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Dreizehn bei Tisch

Dreizehn bei Tisch

Titel: Dreizehn bei Tisch
Autoren: Agatha Christie
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ich hoffe, Sie sind jetzt hinreichend dafür bestraft worden, dass Sie mir – mir, Hercule Poirot – mit einer Schwindelgeschichte zu kommen wagten, Monsieur.«
    Wir atmeten alle auf.
    »Sie sehen, ich enthülle Ihnen meine sämtlichen Irrtümer«, fuhr mein Freund verträumt fort. »Fünf Fragen hatte ich mir gestellt – Hastings weiß es. Eine betraf Lord Edgwares plötzliche Sinnesänderung wegen der Scheidung. Entweder beabsichtigte er, eine neue Ehe einzugehen – aber nichts deutete darauf hin –, oder irgendeine Art von Erpressung gab den Ausschlag. Lord Edgware war ein Mann mit sonderbaren Neigungen. Die Möglichkeit bestand, dass anrüchige Tatsachen über ihn durchgesickert waren, die nach englischem Recht seiner Frau zwar keine Handhabe zur Scheidung boten, jedoch von ihr als Druckmittel benutzt werden konnten. Dass sich an seinen Namen ein offener Skandal heftete, wünschte Lord Edgware aber nicht. Daher gab er nach; die Wut über diesen Zwang schlug sich in dem mörderischen Ausdruck seines Gesichts nieder, den Captain Hastings zufällig sah.
    Zwei Fragen aber machten mir unendlich zu schaffen. Sie drehten sich um den Kneifer in Miss Adams’ Tasche, der ihr nicht gehörte, und um den Telefonanruf, der Lady Edgware von der Tafel weggeholt hatte. Mit keiner von beiden vermochte ich Mr Bryan in Verbindung zu bringen.
    Infolgedessen sah ich mich zu der Folgerung genötigt, dass ich entweder in Bezug auf Mr Bryan oder in Bezug auf die beiden Fragen Unrecht hatte. In heller Verzweiflung las ich jenen Brief von Miss Adams abermals sorgfältig durch. Und ich fand etwas! Ja, ich fand etwas!
    Hier ist der Brief! Sie sehen, dass diese eine Seite abgerissen ist. Uneben, rau, wie es oft passiert. Oben an der linken Ecke fehlt sogar ein Stück – scheinbar infolge unachtsamen Abreißens. Aber es ist nicht Unachtsamkeit gewesen, sondern wohl überlegte Absicht. Denn dort oben, wo das Stückchen fehlt, stand ein Name oder vielleicht der erste Buchstabe eines Namens mit einem Punkt dahinter.
    Nach dieser Entdeckung plagte mich mehr denn je der Buchstabe D, der in der Golddose eingraviert war. Aber es gab keinen Mitspieler in diesem Drama, dessen Name mit D begann. Vielleicht aber war es eine Mitspielerin?
    Da war zum Beispiel Geraldine Marsh, die ihr Vetter in meiner Gegenwart einmal zufällig Dina genannt hatte. Zudem hasste sie ihren Vater, hatte es mir selbst gesagt. Sie war ein neurotischer, nervöser Mensch. Wie nun, wenn sie bei ihrer heimlichen Rückkehr den Vater erstochen und dann hinaufgegangen wäre, um die Perlen zu holen?
    Dann war da noch Miss Jenny Driver…«
    Mein Freund zögerte und schaute Jenny an. Sie schaute mit spitzbübischem Lächeln zurück.
    »Nun, und was ist mit mir?«
    »Nichts, Mademoiselle. Nur eben Ihr Name, der mit D beginnt, und Ihre Freundschaft mit Martin Bryan.«
    »Das ist nicht gerade viel«, meinte sie lakonisch und zündete sich eine Zigarette an. »Fahren Sie fort!«
    »Wen hatte Ronald Marsh ins Haus gehen sehen, wenn nicht Martin Bryan? Darüber musste ich mir klarwerden. Und plötzlich fiel mir etwas ein, nämlich die erstaunliche Ähnlichkeit zwischen Mr Bryan und dem schönen Butler aus Regent Gate. Ihn hatte Captain Marsh gesehen. Ich bin der Meinung, dass der Butler als erster seinen ermordeten Herrn entdeckte. Neben dem Toten lag ein Umschlag, der französische Banknoten im Wert von hundert Pfund enthielt. Er eignete sich die Noten an, schlüpfte aus dem Haus, brachte sie in Sicherheit und kehrte zurück, indem er sich mittels Lord Edgwares Schlüssel ungesehen Eingang ins Haus verschaffte. Die Entdeckung des Verbrechens überließ er dem Hausmädchen. Gefahr für sich befürchtete er nicht, da er überzeugt war, dass Lady Edgware die Tat verübt hatte.
    Und die Noten befanden sich bereits außer Haus und würden schon gewechselt sein, bevor man ihren Verlust entdeckte. Als jedoch Lady Edgware ein Alibi nachweisen konnte und Scotland Yard sein Vorleben zu erforschen begann, wurde ihm der Boden unter den Füßen zu heiß, und er verduftete.«
    Inspektor Japp nickte zustimmend.
    »Nun wende ich mich der Kneiferfrage zu. Gab es Personen, die in irgendwelchen, und sei es noch so lockeren Beziehungen zu dem einen oder anderen Beteiligten standen und einen Kneifer trugen? Ja, da war vor allem Miss Carroll, die Sekretärin des Ermordeten. Sie hielt sich an jenem Abend im Haus auf, sie hatte bereits – von dem Wunsch getrieben, Lady Edgware zu belasten – ungenaue
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