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Dreikönigsmord (German Edition)

Dreikönigsmord (German Edition)

Titel: Dreikönigsmord (German Edition)
Autoren: Bea Rauenthal
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Musketier.
    Jo vergrub sich tiefer in ihrer gefütterten Lederjacke, zog die Kapuze über den Kopf und begann gereizt, an dem schmiedeeisernen Gartenzaun auf und ab zu laufen.
    »Nein, ich habe keine Ahnung, wo Lutz steckt«, erwiderte ihr der Kollege aus der Zentrale desinteressiert, als Jo ihn eine Viertelstunde später anrief. »Er wird schon noch bei dir auftauchen. Mach dir keinen Stress.«
    Jo murmelte einen Fluch. Sie war nahe dran, wutentbrannt Brunhild Birnbaums Nummer zu wählen, als ein Polizei-Passat mit quietschenden Reifen in die Straße einbog und abrupt vor ihr am Bordstein bremste. Als sie die Beifahrertür aufriss, schlugen ihr der Duft von Kaffee, frischem Gebäck und schwacher Zigarettenrauch entgegen – natürlich herrschte in den Polizeifahrzeugen Rauchverbot. Aus dem Radio schallte irgendein Brit-Rock-Song aus den Sechzigern mit hämmerndem, metallischem Beat.
    »Warum zum Teufel kommen Sie erst jetzt?«, fuhr sie den Kollegen an, während sie sich rasch den Schnee abklopfte und dann in den Wagen stieg. »Ich bin hier draußen mittlerweile fast erfroren.«
    »Oh, Sie hätten gern in Ihrer Wohnung auf mich warten können. Es hätte mir nichts ausgemacht zu klingeln.« Lutz Jäger grinste sie an und zeigte nicht das geringste Schuldbewusstsein.
    »Sie sind zu spät … Wir müssen einen Tatort und eine Leiche in Augenschein nehmen …«
    »Na ja, nachdem die Leiche skelettiert ist, ist die Sache wohl nicht mehr allzu eilig.« Lutz Jäger fuhr los, während er gleichzeitig auf den Rücksitz griff und nach einer Papiertüte hangelte. »Haben Sie Appetit auf eine Brioche? Das sind die besten, die in der Stadt zu kriegen sind.«
    »Kommen Sie deshalb zu spät, weil Sie erst noch beim Bäcker waren?« Jo konnte es nicht fassen.
    »Ja, ich hatte keine Zeit zu frühstücken. Probieren Sie mal eine, dann werden Sie verstehen, warum ich dafür einen Umweg gemacht habe.«
    »Danke, nein!«, fauchte Jo und ignorierte den Appetit, der sich nach ihrem kargen Frühstück mit den zwei gebutterten Toasts in ihr regte. »Und an Ihrer Stelle würde ich mir ins Gedächtnis rufen, dass wir nicht mit Blaulicht und Sirene unterwegs sind. Folglich würde ich mich an die zulässige Höchstgeschwindigkeit halten.«
    »Ich war höchstens zehn Stundenkilometer drüber.« Lutz Jäger zuckte mit den Schultern und bremste vor einer roten Ampel. Mit einem kratzenden Geräusch schoben die Scheibenwischer die Schneeflocken beiseite. Über der Straße hingen Girlanden aus Sternen, und auch die Läden waren adventlich geschmückt.
    Mit einem Nicken wies Lutz Jäger auf die Auslage eines Delikatessengeschäfts, wo sich in Folie verschweißte Schinken sowie teuer aufgemachte Dosen und Gläser, umrahmt von roten Kugeln und Tannengrün, türmten. »Ich freu mich schon auf Weihnachten. Wie jedes Jahr gibt’s bei uns ein großes Essen. Meine drei älteren Schwestern, deren Familien und ich feiern zusammen. Wir sind so um die zwanzig Leute. Und ich koche für uns alle.«
    Inzwischen folgten sie einer Straße, die einen Berg hinauf- und aus der Stadt hinausführte. Weihnachten … Jos Hals schmerzte, und ihr Kopf dröhnte. Leider hatte sie es verpasst, sich rechtzeitig für den Dienst am vierundzwanzigsten einzutragen.
    Wenn sie und Friedhelm sich bis dahin nicht versöhnt hatten – was durchaus zweifelhaft war –, würde sie dieses verwünschte Fest mit ihrer Mutter und Großmutter verbringen müssen, solange sie an dem Abend nicht allein bleiben wollte.
    Falls sie sich für die erste Alternative entschied, würden sie zu dritt in dem Esszimmer ihrer Großmutter auf Biedermeierstühlen aus Kirschbaumholz sitzen, angestarrt von Ahnen aus goldgerahmten Gemälden. Der Kronleuchter über dem runden Esstisch würde das Meissener Porzellan und die geschliffenen Kristallgläser bescheinen. Aber weder sein Licht noch die brennenden Kerzen in den versilberten Leuchtern würden die frostige Atmosphäre zwischen den drei Frauen erwärmen können. Und das von der Köchin servierte Mahl würde fade wie immer schmecken. Vielleicht sollte sie an dem Abend doch besser ins Büro gehen und liegengebliebene Arbeiten erledigen. Ihre Kollegen hielten sie ja ohnehin für karrierebesessen.
    »Und, was werden Sie so an Weihnachten machen?«, bohrte Lutz Jäger prompt in ihrer Wunde.
    »Das geht Sie überhaupt nichts an«, fuhr Jo ihn reflexhaft an. Im nächsten Moment bedauerte sie ihren Ausbruch. »Hören Sie …«, begann sie, sich zu entschuldigen.
    Doch
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