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Drachenblut

Drachenblut

Titel: Drachenblut
Autoren: David Lee Parks
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aufgekauft oder stammten aus sonstigen undurchsichtigen Quellen, auf jeden Fall: ein Schäferhund war zu haben. Vielleicht hätte es Elvis misstrauisch machen sollen, dass der Hausmeister Geld für das Tier kategorisch ablehnte, mit Ausnahme eines kleinen Trinkgeldes vielleicht, schließlich hatte man ja seine Mühe mit dem Hund gehabt. Aber Elvis war froh, schnell Ersatz gefunden zu haben und nicht noch durch zusätzliche Ausgaben belastet zu werden, die ihn nur unnötig in Schwierigkeiten bringen würden.
        Elvis wartete also mitten in der Nacht ungeduldig auf dem Parkplatz der Universität. Es war schon reichlich spät, und der Zeiger seiner Armbanduhr rückte unerbittlich auf drei Uhr zu, als der Hausmeister einen zappelnden Sack heranschleppte, aus dem ein leises Winseln zu vernehmen war. Noch bevor Elvis den Inhalt näher begutachten konnte, war der Mann wieder in der Dunkelheit verschwunden. So kam Elvis in den Besitz eines dürren Vierbeiners, der augenscheinlich an diversen Psychosen litt und nach allem schnappte, was in die Reichweite seiner erstaunlich gut erhaltenen Zähne geriet. Dass der Hund nur entfernt die Ähnlichkeit mit einem Schäferhund aufwies, vermochte Elvis im Augenblick nicht zu stören. Viel wichtiger war ihm die Frage, wie er das Tier dazu bringen konnte, die Kiefer aus seiner linken Wade zu lösen. Keine leichte Aufgabe, musste er nach einiger Zeit einsehen, und er tröstete sich mit der Feststellung, dass der Hund ganz offensichtlich als Wachhund gut zu gebrauchen war.
     
    Es war ein feierlicher Augenblick, als Elvis unter allgemeinem Beifall auf das Podium humpelte (ein kleiner Angelunfall, wie er beiläufig zu erwähnen wusste) und Hank den Stammbaum des Hundes überreichte. Die Urkunde wies das struppige Tier als Nachkommen eines uralten deutschen Geschlechts aus, mochte dem auch sein Äußeres zum Spott gereichen. Fred und Haddock hatten sich ihrer alten Jagdhörner erinnert und intonierten nun den Jägergruß, den sie extra für diese Gelegenheit einstudiert hatten. Zum Glück wurden sie rechtzeitig abgewinkt, bevor sie noch weiteren Schaden anrichten konnten. Als nächstes führte Elvis das Tier herein, das er mit Hilfe einer langen Stange von sich fernhielt. Der Hund bekam standesgemäß den Namen Rex verpasst, und dementsprechend führte er sich auch auf. Als Hank das Tier offiziell in Empfang nehmen wollte und von der Leine löste, überzeugte es gleich durch seine blitzschnelle Reaktion.
        »Teufel, Teufel«, murmelte Hank, der es einfach nicht glauben wollte, dass ein braves Tier wie dieses zu solch ungebührlichem Verhalten fähig war. Hank hatte seine Hand nach Rex ausgestreckt, um ihn zur Begrüßung hinter dem Ohr zu kraulen. Rex zog es aber vor, in die Hand zu beißen, und so standen sich Hank und der Hund einige Zeit regungslos gegenüber, während Hank die Kinnlade verblüfft nach unten klappte. Die Umstehenden ergötzten sich an der Szenerie, jeder insgeheim froh darüber, die Verantwortung für den Hund schon rechtzeitig abgeschoben zu haben.
        »Was steht ihr denn alle herum? Bewegt euch endlich, ihr feigen Säcke!« Hank hatte wieder zu sich gefunden. Mit der rechten Hand hielt er die Urkunde in die Höhe und fuchtelte damit aufgeregt in der Luft herum. »Schnell, nehmt den Köter wieder an die Leine!«
        Die Hundeleine blieb aber unauffindbar, auch wenn jeder gesehen hatte, dass Elvis sie heimlich unter den nächsten Tisch geworfen hatte.
        Während Hank auf einem Bein auf und nieder hüpfte, versuchte er mit dem anderem Fuß ungeschickt nach Rex zu treten, der seinerseits nicht von seiner Beute lassen wollte. Das konnte nicht gut gehen. Mitten im Kampfgetümmel brach das Podium polternd zusammen und begrub Hund und Herrchen unter sich. Der heitere Gesichtsausdruck der Zuschauer wich aufgesetzter Betroffenheit. Jeder versuchte zur Hilfe zu eilen, aber stets darauf bedacht, nicht selbst in die Reichweite der blanken Fangzähne zu geraten, die noch immer an Hanks Hand Gefallen fanden.
        Es gab ein heilloses Durcheinander, in dessen Verlauf es noch mehrere Ausfälle in den Reihen der Bürgerwehr zu beklagen gab. Schließlich kam jemand auf die Idee, dem Tier eine Decke überzuwerfen. Das war das Stichwort für Stanley. Er packte den Zipfel der nächsten Tischdecke und zog kräftig daran. Das hatte er schon einmal im Varieté gesehen. Der Verlust des Tischgedecks wurde durch die Dringlichkeit der Situation allemal aufgewogen.
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