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Drachentau

Drachentau

Titel: Drachentau
Autoren: Paula Roose
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der Dorfbewohner. Bernhard löste sich aus der Menge und wollte sich auf den Heimweg machen, als sein Blick auf eine grazile Bärin fiel, die von schöner Gestalt war, mit tiefschwarzem Fell und im Gesicht seiner Mutter sehr ähnlich. Sie bemerkte seinen Blick und schaute ihn an.
    Da erkannte er sie. »Letizia!«
    »Bernhard!«
    Sie fielen sich in die Arme, hielten sich stumm aneinander fest und weinten. Schließlich löste Letizia sich aus der Umarmung. Sie sah Bernhard von oben bis unten an, als wollte sie sichergehen, dass er es wirklich war.
    »Bernhard, kleiner Bruder, gut siehst du aus. Ein stattlicher Bärenmann ist aus dir geworden, und wie ich gehört habe, auch ein tüchtiger Förster. Jetzt kommt noch Drachentöter hinzu.«
    Bernhard biss sich auf die Lippen. »Drachentöter, ja? Ich habe dort nicht viel getan und ich glaube, die Freude wäre größer, wäre der Drache nicht unser Vater gewesen.«
    Letizia griff seine Hand und nahm sie zwischen die ihren. »Ich weiß, Bernhard. Wir sind Drachenbären, das ist unser Schicksal und wird immer ein Teil unseres Lebens bleiben. Ich liebe dich, kleiner Bruder, und ich war froh, als ich hörte, dass du entkommen bist.«
    Sie nahmen sich wieder in die Arme.
    »Ich liebe dich auch, große Schwester. Du hast mir gefehlt.«
    Letizia hakte sich bei Bernhard ein und gemeinsam gingen sie nach Hause zu Rosa.
    Als Bodo und Mischa spät am Abend in die Villa kamen, fanden sie Rosa, Emilia, Letizia und Bernhard vor dem Kamin in eine lange Unterhaltung vertieft. Viele Fragen und viele Antworten gab es auszutauschen. Bernhard staunte, wie gut es Rosa ging. Sie stellte gemeinsam mit Bodo Möbel aus Korb her und damit hatten sie es zu Wohlstand gebracht. Ihre Wunden waren vernarbt und wurden durch ihre Kleidung gut verdeckt. Nur nachts wachte sie noch oft schweißgebadet auf, von Albträumen geplagt. Aber Bodos Liebe hatte sich wie ein schützender Mantel um sie gelegt und sie gestützt. Im Dorf war sie eine angesehene Bärin. Ihre Kleider wurden Mode und von vielen Bärinnen getragen.
    Letizia hatte den Unterricht der Bärenkinder als erste feste Lehrkraft übernommen. Sie war außerordentlich klug und es musste nicht jedes Jahr neu nach einem Lehrer gesucht werden. Die Kinder kamen jetzt zwei Jahre früher in die Schule, denn Letizia hatte den Lehrplan erweitert und auch einen zweiten Klassenraum anbauen lassen. Die Jungbärin Amelie unterstützte sie beim Unterrichten und wurde sozusagen von Letizia zur Lehrerin ausgebildet. Nur heiraten wollte Letizia noch nicht. In ihrer Freizeit blieb sie lieber allein oder bei Rosa und Emilia.
    Emilia lebte weiterhin allein in ihrer Hütte, ging aber oft zu Rosa und Bodo. Mischa hatte Emilia, als er von Jakobs und ihrer Liebe hörte, kurzerhand mit Jakob verheiratet und behauptet, die beiden wären vor dem Drachenangriff bei ihm gewesen und hätten ihn um die Eheschließung gebeten. So galt Emilia offiziell als Jakobs Witwe und das dankte sie ihm sehr. Jede Woche ging sie zu seinem Grab und pflanzte frische Blumen. Die Hütte betrat sie nicht.
    Als Mischa mit Bodo ins Wohnzimmer kam, errötete sie und schaute schnell aus dem Fenster. Ihr Herz klopfte, wenn sie ihn sah und es freute sie, dass er vorsichtig um sie zu werben begann.
    Bodo und Mischa setzten sich dazu. Rosa versorgte sie mit Tee und Mischa wandte das Wort an Bernhard.
    »Wie ich gehört habe, bist du ein ausgezeichneter Förster.«
    Bernhard zuckte die Schultern. »Kann schon sein.«
    »Nicht so bescheiden junger Mann.«
    »Na ja, mein Wald ist ganz gut in Schuss.«
    Mischa beugte sich zu Bernhard vor. »Wir haben auch einen Wald, der in Schuss gebracht werden muss. Noch nie hat ein Förster gewagt, ihn zu bewirtschaften. Jetzt weiß ich auch warum. Nur ein Drachenbär kann Drachenschäden beseitigen. Alle anderen sollten besser die Finger davon lassen.«
    Bernhard lehnte sich zurück. »Ja, kann sein, vielleicht hast du recht.«
    »Du hast auf meine Frage vorhin nicht geantwortet.«
    »Was meinst du?«
    »Ob du hier bleibst?«
    Bernhard schaute Mischa an und presste die Lippen aufeinander.
    Rosa legte ihre Hand auf sein Bein. »Natürlich musst du bleiben, Bernhard. Du gehörst hierher.«
    Bernhard schüttelte den Kopf. »Ich habe noch nie hierher gehört.«
    Mischa stand auf und verbeugte sich vor Bernhard. »Das muss anders werden. Ich bitte dich als Dorfvorsteher: Vergib uns und werde unser Förster. Wir brauchen dich, damit der Schatten des Drachen uns endgültig
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