eine neue Ehe einzugehen, so befindet er sich in dem größten Irrtum seines Lebens. Er wird mich heiraten und an
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