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Dreizehn bei Tisch

Dreizehn bei Tisch

Titel: Dreizehn bei Tisch
Autoren: Agatha Christie
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Jahren, Sir.«
    »Das dachte ich mir. Dann wissen Sie über ihre Angelegenheiten gut Bescheid.«
    Ellis schwieg und presste die Lippen fester aufeinander.
    »Missverstehen Sie mich nicht – ich meinte, Sie werden wissen, wo wir ihre Feinde zu suchen haben.«
    »Fast alle Frauen sind ihre Widersacherinnen, Sir. Hässliche Eifersucht!«
    »Ah! Also ihr eigenes Geschlecht liebt sie nicht?«
    »Nein, Sir. Sie sieht zu gut aus und erreicht stets, was sie will. Oh, Sie ahnen nicht, wie im Schauspielberuf Neid und Eifersucht blühen!«
    »Und wie steht’s mit den Männern?«
    Ellis gestattete sich ein säuerliches Lächeln. »Sie kann alle Herren um den Finger wickeln.«
    »Kennen Sie Martin Bryan, den Filmschauspieler?«
    »Gewiss, Sir.«
    »Irre ich mich, wenn ich sage, dass Mr Bryan vor einem Jahr sehr in Ihre Herrin verliebt war?«
    »Bis über beide Ohren verliebt, Sir.«
    »Er hoffte damals wohl auch, sie würde ihn heiraten, eh?«
    »Ja. Und wenn Lord Edgware nicht die Scheidung verweigert hätte, würde sie ihn wohl auch geheiratet haben.«
    »Dann aber erschien, wie ich vermute, der Herzog von Merton auf der Bildfläche.«
    »Ja, Sir. Er befand sich auf einer Rundreise durch die Vereinigten Staaten. Liebe auf den ersten Blick war es bei ihm.«
    »Und damit waren Martin Bryans Chancen gleich Null.«
    Ellis nickte. »Gewiss, Mr Bryan verdiente fabelhafte Summen«, erläuterte sie, »aber der Herzog von Merton nimmt doch noch eine andere Stellung in der Gesellschaft ein. Als Gemahlin des Herzogs von Merton wäre Lady Edgware eine der ersten Damen Englands.«
    Sie sagte es mit einer selbstgefälligen Freude, die mich amüsierte.
    »Also bekam Martin Bryan den Laufpass. Wie fand er sich denn damit ab, Miss Ellis?«
    »Schlimm war er. Machte entsetzliche Szenen, bedrohte sie mit dem Revolver. Aus Kummer fing er auch zu trinken an; kurz, es warf ihn völlig um.«
    »Aber jetzt hat er sich beruhigt.«
    »So scheint es. Doch mir gefällt der Blick in seinen Augen nicht, und ich habe die gnädige Frau auch schon gewarnt. Sie aber hat nur gelacht, denn sie gehört zu denen, die ihre Macht über andere genießen… Ich weiß nicht, ob Sie mich verstehen.«
    »Ja«, sagte Poirot versonnen. »Ich verstehe Sie sehr gut.«
    »Die letzte Zeit haben wir ihn kaum gesehen – ein gutes Zeichen, denke ich. Er scheint sich mit dem Korb abgefunden zu haben.«
    »Vielleicht.«
    Irgendetwas in Poirots Stimme mochte der Frau auffallen, denn sie sah ihn besorgt an.
    »Meinen Sie etwa, sie sei in Gefahr, Sir?«
    »Ja«, erwiderte mein Freund ernst. »Sie ist in großer Gefahr. Aber sie hat es sich selbst zuzuschreiben.«
    Seine Hand, die ziellos am Kaminsims entlangfuhr, stieß an eine mit Rosen gefüllte Vase. Sie kippte, und das Wasser ergoss sich über Ellis’ Gesicht und Kopf. Selten unterlief Poirot eine Ungeschicklichkeit, und ich konnte mir vorstellen, wie sehr ihn das ärgerte. Aufgeregt holte er sofort ein Handtuch, half der Frau besorgt, Gesicht und Nacken zu trocknen, und sparte nicht mit Entschuldigungen, denen er durch eine Banknote mehr Gewicht verlieh. Schließlich begleitete er sie zur Tür, ihr nochmals für ihr bereitwilliges Kommen dankend.
    »Aber es ist noch früh«, meinte er mit einem Blick auf die Uhr. »Sie werden noch vor Ihrer Herrin wieder im Hotel sein.«
    »Machen Sie sich deswegen keine Sorgen, Sir. Lady Edgware geht nach der Vorstellung noch irgendwohin zum Supper, und außerdem brauche ich, wenn sie es nicht vorher ausdrücklich sagt, nie bis zu ihrer Rückkehr aufzubleiben.«
    Plötzlich irrte Poirot völlig vom Thema ab.
    »Mademoiselle, Verzeihung, Sie hinken ja!«
    »Nichts von Belang, Sir. Meine Füße schmerzen ein bisschen.«
    »Die Hühneraugen?«, raunte der Kleine mit der vertraulichen Stimme eines Dulders, der zu einem Leidensgefährten spricht.
    Anscheinend waren es die Hühneraugen. Poirot sang eine Lobeshymne auf ein gewisses Mittel, das – wollte man seinen Worten trauen – Wunder wirkte.
    Schließlich aber schloss sich die Tür hinter Miss Ellis.
    »Nun, Poirot? Nun?«
    Er lächelte über meine Ungeduld. »Heute Abend keine Erklärungen mehr, mon ami. Morgen in aller Frühe werden wir Japp anrufen und ihn herbitten. Desgleichen werden wir Martin Bryan anrufen, der uns fraglos Interessantes erzählen kann. Außerdem habe ich ihm gegenüber eine Schuld abzutragen.«
    »Wirklich?« Ich sah Poirot, der merkwürdig vor sich hin schmunzelte, von der Seite an. »Jedenfalls können Sie ihm nicht
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