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Dreikönigsmord (German Edition)

Dreikönigsmord (German Edition)

Titel: Dreikönigsmord (German Edition)
Autoren: Bea Rauenthal
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Waldungen hinaus. In spätestens zwei Stunden bist du zurück, nimmst ein heißes Bad und legst dich danach wieder hin.«
    »Mein Auto ist seit Freitag in der Werkstatt«, versuchte Jo abzuwiegeln.
    »Das macht nichts. Lutz Jäger kann dich sicher auch abholen.«
    »Jäger?!« Jo setzte sich ruckartig auf. »Das meinst du jetzt wohl nicht im Ernst.«
    »Lutz Jäger ist ein sehr fähiger Kollege.« Brunhild Birnbaums Stimme klang beschwichtigend, hatte jedoch gleichzeitig jenen unnachgiebigen Unterton, den Jo nur zu gut kannte.
    »Auch wenn du es nicht wahrhaben willst, kannst du viel von ihm lernen.« Ihr Tonfall wechselte von Chefin zu mütterlich. »Jo, du musst wieder lockerer werden. Wieder mehr deinen Instinkten vertrauen.«
    Jo schloss die Augen. Scham, Ärger und Schuldbewusstsein stiegen in ihr auf. Vor vier Monaten war es ihr nicht gelungen, einen Serienvergewaltiger rechtzeitig zu überführen. Sie hasste es zu versagen. »Was kannst du mir zu dem Leichenfund sagen?«, murmelte sie und war sich nur zu bewusst, dass es Brunhild Birnbaum wieder einmal gelungen war, sie zu manipulieren.
    »Bauarbeiter haben vor einer Stunde eine skelettierte menschliche Leiche gefunden …«
    »Bauarbeiter … An einem Sonntagmorgen?«
    »Ja, auf dem Klostergelände hat es gestern am späten Abend einen Rohrbruch gegeben, der die Wasserversorgung im Restaurant und im Museum komplett zum Erliegen brachte. Deshalb mussten die Arbeiter anrücken. Beim Graben nach der defekten Stelle sind sie dann auf das Skelett gestoßen.« Im Hintergrund war Kindergeschrei zu hören. »Ich muss Schluss machen«, sagte Brunhild Birnbaum hastig. »Ich ruf dich später noch mal an. Vielleicht habt ihr dann ja schon was herausgefunden. Ich sage Lutz Jäger Bescheid, dass er um zehn bei dir ist. Und danke … Du hast einen Gefallen bei mir gut.« Damit beendete sie das Gespräch.
    Immer noch verärgert über sich selbst, starrte Jo das Handy einen Moment lang an, ehe sie es auf den Nachttisch warf und aus dem Bett kroch. Warum haben Sie solche Angst vor dem Versagen?, hatte der Polizeipsychologe gefragt, zu dem Brunhild Birnbaum sie geschickt hatte. Ach verdammt …
    Im Bad stieg sie auf die Waage. Sechzig Kilo bei einer Größe von 1,74 Meter – das war okay, aber sie wünschte sich, zwei Kilo weniger zu wiegen. Nach einer schnellen Dusche eilte sie in die Küche, schob ein Pad in die Kaffeemaschine und steckte zwei Brotscheiben in den Toaster. Während sie sich die Haare föhnte, blickte ihr aus dem Badezimmerspiegel ein schmales, von der Erkältung gerötetes Gesicht entgegen. Ihre blauen Augen waren verquollen.
    Jo schnitt sich eine Grimasse. Bei ihren Kollegen galt sie als »die spröde, attraktive Blondine«. Heute entsprach sie jedenfalls nicht diesem Bild. Wobei sie sich ohnehin in letzter Zeit oft unsicher fühlte. Sie band ihre glatten Haare zu einem strengen Pferdeschwanz zurück, zog Jeans und einen enganliegenden schwarzen Rollkragenpullover an und trug Make-up auf. Immerhin zeigte ihr ein weiterer Blick in den Spiegel, dass sie damit die schlimmsten Entstellungen überdeckt hatte.
    Inzwischen waren Kaffee und Toast fertig. Wie meistens frühstückte Jo im Stehen, wobei sie wieder einmal dachte, dass die Markeneinbauküche, die sie für mehrere Tausend Euro vom Vormieter hatte übernehmen müssen, für sie wirklich eine Verschwendung war. Schließlich kochte sie so gut wie nie. Aber wenigstens gefielen ihr die glänzenden Metalloberflächen.
    Um Punkt zehn Uhr zog Jo die Eingangstür des Gründerzeithauses hinter sich zu. Wieder lag ein leichter Geruch von brennendem Holz in der Luft. Schneeflocken wehten die von alten Villen gesäumte Straße entlang. Von Lutz Jäger war weit und breit nichts zu sehen. Es hätte mich auch sehr gewundert, wenn er pünktlich gewesen wäre , dachte Jo grimmig.
    Wie hatte ihn Brunhild Birnbaum einmal teils tadelnd, teils anerkennend genannt? Unseren Anarchisten? Pah … Selbst Anarchisten hatten Ziele. Und sei es, eine Revolution anzuzetteln. Jäger dagegen lebte einfach in den Tag hinein, war unzuverlässig und unberechenbar. Der Himmel mochte wissen, wie er es jemals zum Hauptkommissar gebracht hatte. Wahrscheinlich hatte er sämtliche Frauen aus den Prüfungskommissionen bezirzt. Wobei es ihr ein Rätsel war, was ihre Geschlechtsgenossinnen an einem Kerl fanden, der mit seinen schulterlangen schwarzen Haaren und dem Schnurr- und Spitzbart aussah wie ein in die Jahre gekommener, dicklicher
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