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Dracyr – Das Herz der Schatten

Dracyr – Das Herz der Schatten

Titel: Dracyr – Das Herz der Schatten
Autoren: Susanne Gerdom , Susanne
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Müheloses Schweben im warmen Aufwind über den kahlen Hängen des Mont Darryn. Der Himmel eine umgedrehte Schale aus tiefem Blau, unergründlich und endlos. Das Zerren des Windes an den empfindlichen Flügelhäuten, das Knattern der Flügel, die sich gegen die Strömung stemmen. Fallen und Steigen, ein lautloser Tanz. Das Licht der sterbenden Sonne bricht sich in tausend Schattierungen auf den Schuppen und schimmert irisierend in den dünnen Häuten zwischen den Greifklauen. Zartes Perlrosa, kalt strahlendes Smaragdgrün, loderndes Purpur, das Violett der fallenden Nacht, schimmerndes Saphirblau, glühendes Sonnenuntergangsgold und -orange, schmerzhaft tiefes Nachtblau, augenverwirrende Farbspiele, die die Konturen verwischen.
    Tief unten eine Bewegung, Reiter, die sich über den gewundenen Pfad den Hang entlang quälen. Das Gleiten wird zum Sinken, ein pfeilschneller Sturzflug, die Flügel eng an den Leib gepresst. In der Kehle brennt das Feuer, will heraus, will versengen, töten, zerstören.
    Die Reiter blicken auf, schreien, greifen nach Armbrüsten und Bögen. Eins der Pferde scheut, wirft seinen Reiter ab. Bolzen und Pfeile zischen durch die Luft, zu kurz oder zu kraftlos am Ende ihres Fluges, um die schwere Panzerung zu durchbohren.
    Das Feuer drängt mächtig gegen die Nüstern. Der Überdruck wird so gewaltig, dass er droht, die Innereien zu zerreißen. Endlich schießt eine Feuersäule aus dem Rachen, deren Flammenzungen in einem Umkreis von zwanzig Fuß alles in Brand setzen, die trockene, dürre Vegetation, die Kleider der Männer, das ungeschützte Haar, das Zaumzeug, die Mähnen der Pferde.
    Das schrille Wiehern und die Schreie verstummen, als der Feuerball die Gruppe einhüllt und in Sekundenschnelle verzehrt. Fleisch tropft von Knochen, Augenbälle platzen in der Hitze, Sättel schrumpfen zu harten Lederbällen, von denen Metallteile halb geschmolzen auf den geschwärzten Boden fallen. Der Geruch des brennenden Fleisches ist durchdringend, widerlich und appetitanregend zugleich.
    Aufwind fährt unter die wieder ausgebreiteten, kräftig schlagenden Flügel und reißt den schweren Dracerleib hinauf in die endlose Bläue. Juwelenfunkeln am Himmel, vergleißend in der Ferne.
    Zurück bleibt ein rauchendes, geschwärztes Feld, Klumpen von verbrannter Materie und schwarz geglühte Knochen, von denen Hitze aufsteigt wie von einem eisernen Ofen.
    Er erwacht mit einem Keuchen, schnappt nach Luft wie ein Ertrinkender. Der Geschmack von Feuer und Glut auf seiner Zunge, Asche auf seinen Lippen. Vielfarbige Funken stieben vor seinen Augen, seine Haut scheint in Flammen zu stehen.
    Der fliegende Atem beruhigt sich, sein Herz schlägt nicht mehr wie eine wilde Trommel, die zum Angriff ruft. Er entspannt seine verkrampften Glieder, streckt sie auf dem kühlen Leinen aus und blickt hinauf zur dunklen Balkendecke. Ein Windhauch zieht durch das offene Fenster, streicht über seinen schweißbedeckten Leib, zärtlich wie die Hand einer Frau.
    Die Traumbilder zerfasern, verwehen, lassen nichts zurück als ein namenloses Gefühl des Unbehagens und der Angst.

Kapitel 1
    Kay verbarg sich im Schatten eines schulterbreiten Durchgangs zwischen zwei Hausmauern. Die Luft, die über den Dächern der Residenz lastete, war rußgeschwängert und kratzte ihr in der Kehle. Vor drei Tagen war sie in Albrastor angekommen und hasste die Stadt jetzt schon von ganzem Herzen.
    Collin, der Kesselflicker, der ihnen die Nachricht von der Hinrichtung ihres Bruders überbracht hatte, hatte ihr den Namen eines Mannes genannt, der sie in die Burg bringen würde, ein ehemaliger Dienstbote ihres Vaters. Der Komplex war schwer bewacht, nicht wie das Stadttor, durch das jedermann ein- und ausging, wie es ihm gefiel. In der Burg residierte der Dracyrmeister, Lord Harrynkar. Es gab im ganzen Land niemanden, der mehr Hass auf sich zog als er, und keinen, der sich mehr vor Attentätern zu fürchten hatte. Seine Schattenreiter beschützten ihn, sie sorgten dafür, dass die Bevölkerung den Nacken beugte und die Faust nur in der Tasche ballte. Aber man munkelte, dass regelmäßig Mordanschläge auf ihn versucht wurden, und die rund um das Haupttor auf die Burgmauern gespießten Köpfe sprachen eine deutliche Sprache. Nur die Köpfe. Die Körper dienten stets den Dracyr zum Fraß.
    Kay stieg es sauer in den Mund und
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