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Dreikönigsmord (German Edition)

Dreikönigsmord (German Edition)

Titel: Dreikönigsmord (German Edition)
Autoren: Bea Rauenthal
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riss die Augen auf. Ja, sie war tatsächlich in einem Albtraum gefangen. Sie lag in einem holzgetäfelten Zimmer. Eine Gruppe von Menschen stand um ihr Bett. Allen voran ein fast kahlköpfiger, hakennasiger Mönch, um dessen ausgezehrten Körper eine schwarze Kutte schlotterte. Rechts und links von ihm sah sie zwei jüngere Mönche. Offensichtlich seine Gehilfen. Denn der eine schwenkte ein Weihrauchfass, und der andere hielt ein dickes, in Leder gebundenes Buch in den Händen. Hinter den Mönchen hatten sich etwa zwei Dutzend in mittelalterliche Gewänder gekleidete Männer und Frauen aufgereiht. Diese starrten Jo mit dem Ausdruck größter Verblüffung an.
    »Herrin!« Eine rundliche Frau, die rote Apfelbäckchen und haselnussbraune Augen hatte, eilte an das Bett und ergriff Jos Hände. »Endlich seid Ihr wieder zu Euch gekommen.«
    »Ja, danken wir alle Gott, dem Herrn, für diese Gnade.« Der hagere Mönch breitete salbungsvoll die Arme aus. »Und Ihr«, er bedachte Jo mit einem stechenden Blick, »solltet jetzt Eure Sünden bekennen. Denn ganz sicher waren es Eure Hoffart und Euer Eigensinn, die Euch für mehr als zwei Monate an das Krankenlager gefesselt und Euren Geist verwirrt haben.«
    »Wie … bitte …«, stammelte Jo.
    »Hochwürdigster Priester, verzeiht«, wandte die rundliche Frau schüchtern ein, »aber ich glaube nicht, dass meine Herrin dazu schon in der Lage ist.«
    Der Mönch ignorierte sie und trat näher an Jo heran. »Los, sprecht mir nach!« Ungeduldig wedelte er mit der Hand herum. »Ich, eine Tochter Evas, ein Weib und deshalb den niederen Trieben und den Einflüsterungen des Bösen besonders zugänglich, bekenne, dass ich …«
    Die Menschen in dem Raum begannen, eine leise, lateinisch klingende Litanei anzustimmen. Dieser Traum wurde ja immer verrückter. Jo klammerte sich an der schweren, wollenen Bettdecke fest.
    »Nun macht schon, Weib! Worauf wartet Ihr noch? Oder hat Euch ein Dämon die Lippen versiegelt?« Der hagere Mönch beugte sich vor und hob die Hand, als wolle er sie auf den Mund schlagen.
    Auch wenn dies nur ein Traum war – das war zu viel! Jo setzte sich so abrupt auf, dass ihr einen Moment lang schwindelig wurde. »Raus hier! Auf der Stelle!«, brüllte sie dann mit krächzender Stimme.
    Der Mönch wich zurück, hatte sich dann jedoch sofort wieder gefasst. »Weib, was erlaubt Ihr Euch?«, donnerte er. »Auf den Knien werdet Ihr mir Abbitte für diese Unverschämtheit leisten!« Dem Gefäß seines Begleiters entwich eine große Weihrauchwolke.
    Der Rauch kratzte in Jos Kehle. Die Menschen im Hintergrund des Raums unterbrachen ihre leise Litanei, warfen sich entsetzte Blicke zu und begannen, miteinander zu tuscheln. Hustend raffte Jo die Decken um sich und stieg aus dem Bett.
    »Auf die Knie mit Euch!«, wiederholte der Mönch gebieterisch.
    Jo baute sich breitbeinig vor ihm auf, wie sie es bei einem besonders renitenten Straftäter getan hätte. Dann sah sie ihm fest in die Augen. »Sie verlassen diesen Raum«, sagte sie bestimmt, aber ohne ihre Stimme noch einmal zu erheben, »und zwar sofort. Und alle anderen, die sich in diesem Zimmer befinden, werden mit Ihnen gehen.«
    Der Blick des Mönchs flackerte unsicher. »Ihr … Ihr seid tatsächlich besessen«, japste er schließlich.
    Was redete er da …? »Das mag ja sein«, erwiderte Jo betont gleichmütig. »Aber jetzt werden Sie und alle anderen meinem Befehl unverzüglich Folge leisten.« Sie trat einen Schritt auf den Mönch und seine beiden Begleiter zu.
    Der mit dem Weihrauchfass zuckte ängstlich zusammen, was dem versilberten Gefäß erneut eine dichte Qualmwolke entsteigen ließ. »Pater Lutger, Ihr habt recht«, flüsterte er, »lasst uns für dieses Mal dem Dämon weichen und ein anderes Mal besser gerüstet hierherkommen.«
    »Meine Herrin ist nicht besessen«, mischte sich die rundliche Frau wieder ein. »Sie ist einfach noch krank und deshalb nicht ganz bei Sinnen.«
    »Wir werden fürs Erste dieses sündige Haus verlassen.« Der hakennasige Mönch bedachte Jo mit einem kalten Blick. »Aber seid versichert, Euer freches, gotteslästerliches Verhalten wird nicht folgenlos bleiben.«
    »Ach, wenn Sie wüssten, was mir schon alles angedroht wurde«, murmelte Jo, während sie gegen ein plötzliches, heftiges Schwindelgefühl ankämpfte. Erleichtert sah sie, dass sich Pater Lutger hoheitsvoll umdrehte und seine beiden Begleiter zu sich winkte. Die anderen Menschen wichen zurück, um den drei Männern den Weg zu
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