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Dreikönigsmord (German Edition)

Dreikönigsmord (German Edition)

Titel: Dreikönigsmord (German Edition)
Autoren: Bea Rauenthal
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hätte nur einen ›symbolträchtigen, komatösen Traum‹ gehabt, in dem ich meine ›kindlich regressive Seite‹ ausgelebt hätte.« Er schüttelte den Kopf. »Fußball war für den Kerl ›kindlich-regressiv‹. Wahrscheinlich wollte ihn als Kind niemand in der Mannschaft haben, was er verdrängt und nicht verarbeitet hat.«
    »Nein, alles war nur ein Traum.« Jos Stimme überschlug sich. »Leonard hat für mich ein tiefsitzendes Trauma verkörpert und …« Sie brach ab. Warum erzählte sie das diesem Mann, der ihr eigentlich völlig fremd war? Und warum hatte auch er ausgerechnet vom Mittelalter geträumt?
    Als hätte er ihre Gedanken erraten, beugte sich Lutz vor und blickte sie eindringlich an. »Ach ja? Und weshalb kam dann dieser Leonard in meinem Traum ebenfalls vor? Und was ist mit Äbtissin Agneta? Und Meister Mattis? Und Anselm? Von diesem Wichser Jörg Schreiber gar nicht zu reden, der mich fast umgebracht hätte, wenn du mich nicht im Altarraum der Gertrudiskirche zu Fall gebracht hättest? Durch einen geschleuderten Dolch in Ausübung seiner dienstlichen Pflichten getötet … Wäre immerhin mal eine originellere Todesart gewesen als eine simple Schussverletzung …«
    Ja, woher kannte Lutz all diese Personen und wusste zudem, wie die Josepha ihres Traumes ausgesehen hatte? Und warum konnte sie wieder das Entsetzen spüren, das sie durchströmt hatte, als Jörg Schreiber den Dolch auf ihren Kollegen geschleudert hatte? Jo atmete tief durch. »Mein Psychiater hat das so erklärt, dass mein Traum im Mittelalter angesiedelt war, da das Kloster der letzte prägende Eindruck war, bevor wir den Unfall hatten.« Ihr eben noch so energischer Tonfall wurde zögerlich. Selbst in ihren eigenen Ohren klangen diese Worte plötzlich nicht mehr sehr glaubhaft.
    Lutz lachte verächtlich. »Das ist ja eine sehr wissenschaftliche Erklärung …« Unvermittelt wurde er wieder ernst und sagte sanft: »Jo, du hast doch eben auch die Marienstatue gesehen …«
    »Ich muss irgendwann einmal ein Vorkriegsfoto der Statue zu Gesicht bekommen haben …«, begann Jo reflexhaft.
    »Aber ich garantiert nicht. Kunstgeschichte gehört nun mal nicht zu meinen Hobbys«, unterbrach Lutz sie ungeduldig. »He, Jo, ich habe dich mit Hilfe von Feuerwerkskörpern aus dem Gefängnis geholt. Wir haben zusammen gekifft und sind in einem nach meinen Plänen konstruierten Ballon vom Kloster Waldungen nach Ebersheim geflogen …«
    »Das Ballonsymbol hat Ihr Unterbewusstsein gewählt, da Sie sich langsam dem Wachzustand und damit auch der Gegenwart annäherten«, hatte ihr Clemens Meyerhoff erläutert. Ja, er hatte wirklich ständig gelächelt …
    Ein Wind frischte auf und brachte die Büsche zum Wispern. Plötzlich glaubte Jo, Äbtissin Agneta ganz deutlich sagen zu hören: »Folgt Eurem Herzen.« In ihrem Herzen hatte sie es immer gewusst …
    Ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus, während sie näher an Lutz heranrückte. »Die Ballonhülle sah aus, als hätte ein Irrer versucht, Patchwork zu nähen. Den Stadtsoldaten war völlig übel, und wir haben fast eine Bruchlandung hingelegt.«
    »Trotzdem musst du zugeben – es war ein super Flug.« Lutz grinste sie wieder an. Ich habe seine Fröhlichkeit vermisst … Ich habe ihn vermisst … , begriff Jo.
    Lutz rieb sich über das Kinn. Er wirkte plötzlich fast ein bisschen verlegen. »Ich würde gerne in deiner Abteilung bleiben und weiter mit dir zusammenarbeiten. Aber bevor ich mit Brunhild Birnbaum spreche, wollte ich wissen, ob dir das recht ist.«
    »Ja, es ist mir recht. Ich … Ich freue mich darüber«, sprudelte Jo hervor. Sie fühlte sich ganz leicht und beschwingt.
    »Oh, schön …« Täuschte sie sich, oder errötete Lutz tatsächlich ein bisschen? Erinnerte er sich noch daran, wie sie sich während der Ballonlandung geküsst hatten? Oder wollte er sich vielleicht gar nicht mehr daran erinnern? Oder hatte sie sich diesen Kuss ohnehin nur eingebildet?
    Sie sahen sich an. Lutz fuhr sich durch die Haare und räusperte sich. »Jo …«
    »Jo …«, ertönte wie ein Echo Friedhelm Seidels Stimme hinter der Buchsbaumhecke. Hastig rutschte Jo von Lutz weg. Gleich darauf betrat Friedhelm Seidel den Garten. Er blickte sich suchend um und eilte, nachdem er sie bemerkt hatte, auf sie zu. »Jo, ist etwas passiert? Ich habe dich überall gesucht«, sagte er vorwurfsvoll, während er Lutz mit einem konsternierten Blick bedachte.
    »Ich habe nur meinen Kollegen in der Kirche
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