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Dreikönigsmord (German Edition)

Dreikönigsmord (German Edition)

Titel: Dreikönigsmord (German Edition)
Autoren: Bea Rauenthal
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Erkältung war nur eine Ausrede. Und das weißt du auch ganz genau.«
    Jo registrierte, dass sie nun das langgezogene, fast ebene Straßenstück erreicht hatten, das nach etwa fünfhundert Metern einen kurzen, steilen Hang hinaufführen würde. Ein letzter Anstieg, ehe die Straße sich dann in Serpentinen zur Stadt und zur Flussebene hinunterwand. Eine tückische Strecke bei diesem Wetter, auf der sie keinesfalls ihre Beziehungsprobleme mit ihrem Freund diskutieren wollte. Vor allem nicht im Beisein von Lutz Jäger.
    »Friedhelm …«, bat sie. Dies musste die Lautsprechertaste sein. Fest drückte sie darauf.
    »Dir hat es nicht gepasst, dass ich unangemeldet bei dir vorbeigekommen bin.« Seine Stimme schallte noch lauter durch den Wagen. »Du musst immer alles unter Kontrolle haben …«
    »Ach, Unsinn …«, protestierte sie aufgebracht. Ein Lkw fuhr jetzt den steilen Abhang hinunter. Sein Fahrerhaus leuchtete rot durch die Schneeflocken. Einen Moment lang schielte Jo auf das Handy, während sie den richtigen Befehl eingab.
    »Ich kann so nicht mit dir leben.«
    Erleichtert bemerkte Jo, dass Friedhelms zornige und frustrierte Stimme endlich nur noch im Headset ertönte. »Aber …« Sie setzte zu einer Antwort an und stockte. Irgendetwas war merkwürdig mit dem Lkw.
    »Scheiße …« Fast gleichzeitig mit Lutz Jägers entsetztem Fluch begriff sie: Der Lkw schlitterte quer über die Straße. Das Führerhaus streifte die Bäume. Ein kreischend-schabendes Geräusch ertönte, als ob ein riesiges Stück Schmirgelpapier über Holz schliffe. Es bohrte sich in Jos Kopf. Füllte ihn ganz aus. Der mächtige Wagen schwankte, kippte. Sein Aufprall auf dem schneeglatten Asphalt vibrierte wie ein Stromstoß durch ihren Körper. Sie versuchte zu bremsen, das Lenkrad herumzureißen.
    »Halten Sie auf den Lkw zu!«, hörte sie Lutz Jäger brüllen. Verschwommen nahm sie wahr, dass er ins Steuer griff. Der Passat schlingerte wild. »Verdammt! Tun Sie, was ich Ihnen sage.«
    »Nein!« Sie lenkte dagegen. Die umgestürzte Ladefläche bewegte sich rasend schnell auf sie zu. Die blau-weiß gestreifte Plane flatterte hin und her wie die Flügel eines riesigen Vogels im Todeskampf. Gleich würden die Schwingen sie unter sich begraben.
    Wie in Zeitlupe nahm Jo wahr, dass sich der Passat an dem Lkw vorbeibewegte. Hatten sie es etwa tatsächlich geschafft? Etwas Großes, Dunkles ragte vor ihr auf. Noch einmal versuchte sie, das Steuer herumzureißen. Doch zu spät.
    Krachend prallte der Wagen gegen einen Baum. Eine gigantische Hand riss sie nach vorn, nur um sie gleich darauf in den Sitz zurückzuschleudern und dann durch die Luft zu wirbeln.
    »Jo, um Himmels willen! Was ist geschehen? Jo …« Friedhelms Rufe drangen aus großer Entfernung an ihr Ohr. Ein erneuter Aufprall. Dann breitete sich Schwärze um sie aus. Sie fiel und fiel und fiel …
    Gedämpftes Gemurmel drang in Jos Bewusstlosigkeit. Nur langsam kam sie zu sich. Ihr Kopf schmerzte, als wollte er jeden Moment zerspringen, und ihr Körper fühlte sich an, als sei er gerädert worden. Verschwommen erinnerte sie sich: Sie war mit einem Polizeifahrzeug verunglückt. Gewiss hatte man sie in ein Krankenhaus gebracht.
    Das Gemurmel wurde etwas lauter. Wahrscheinlich standen Ärzte und Pfleger um ihr Bett herum. Nein, sie hatte keine Lust, jetzt in deren professionell fröhliche Gesichter zu blicken und sich ihr aufmunterndes Gerede anzuhören.
    Vorsichtig, mit geschlossenen Augen, versuchte Jo, ihre Finger und Zehen zu bewegen. Erleichtert registrierte sie, dass alle ihr gehorchten. Gelähmt war sie also nicht. Sie wünschte sich, wieder einschlafen zu können. Doch plötzlich schnupperte sie irritiert. Es roch nicht nach Krankenhaus. Statt nach den Ausdünstungen von Desinfektionsmitteln und Arzneien roch es nach … ja: brennenden Kohlen, Kräutern und … Weihrauch …
    Hatte sie etwa ihr Geruchsempfinden bei dem Unfall eingebüßt? Jo öffnete die Lider einen Spalt weit. Keine weiß gestrichene Decke mit Neonröhren erstreckte sich über ihr, sondern ein brauner, grobgewebter Stoff. Eine Art Baldachin. Noch ehe sie sich darüber wundern konnte, hörte sie wieder das Gemurmel. Eine einzelne Stimme stach daraus hervor. Es war die eines Mannes. Sie war knarzend und unangenehm. Auch wenn Jo nicht recht verstehen konnte, was der Mann sagte.
    Hatte sie etwa wieder einen Albtraum? Nun glaubte sie, den Mann die Wörter »Weib« und »Sünde« sagen zu hören. Was in aller Welt …? Jo
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