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0001 - Ich jagte den Diamanten-Hai

0001 - Ich jagte den Diamanten-Hai

Titel: 0001 - Ich jagte den Diamanten-Hai
Autoren: Delfried Kaufmann
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Das Wasser war klar wie ein Bergquell, aber an manchen Stellen so tief, daß die Schwärze unter mir lag wie ein grundloser Krater. Diese Stellen hatten etwas Unheimliches. Man wurde nie ganz das Gefühl los, daß jeden Augenblick aus der Schwärze ein langer, glitschiger Arm hochschießen und einen hinabziehen könnte.
    Nun, ich brauchte nicht unbedingt dort herumzuschwimmen. Unmittelbar an der Küste war die See flacher. Milliarden von Wogen hatten die Felsen zu feinem Sand zermahlen, auf dem ganze Wiesen seltsamer Lebewesen wuchsen, Mitteldinger zwischen Pflanzen und Tieren. Dazwischen schossen Fische aller Größen und in allen Farben des Regenbogens herum. Dunkle Spalten in den Felsen versprachen Überraschungen jeder Art.
    Mir ging es so gut wie vielleicht noch nie in meinem Leben. Ich hatte einen neuen Sport für mich entdeckt, und übte ihn mit Leidenschaft aus. Ich war von der Gangsterjagd zur Unterwasserjagd übergegangen, trug keinen Revolver mehr unter dem Jackett (ja, ich trug nicht einmal mehr ein Jackett), sondern eine Preßluftharpune und ein breites Fischmesser aus rostfreiem Stahl; aber das nur zur Angabe. Auf die Nase hatte ich mir eine Taucherbrille gestülpt. Im Mund steckte mir das Mundstück des Atemgeräts, und anstelle der Schuhe trug ich hübsche grüne Flossen. Mich interessierten nicht mehr die Haifische der New Yorker Unterwelt, sondern nur noch dicke Zackenbarsche und schlangenköpfige Muränen.
    Es war der prächtigste Urlaub meines Lebens, und Phil war durchaus meiner Meinung. Wir waren fast so braun wie das knappe Hundert Insulaner, das die Insel bewohnte.
    Wenn Sie glauben, ich triebe mich irgendwo vor Amerikas Küste herum, so sind Sie im Irrtum. Mit Amerika hatte die Gegend, in der wir uns befanden, nichts mehr zu tun. Ich schätze, der letzte Amerikaner ist so um 1945 hier gewesen, als es galt, die Japaner zur Vernunft zu bringen.
    Unser Glück verdankten wir einem Stuhlwärmer in der Zentrale des FBI in Washington. Der Mann war auf den Gedanken gekommen, daß wir G-men bei unserem aufregenden Beruf alle zwei Jahre einen achtwöchigen Urlaub haben müßten, wenn's bisher auch nicht in der Tarifordnung stand. Da dieser Mann zufällig noch ein hohes Tier in unserer Verwaltung war, konnte er seine menschenfreundliche Idee gleich in die Tat umsetzen. Jeder G-man erhielt alle zwei Jahre seine acht Wochen Urlaub, und jetzt waren Phil und ich an der Reihe.
    No, wir fuhren nicht nach Mexiko, um unser Geld in Spielhöllen durchzubringen, nahmen auch keine Karte für einen Trip ins alte Europa, um Häuser anzuschauen, die schon gebaut worden waren, als Amerika gewissermaßen noch ›in den Windeln‹ lag. Wir setzten uns auch nicht in den Havana-Expreß und gondelten nach Cuba, wo man so viele Amerikaner trifft, daß man sich in Boston glaubt. Nein, wir knobelten uns ein besonderes Ding aus!
    Wir hatten da unter unserer Kundschaft einen alten Seebären, der vor Jahren mal in Ostasien geschippert war. Der erzählte, wenn er betrunken war, mit tränenden Augen und whiskyschwangerem Tremolo in der Stimme von den Talaut-Inseln, diesem letzten Paradies auf Erden, in das er für sein Leben gern fahren würde, wenn er nur das Geld besäße und nicht fürchten müßte, daß es ihm dort an Sprit mangeln könnte.
    Wir glaubten nicht recht an ein Paradies, weil solche längst von Reisebüros entdeckt und dann keine mehr sind. Aber eines Abends, zwei Tage nachdem wie den Bescheid hatten, an der Reihe zu sein, hatte unser Schiffer eine Seekarte bei sich und legte seinen Finger auf einen Punkt zwischen Mindanao und Celebes.
    »Hier«, lallte er, »Talaut-Inseln, allerbestes Ostasien, das Paradies.« Dann begann er zu singen: »Dorthin möcht' ich mit dir, du Geliebte, ziehen«, oder so ähnlich.
    Was während der Nacht in meinem Gehirn vorgegangen war, kann ich nicht sagen; jedenfalls wachte ich am anderen Morgen mit dem festen Vorsatz auf, nach den Talaut-Inseln zu fahren.
    Phil fragte, ob ich verrückt sei; dann ging er mit zum Reisebüro, und weil dort niemand wußte, wo die Talaut-Inseln lagen, buchten wir eine Flugreise nach Manila.
    Drei Tage später hatten wir den Boden der Philippinen unter unseren Füßen. In Manila nahmen wir eine schrottreife Höllenkiste nach Suri auf Mindanao, und hier trafen wir Leute, die sogar wußten, wo die Talaut-Inseln lagen und wie hinzukommen sei. Nach der Hauptinsel, Labian, ging einmal wöchentlich ein Postschiff. Es fuhr am anderen Tag, und wir schafften es.
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