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Dracyr – Das Herz der Schatten

Dracyr – Das Herz der Schatten

Titel: Dracyr – Das Herz der Schatten
Autoren: Susanne Gerdom , Susanne
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seiner Seite haben wollte, aber es ängstigte sie auch ein wenig. Sie atmete tief durch und straffte die Schultern. Das war etwas, in das sie hineinzuwachsen gedachte, und zwar so schnell wie möglich. Aber jetzt musste sie sich erst einmal ihrem Bruder stellen und diese Begegnung stand auf einem ganz anderen Blatt.
    Die Tür öffnete sich und Kay hockte sich eilig auf den Stuhl, den sie hinter einen der Mauervorsprünge zwischen der Tür und den Fenstern gestellt hatte. Sie schlang ihr wollenes Tuch eng um die Schultern und verschränkte die Hände ihm Schoß, um das Beben ihrer Finger zu verbergen. Dann hob sie das Kinn und wartete.
    Bradan und ein vierschrötiger Mann mit eckigem Kinn traten als Erste ein, gefolgt von zwei jüngeren Burschen, die großspurig auftraten, sich betont abschätzig umsahen und offensichtlich so eine Art Leibwache bildeten. Hinter ihnen kamen Leon und Branwen, was Kay mit Erleichterung erfüllte. Zwei freundliche Gesichter in all der eisigen Reserviertheit…
    Damian stand am Kopf der Tafel, er hatte das Licht, das durch die Fenster fiel, im Rücken und seine Haare leuchteten wie eine Aureole. Kay grinste breit. Niemand nahm dem jungen Fuchs seinen Vorteil, und sei es nur, dass sein Gesicht jetzt im Schatten lag und er alle anderen hervorragend sehen konnte. Außerdem saßen nun alle so, dass Kay sie gut im Blick hatte, selbst aber nicht ohne Weiteres entdeckt werden würde.
    Bradans Miene verzog sich missbilligend, aber er begrüßte Damian mit einem höflichen Kopfnicken und wies die beiden jüngeren Begleiter an, hinter ihm an der Wand Platz zu nehmen. Dann setzte er sich, der ältere Mann zog sich einen Stuhl zu seiner Rechten heran und Leon und Branwen ließen sich links von ihm nieder. Einen Moment lang glaubte Kay, dass Branwen sie entdeckt hatte, aber dann wandte ihre Freundin den Kopf gleichgültig ab und sah Damian mit reservierter Miene an und Kay entspannte sich wieder.
    Die Blicke, die Damian trafen, waren kühl und nicht sonderlich freundlich. Es war nur zu deutlich zu erkennen, dass dies hier ein Zweckbündnis war, es herrschte keine Freundschaft, allenfalls Respekt. Kay drückte die Hände ineinander und schluckte. Es würde schwerer werden, als sie gehofft hatte, das wurde ihr jetzt klar.
    Die ersten Minuten vergingen damit, dass über einige Überfälle auf Geschäfte und Plünderungen von Lagerhallen gesprochen wurde, die in der vergangenen Woche im Hafenviertel vorgekommen waren. Bradan wies den Vorwurf von sich, dass die Vorfälle auf das Konto seiner Gefolgsleute gingen, und versprach, die Täter zur Strecke zu bringen. Seine Stimme, seine Haltung drückten unnachgiebige Härte aus. Kay schauderte. Sie wollte nicht in der Haut derjenigen stecken, die in Bradans Hände fielen.
    Das Gespräch wandte sich einigen langweiligen organisatorischen Punkten zu. Die Verwaltung der städtischen Märkte und der Wasserversorgung wurden besprochen, und dann die Frage, wer die Leitung der von Lord Harrynkar abgeschafften und inzwischen wieder in den Dienst gestellten Stadtwache übernehmen sollte. Kay stützte ihr Kinn in die Hand und betrachtete Damian. Es erfüllte sie mit Stolz und Liebe, wie souverän und sachlich er über solche Dinge entschied. Es war, als hätte er niemals etwas anderes getan. Sie lächelte. Er war ernst und fokussiert, seine Augen dunkel vor Konzentration, aber seinem Gesicht fehlte die unmenschlich anmutende Ausdruckslosigkeit, die es noch vor wenigen Wochen wie eine Maske getragen hatte. Wenn er nun zornig war, blitzten seine Augen und sein Kinn erschien noch kantiger, wenn er lächelte, wurde sein Mund weich und seine Wangen rundeten sich, wenn er nachdachte, schob er die Hand in sein Haar, dass es sich sträubte, und runzelte die Stirn, wenn er müde war, dann verdunkelten sich seine Augen und die Schatten darunter vertieften sich– und wenn er sie ansah, dann war da dieses Schimmern von Dracyrgold in seinem Blick, das ihr die Knie weich werden ließ.
    Damian war ein junger Mann, der sich bemühte, eine Aufgabe nach Kräften zu erfüllen, so gut es ihm eben gelingen mochte. Das musste doch auch Bradan bemerken, bei aller Abneigung, den er gegen den vermeintlichen Sohn Lord Harrynkars hegte!
    Der Routineteil der Besprechung neigte sich seinem Ende zu. Damian hatte ein paar Worte mit Branwen gewechselt, aber Kay hatte nicht hören
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