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Dreikönigsmord (German Edition)

Dreikönigsmord (German Edition)

Titel: Dreikönigsmord (German Edition)
Autoren: Bea Rauenthal
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zu dieser Entschuldigung sollte es nie kommen. Lutz Jäger hatte eine Kurve mit überhöhter Geschwindigkeit genommen. Auf der schneeglatten Straße brach der Wagen aus und schlingerte im Rhythmus der Beat-Drums wild hin und her.
    »Sind Sie verrückt geworden?«, schrie Jo auf. »Ich habe Ihnen doch gesagt, Sie sollen langsamer fahren.«
    »Oh, keine Sorge, alles ist in bester Ordnung.« Lutz Jägers Stimme klang aufreizend gleichmütig. Tatsächlich war es ihm gelungen, das Auto wieder unter Kontrolle zu bringen. »Vor ein paar Jahren habe ich einen Winter in Kanada verbracht. Da fährt man nur auf ungeräumten Straßen. Aber wenn Ihnen das lieber ist, können wir auf der Rückfahrt gerne tauschen und Sie fahren.«
    »Ja, allerdings, das werde ich tun«, schnappte Jo zurück. »Schließlich würde ich diese Tatort-Besichtigung gerne überleben. Und tun Sie mir einen Gefallen und stellen Sie diese grauenhafte Musik ab.«
    Wortlos griff Lutz Jäger zum Regler und drehte den CD-Player aus. Schweigend setzten sie ihre Fahrt fort. Dann und wann lichteten sich die kahlen Bäume, und Jo erhaschte durch den feinen Flockenwirbel einen Blick auf die Stadt mit ihrem mittelalterlichen Kern und dem mächtigen Bau des gotischen Doms. Neubaugebiete zogen sich die Hänge hinauf. Der Strom, der die weite Ebene durchschnitt, hatte die gleiche graue Farbe wie der Himmel.
    Jo atmete innerlich auf, als sie hinter einer weiteren Kurve die Abzweigung zum Kloster Waldungen erreichten und zwischen den Baumwipfeln der barocke Turm der Klosterkirche auftauchte. Seit sie vor vier Jahren nach Ebersheim gezogen war, hatte sie das ehemalige Benediktinerinnenkloster einige Male mit Gästen besucht, denn es galt als eine der schönsten Sehenswürdigkeiten der Gegend. Außerdem ließ es sich in dem Restaurant hervorragend speisen.
    Einmal hatte sie sogar zusammen mit Friedhelm hier gegessen. Ein Großteil der Klostergebäude sowie das Kircheninnere stammten – soweit Jo sich erinnerte – noch aus dem Mittelalter. Nur der Turm mit der Zwiebelhaube war im 17. oder 18. Jahrhundert erbaut worden.
    Lutz Jäger fuhr bis dicht an die hohe Mauer heran, die das Gelände umschloss. In den Sommermonaten standen die Parkplätze, vor allem an Sonntagen, immer voller Autos. Doch an diesem Wintermorgen waren nur der Lkw einer Baufirma sowie ein Lieferwagen hier abgestellt. Immer noch schweigend stiegen sie aus dem Passat.
    »Bitte …« Lutz Jäger reichte ihr den Wagenschlüssel mit einer leichten, ironischen Verbeugung. Jo ergriff ihn kommentarlos, ließ ihn in ihre Jackentasche gleiten und knallte die Tür zu.
    Ohne auf ihren Kollegen zu warten, ging sie in Richtung des großen Eingangstors. Die beiden grün gestrichenen Flügel standen offen. Hinter sich hörte sie die Absätze von Lutz Jägers Cowboystiefeln auf dem hartgefrorenen Kiesboden klappern. Welcher Mann, der noch einigermaßen bei Trost war, wählte derartige Stiefel? , fragte sie sich.
    Hinter dem Tor lag ein mit Schnee überzuckerter Garten. Hier wuchsen im Sommer Kräuter und Blumen. Da und dort ragten welke Stängel aus den Beeten auf. Im Schnittpunkt von zwei sich kreuzenden Wegen stand ein Sandsteinbrunnen, dessen Schale auf vier von Wind und Wetter längst abgeschliffenen, verwitterten Säulen ruhte. Obwohl sie fror, brach Jo plötzlich der Schweiß aus.
    Sie hatte den Brunnen gerade passiert, als der Garten um sie herum verschwamm. Haltsuchend griff sie nach der Brunnenschale. Ihre Umgebung war immer noch verschneit, wirkte aber irgendwie verändert. Sie blinzelte. Von einer hohen Hecke her näherten sich ihr zwei seltsam gekleidete Männer. Dann begriff sie. Die Männer trugen mittelalterliche Tracht – wie die Menschen in ihrem Albtraum.
    Eine Berührung an ihrer Schulter brachte Jo wieder zu sich. »Alles okay mit Ihnen?«, hörte sie Lutz Jäger besorgt fragen. Ein Gefühl wie ein leichter elektrischer Schlag durchlief sie. Im nächsten Moment konnte sie ihren Kollegen und den Garten wieder klar sehen.
    »Ja, natürlich«, erwiderte sie schroff. Was ist nur heute mit mir los?, dachte sie ärgerlich. Die einzige halbwegs plausible Erklärung ist , dass ich ein ausgewachsenes Fieber entwickele und allmählich zu halluzinieren beginne.
    Trotzdem erschrak Jo, als ihnen nun tatsächlich zwei Männer entgegenkamen. Dann erkannte sie, dass die beiden gelbe Schutzhelme und Bauarbeiterkleidung trugen. Sie straffte sich und ging mit energischen Schritten auf sie zu. »Hauptkommissarin Weber
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