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Drachentau

Drachentau

Titel: Drachentau
Autoren: Paula Roose
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Schwarz, das die Bären in ihren Hütten hielt. Aber über den Wolken schien der Vollmond in aller Pracht, und als Mitternacht vorbei war, hatte der Himmel doch noch Erbarmen und gab das Mondlicht frei.
    Rosa suchte ihren Lieblingsplatz auf, eine Bank, von einer Rosenhecke geschützt, im hinteren Teil ihres Gartens. Bodo wusste, dass sie bei Vollmond dort hinging, und folgte ihr leise. Sie saß auf ihrer Bank, die Arme um die Knie geschlungen, und lauschte. Ihr Gesicht wirkte konzentriert und trotzdem entspannt und glücklich. Nach einer Weile war es Bodo, als beginne ihr Gesicht zu leuchten und dann sang sie, eine fremde Melodie, die aus einer anderen Zeit oder gar einer anderen Welt zu kommen schien. Sie drang in Bodos Ohr und floss von dort in seinen Körper, bis er ganz ausgefüllt war. Und wenn er bis in seine Fingerspitzen und Zehen die Melodie fühlte, dann begann sie in ihm zu schwingen und brachte ein Maß an Zufriedenheit und Glück, wie er es nie zuvor geahnt hätte. Für diesen einen Moment tat er es, dass er Rosa nachschlich und belauschte, ohne je eine Schuld zu empfinden. Rosa sang und Bodo fühlte mit.
    Doch heute war etwas anders. Nicht nur Rosas Gesicht leuchtete. Ihr ganzer Körper strahlte, als wäre sie ein Stern. Bodo schlich zu ihr und setzte sich auf die Bank. Gespannt lauschte er, wünschte, er könnte auch diese Melodie singen, die aus der Ewigkeit kam und ihn lockte mit dem brennenden Wunsch, sie für immer zu hören.
    Rosa öffnete die Augen und sah Bodo lächelnd an. »Hast du dich endlich getraut, dich zu mir zu setzen?«
    »Du weißt, dass ich dich beobachte? Hast du mich gesehen?«
    »Nein, ich habe dich gehört. Das heißt, ich habe dein Herz gehört.«
    Bodo bekam große Augen. »Du kannst mein Herz hören? Ich dachte, das können nur Drachen?«
    »Und Drachenbräute. Sie hören das Herz, das sie liebt.«
    »Hast du Tumaros Herz gehört?«
    Rosa sah auf ihre Hände. »Nein, nie.«
    »Was ist das für eine Melodie, die du singst? Sie ist wunderschön. Woher kennst du sie? Warum singst du sie nur in Vollmondnächten auf dieser Bank?«
    »Weil ich sie nur dann hören kann. Es ist das Sternenlied. Ich habe dir davon erzählt. Erinnerst du dich?«
    Bodo nickte. »Ja, ich erinnere mich.«
    Rosa schaute in den Himmel. »Ich habe es gehört, wenn ich auf Tumaros Rücken durch die Nacht geflogen bin. Sie haben mich getröstet und mir das Gefühl gegeben, nicht allein zu sein.«
    Bodo fasste ihre Hand. »Das muss das Schlimmste gewesen sein, die Einsamkeit.«
    »Ja«, antwortete Rosa leise, »ich war entsetzlich einsam. Und wenn ich dann das Sternenlied gehört habe, dann war ich ein Teil von ihnen. Dann gehörte ich zum Sternenzelt.«
    »Ich würde es auch gerne hören.«
    Rosa lächelte. »Es hat einen hohen Preis. Man braucht einen Drachen, auf dem man fliegen kann.«
    Bodo lächelte zurück. »Oder eine Rosa, die es aus der Sternenwelt in unsere Welt bringt.«
    »Ja«, antwortete Rosa und lehnte ihren Kopf an Bodos Schulter, »so hat es doch noch einen Sinn, dass ich eine Drachenbraut war.«

Verlag:
BookRix GmbH & Co. KG
St. Martinstraße 53-55
81675 München
Deutschland

Texte: Paula Roose [email protected]
Bildmaterialien: Isabell Schmitt-Egner

Alle Rechte vorbehalten.

Tag der Veröffentlichung: 13.01.2014

http://www.bookrix.de/-ez3d7b41ffe0825

ISBN: 978-3-7309-7485-8

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