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Dracyr – Das Herz der Schatten

Dracyr – Das Herz der Schatten

Titel: Dracyr – Das Herz der Schatten
Autoren: Susanne Gerdom , Susanne
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Sie war wütend auf ihn, obwohl sie auch ihn verstand. Sie warf der beunruhigten Noctyria einen besänftigenden Gedanken zu und machte sich auf, Damian zu folgen.

    Eine Ahnung führte sie an die Turmtreppe. Sie stieg die Stufen hinauf und klopfte an die schwere Eichentür, dann drückte sie die Klinke und trat ein.
    Lord Harrynkars Gemach hatte sich verändert, seit sein vormaliger Bewohner in einem der Keller moderte. Kay erinnerte sich an Gerätschaften und Kristallkugeln, Flaschen und Tiegel, ein alchemistisches Laboratorium, Stapel schwerer, ledergebundener Bücher.
    Jetzt war das runde Turmzimmer leer bis auf den großen Eichentisch, auf dem sich Papiere türmten. Auf einem niedrigen Tisch neben dem Westfenster lagen Kugeln aus Kristall und Edelstein, Retorten und leere Gefäße, achtlos zusammengetragen und aufeinandergeworfen.
    Kay achtete nur nebenbei auf die Einrichtung. Ihre Aufmerksamkeit galt Damian, der am westlichen Fenster stand und hinausblickte. Er presste eine seiner Hände gegen das dicke, blasendurchzogene Glas, seine andere hielt ein Glas so schräg, dass der rote Wein herausschwappte und eine Lache zu seinen Füßen bildete.
    Â» Damian « , sagte Kay. » Ich bin hier. «
    Er regte sich nicht. Kay ging zu ihm und legte ihre Hände auf seine Schultern. » Du hättest Sam nicht schlagen dürfen « , sagte sie leise. » Aber ich verstehe dich. Du bist aufgewühlt und verwirrt, seine Erzählung hat dich traurig gemacht und verletzt… «
    Er hob die Hand und wischte ihre Hände von seiner Schulter. Dann trank er das Glas in einem Zug leer und warf es auf den Tisch mit Gerümpel. Eine Glaskugel rollte hinunter und zerbrach in tausend feine Splitter. » Du verstehst gar nichts « , sagte er schroff.
    Kay biss sich auf die Lippe, wich aber keinen Schritt zurück. » Damian « , versuchte sie es erneut, » bei aller Verwirrung– du solltest doch glücklich sein. Du bist nicht Lord Harrynkars Sohn… «
    Er fuhr herum und sie verstummte. In seinen Augen flammte Dracyrglut. Sie konnte seinen Zorn spüren wie weiß glühendes Metall. » Ich sollte glücklich sein? « , fauchte er. » Ja, das wäre doch die Lösung, alle wären glücklich und zufrieden. Ich bin nicht Lord Harrynkars Sohn? Ich bin ein Albrastor, der rechtmäßige Erbe des Throns? Ich habe nicht meinen Vater gemordet, sondern das Land von einem schrecklichen Usurpator befreit? Die Rebellen werden jubeln, meine Untertanen werden mich hochleben lassen, die Soldaten werden mir ihren Treueschwur leisten und du… du liebst nicht mehr den Sohn des Teufels, sondern einen Prinzen von königlichem Geblüt! O ja, das wäre doch die beste Lösung für all unsere Probleme! « Er kam ihr so nahe, dass sie den Wein in seinem Atem riechen konnte, als er sie anbrüllte. » Wer hat die Geschichte ausgeheckt? Du? Sam? Dein Bruder? Ihr alle zusammen? « Er keuchte.
    Kays erster Impuls war, ihn zu ohrfeigen, wie er Sam geschlagen hatte. Ihm ins Gesicht zu spucken und dann zu gehen, ihm für immer den Rücken zu kehren. Sollte er doch verrotten, mitsamt seinem jämmerlichen Selbstmitleid! Sie richtete sich auf und starrte ihn wütend an. Dracyrglut gegen Dracyrglut. Flämmchen zuckten zwischen ihnen wie Elmsfeuer.
    Â» Wie kannst du es wagen « , zischte sie. » Du erbärmlicher… « Ihre Stimme versagte. Das Bild des Jungen, der an der trostlosen Mauer kauerte, schob sich vor Damians hasserfülltes, zornsprühendes Gesicht. Kay wurde von einer Woge des Mitgefühls aus dem Gleichgewicht gebracht. Was hatte er erlebt? Was hatte er durchmachen müssen, jahrelang, unter der Peitsche des Dracyrmeisters? Sie hatte die Narben gesehen. Sie hatte miterlebt, wie Lord Harrynkar ihn blutig schlug. » Damian « , sagte sie hilflos. » Liebster… « Sie hob die Hände und schloss sie um sein Gesicht. Griff in sein Inneres, zeigte ihm ihre eigene Erinnerung an seine Mutter und seine Schwester, reichte ihm wie ein Geschenk die Bilder, die sie aus Sams Erinnerungen gepflückt hatte: Prinz Cinfarron, der zwischen seinen Eltern stand, seine kleine Schwester, die im Arm ihrer Mutter schlief, Cinfarron, der tapfer neben dem riesigen Dracyrlord ausharrte und auf sein Schicksal wartete… Tränen liefen über ihre Wangen, während sie diese Bilder mit ihm teilte.
    Damians Lider flatterten. Er
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