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Dreikönigsmord (German Edition)

Dreikönigsmord (German Edition)

Titel: Dreikönigsmord (German Edition)
Autoren: Bea Rauenthal
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schlug sie die Augen auf. Katrein saß immer noch oder wieder auf dem Stuhl neben dem Bett. Sie stopfte ein Loch in einem Strumpf. Hinter der Magd fiel Sonnenlicht durch die Butzenscheiben eines kleinen Fensters und malte Kringel auf den Bretterboden. Schwerfällig stützte Jo sich auf ihren Ellbogen.
    Katrein blickte von ihrer Handarbeit auf und lächelte sie an. »Herrin, Ihr habt zwei Tage lang geschlafen. Wie fühlt Ihr Euch? Hoffentlich besser?«
    Tatsächlich hatten Jos Kopfschmerzen nachgelassen, und sie kam sich nicht mehr ganz so gerädert vor. Doch sie fühlte sich immer noch zu müde, um sich mit dieser Traumgestalt herumzustreiten. »Ein bisschen besser, ja«, sagte sie. Ihr Magen zog sich zusammen und ließ ein lautes Knurren hören.
    »Oh, Ihr habt Hunger. Das ist ein gutes Zeichen. Ich hole Euch rasch Eure Morgensuppe.« Behände sprang die Magd auf.
    Als sie allein war, blickte Jo sich stirnrunzelnd um. Der Raum, in dem sie sich befand, war recht groß, wenn auch niedrig, mit dunkel verfärbten Balken an der Decke. In einem Kamin brannten Holzscheite, und vor dem Fußende des breiten Bettes stand ein Metallbecken auf einer Art hüfthohem Dreifuß, in dem Kohlen glommen. Drei klobige Truhen sowie einige Stühle und Schemel bildeten die ganze Einrichtung. An Metallhaken, die in die Wandtäfelung eingelassen waren, hing eine Ansammlung von Kleidungsstücken.
    Nun, mein Gehirn reproduziert also perfekt das Ambiente eines mittelalterlichen Zimmers , dachte Jo. Ob dies für die Welt »draußen« auch so gelten würde? Oder befand sich dort eine Art leerer Raum, ähnlich dem Set hinter einer Filmkulisse?
    Vorsichtig stieg Jo aus dem Bett. Sie trug, das registrierte sie erst jetzt, einen sackartigen, aus grobem Leinen gewebten Kittel. Obwohl ein Windstoß eine dünne Rauchwolke aus dem Kamin ins Zimmer wehte, nahm sie wahr, dass ihr Körper müffelte. Auf dieses Detail hätte ihre Einbildungskraft nun aber wirklich verzichten können …
    Mit dem Gefühl, Watte in den Beinen zu haben, tappte Jo zum Fenster und stieß es auf. Sie blickte auf eine enge Gasse hinaus, die schmalgieblige Fachwerkhäuser säumten. Zwischen den verschneiten Dächern ragte ein mächtiger Bau auf. Das unvollendete Schiff war eingerüstet. Dennoch war unverkennbar, dass es sich bei diesem Gebäude um den Dom von Ebersheim handelte.
    »Herrin, um Himmels willen, geht von dem offenen Fenster weg. Sonst holt Ihr Euch noch den Tod!« Die Magd stellte das Tablett, das sie in den Händen hielt, hastig auf einer Truhe ab. Dann eilte sie zu Jo, schlug das Fenster zu und bugsierte sie, während sie leise und liebevoll auf sie einschimpfte, zu einem Lehnstuhl vor dem Kaminfeuer.
    Nachdem sie eine dicke Decke um sie gelegt und ihr Wollstrümpfe über die nackten Füße gezogen hatte – was Jo, die sich wie in Trance fühlte, ohne Gegenwehr geschehen ließ –, zog Katrein einen niedrigen Tisch heran und holte das Tablett. Darauf standen ein Holzbecher mit einer klaren, dampfenden Flüssigkeit – offenbar heißes Wasser – und eine Tonschüssel, die mit einem braunen Brei gefüllt war.
    Skeptisch tauchte Jo den Holzlöffel, den ihr Katrein reichte, in die zähe Masse und rührte darin herum.
    »Nun esst schon, Herrin!« Aufmunternd nickte die Magd ihr zu.
    Vorsichtig kostete Jo. Der Brei fühlte sich glibberig auf ihrer Zunge an. Er schmeckte auf eine widerliche Weise nach gar nichts und erinnerte sie an die Suppen, die ihr bei einem »Fünf-Elemente-Wellness-Wochenende« – dies war eine eklatante Fehlinvestition gewesen – serviert worden waren.
    »Ich kann das nicht essen.« Sie stieß den Löffel in die Pampe.
    »Aber Herrin, was habt Ihr denn gegen die Speise einzuwenden?«, fragte Katrein sie konsterniert. »Ihr mögt sie doch sonst. Kommt, versucht es noch einmal. Wahrscheinlich muss sich Euer Gaumen nach der schweren Krankheit erst wieder an Nahrung gewöhnen.« Sie zog den Löffel aus dem Brei und machte Anstalten, ihn Jo in die Hand zu drücken.
    Traum oder nicht … Sie hatte es satt, sich wie ein Kleinkind behandeln zu lassen. »Ich kann und werde dieses Zeug nicht essen«, erklärte Jo bestimmt und stellte die Schüssel mit einem Knall auf den Tisch. »Bringen Sie mir also bitte etwas anderes.«
    »Gewiss, Herrin.« Katrein nickte besänftigend. »Was hättet Ihr denn gerne?«
    »Kaffee …«
    Die Magd starrte sie nur verständnislos an.
    Jo seufzte. Dieser Traum war anscheinend real bis ins letzte Detail … »Irgendeinen
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