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Drachenblut

Drachenblut

Titel: Drachenblut
Autoren: David Lee Parks
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herum wurde durch ein eigenartiges Rascheln unterbrochen, das er im Moment noch nicht einordnen konnte. Diese Wahrnehmungen waren aber an sich ein Zeichen dafür, dass der graue Schleier, der ihn so lange eingehüllt und benebelt hatte, von seinen Sinnen gerissen wurde und sich die Realität wieder seinem Bewusstsein aufdrängte.
        Mit der Zeit gewöhnten sich seine Augen an das grelle Licht der Deckenbeleuchtung. Dr. Erzbergh erkannte, dass sein ganzer Körper mit zahlreichen Verbänden und Bandagen umwickelt war. Von seinen Armen führten diverse Schläuche und Kabel zu den nahe gelegenen medizinischen Überwachungsapparaten, die mit einem gleichmäßigen Summen ihre Arbeit verrichteten. Blaue, grüne und rötliche Flüssigkeiten, die er nach eingehendem Studium als Nährflüssigkeiten identifizieren konnte, flossen durch die durchsichtigen Schläuche in seinen Körper hinein, wo sie sogleich von seinem Kreislauf aufgenommen wurden. Dr. Erzbergh folgerte aus seinen Beobachtungen, dass er allem Anschein nach in einem Krankenzimmer lag (die Bezeichnung Intensivstation wollte er zunächst einmal lieber nicht gelten lassen). Das hier war auf keinen Fall das unterirdische Labor, in dem er sich eben noch befunden hatte. Was war geschehen?
        Während Dr. Erzbergh angestrengt seine Erinnerung wiederzugewinnen versuchte, bemerkte er in seinen Augenwinkeln eine Bewegung. Eine Krankenschwester kroch neben seinem Bett kichernd auf allen Vieren auf dem Boden umher und wusste scheinbar nicht so recht wohin.
        »Hallo Schwester!« Mit schwacher Stimme meldete sich Dr. Erzbergh zu Wort.
        Schwester Franklin zuckte für einen Moment zusammen, behielt aber die Nerven. »Hier müssen doch irgendwo …« Mit ihrer flachen Hand tastete sie den Fußboden ab und gab vor, ihre Kontaktlinsen zu suchen. Schlimm genug, dass sie in dieser peinlichen Situation von ihrem Chef überrascht worden war, jetzt musste sie das Spiel auch bis zum bitteren Ende durchziehen.
        »Wo sind denn nur …« Schwester Franklin war froh, dass sie einst der örtlichen Theatergruppe angehört hatte. Diese Erfahrung kam ihr jetzt zugute. Sie musste unter allen Umständen den Eindruck vermeiden, bei etwas Verbotenem ertappt worden zu sein. Wie war ihr Chef überhaupt ins Zimmer gekommen, ohne dass sie ihn gehört hatte? Schwester Franklin tat daher zunächst einmal so, als hätte sie sein Eintreten auch jetzt noch nicht bemerkt.
        »Hallo!« Dr. Erzbergh unternahm einen erneuten Versuch, um die Aufmerksamkeit der Krankenschwester auf sich zu ziehen.
        Daraufhin änderte Schwester Franklin ihren Kurs und steuerte in die Richtung, aus der sie die schwache Stimme vernommen hatte. Nun gut, wenn es sein musste, dann würde sie sich eben zur Rede stellen lassen. Hier im Krankenhaus war sie ohnehin nur als Vertretung angestellt. Sie wusste genau, dass es sich ihr Chef aufgrund der angespannten Personalsituation nicht erlauben konnte, sie vom Dienst zu suspendieren. Außerdem hätte sie seiner Frau einige wahre oder, noch besser, auch unwahre Geschichten über die gemeinsamen Nachtdienste zu erzählen.
        Als Schwester Franklin beim Krankenbett angekommen war, gelang es ihr, sich am Pfosten des Bettes emporzuziehen. Sie rückte ihre weiße Haube zurecht und sah sich nach ihrem Chef um. Aber das Krankenzimmer war leer, und nur der Patient starrte sie mit hohlen Augen aus dem Krankenbett an.
        »Ach, Sie sind es. Wie geht es uns denn heute?« Gleich darauf fiel ihr auch schon ein, dass dies eine törichte Frage war. Dr. Erzbergh hatte seit Wochen kein Lebenszeichen mehr von sich gegeben, wie sollte er also wissen, wie es ihm heute ging. »Halt, sagen Sie nichts! Lassen Sie mich raten.«
        »Wo bin ich? Was ist geschehen?« In seiner Erregung überanstrengte sich Dr. Erzbergh. Das Atmen fiel ihm schwer, und er musste erst einmal kräftig husten, um sich wieder Luft zu verschaffen.
        Zum Glück war Schwester Franklin eine ausgebildete Krankenschwester und jeder Situation gewachsen. »Hier, trinken Sie einen Schluck Wasser, das wird Ihnen gut tun.«
        Dr. Erzbergh wollte kein Wasser zu sich nehmen. Vielmehr war er an den Ursachen interessiert, die seine gegenwärtige Lage bedingten und seinen Aufenthalt in diesem Krankenhaus erforderlich machten. »Nun sagen Sie schon, was geht hier vor?«
        »Sie hatten einen schweren Unfall.«
        Dr. Erzbergh zog seine versengten Augenbrauen fragend zusammen.
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